Antiheld - Thriller (German Edition)
Kerl.
»Andrew? Andrew, sind Sie das?«
Andrews Züge erstarrten.
Jeder, nur nicht er. Bitte, lass dies nicht geschehen!
Nun nahm der Schatten allmählich Konturen an. Als sich An drews Augen mit der Zeit an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah er unentwegt in das fassungslose Gesicht Vincent Kellers.
Der einzige Mensch, dem er einen Funken Vertrauen schenkte. Zu dem er so etwas wie ein freundschaftliches Verhältnis pflegte. Und ausgerechnet er musste ihn nun als Mörder entlarven.
Kellers ungläubiger Blick blieb bestehen, selbst als Andrew nickte.
»Ja.« Seine Stimme klang heiser und fremd. »Ich bin es.«
Keller blinzelte noch nicht einmal. Sein Blick verharrte, so dass es schon bald idiotisch wirkte.
»Was soll die Verkleidung? Warum«, begann er, wobei er nach hinten blickte, wo noch immer die Frau saß, die erstarrt auf ihren Freund blickte. »Warum haben Sie ihn umgebracht? Was geht hier vor?«
»Ich kann das erklären«, sagte Andrew rasch, bis er merkte, dass er rein gar nichts erklären konnte, da es keine plausible Erklärung gab, für das, was er getan hatte. Keine Erklärung wie auch keine Entschuldigung. Als diese Erkenntnis auch Andrew ereilte, be gann er noch mehr, als ohnehin schon zu zittern. »Sie wollte bes sere Noten. Noten, die ich ihr niemals geben konnte. Sie schlief mit mir und als ich ihr sagte, dass ich dies nicht zustande bringen könnte, begann sie mich zu erpressen. Also überlegte ich mir, ihr wahrhaftig bessere Noten zu geben, aber dann nannte sie meinen Namen und ... und ...«
Weinend verlief sein Blick ins Leere. Erst jetzt wurde ihm das gesamte Ausmaß seiner Taten bewusst. Carmen Morelli war tot. Sie saß leblos in seinem Wandschrank.
Andrew blinzelte die Tränen hinfort, schluckte einige male und versuchte wieder zu klarem Verstand zu kommen, doch wurde ihm erst einmal klar, dass er gerade ein Geständnis abgelegt hatte. Keller war nicht dumm. Er müsse einfach nur eins und eins zu sammenzählen. Er würde sicher drauf kommen und dann würde er zur Polizei gehen, um Andrew zu verraten.
Dies durfte er auf keinen Fall zulassen.
So gern er Keller auch mochte, Andrew wollte unter keinen Umständen im Knast landen, wo er als Liebesspielzeug der Insas sen enden würde. Er nutzte Kellers anhaltende Verwunderung, um eine seiner Hände erneut hinter den Gürtel zu platzieren. Ein Messer blieb noch übrig. Ein einziges, um den unliebsamen Zeu gen zu beseitigen.
»Tut mir leid, Vincent«, wisperte Andrew, ehe er das Messer über seinen Kopf hob und die Klinge auf Keller zusteuerte.
Doch was als nächstes geschah, damit hätte Andrew nicht ge rechnet.
Vincent Keller ergriff Andrews Handgelenk und umfasste dieses so stark, dass Andrew schon bald die Kontrolle über seine Finger verlor. Das Messer kam klirrend zu Boden auf, während er in das lächelnde Gesicht Kellers sah.
»Du glaubst doch nicht, dass es so einfach ist, oder?«
Er lächelt. Weshalb lächelt er? Er sollte doch eigentlich Angst verspüren!
»Ich muss sagen, ich bin überrascht«, meinte Keller weiter. »Wer hätte gedacht, dass in dir, solch ein übles Wesen steckt.« Das Lächeln wurde breiter, wobei Andrew nun auch eine hässliche Seite Kellers erblickte.
»Um ehrlich zu sein, finde ich es recht nett, dass du mir schon einmal die Vorarbeit weggenommen hast. Jetzt kann ich mich in Ruhe austoben.« Er blickte über seine Schulter, zu der Frau hin über. »Ich wette, es wird ihr mindestens genauso gut gefallen, wie mir.«
Andrew kam bloß bruchstückhaft die Lösung des Rätsels. Vincent Keller war überhaupt gar nicht dieser nette Kerl, für den er ihn die ganze Zeit gehalten hatte. Ganz im Gegenteil. Er war ein Monster, der auch schon mal selbst über Leichen ging.
Genau wie Andrew.
»Du wirst verstehen, dass ich diese Unterhaltung an dieser Stelle nun beenden muss!?«
Ehe Andrew zu einer Erklärung oder überhaupt zu einer Frage gelangte, spürte er bereits, wie das Messer seinen Bauch durch bohrte. Sich die Klinge durch seine Eingeweide fraß und sein Le benssaft langsam entströmte.
Keller ließ das Messer stecken, während er seine blutver schmierten Hände an dem Anzug Andrews abwischte.
»Hat mich gefreut, deine Bekanntschaft gemacht zu haben, An drew.« Selbst nach dieser Tat, schaffte er es, pure Freundlichkeit auszustrahlen. »Ich werde nun zu Ende bringen, was dir verwehrt gewesen blieb.«
Er machte kehrt, ohne sich auch nur ein einziges mal umzu wenden. Sein Mantel, das Cape , flatterte
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