Antiheld - Thriller (German Edition)
Wasserpfütze ragte, in der bis eben noch ihre Wenigkeit gestanden hatte.
»Sie kann sich zu Wasser deformieren«, erklärte Jeff, das nun Offensichtliche. »Das heißt, wir sind ihr bei solch einem Wetter so gut wie schutzlos ausgeliefert.«
»Klasse.« Zumindest war ihr, trotz der angespannten Situation, der Sarkasmus geblieben. »Und was sollen wir jetzt machen?«
Jeff richtete seine ihm noch verbliebenen Sinne auf seine Um gebung. Das Miststück konnte jeden Moment wieder zum Angriff ansetzen. »Wir müssen sie aus dem Weg räumen. Schnellstens.«
»Und die ganzen Menschen? Wenn uns jemand dabei sieht.«
»Scheiß drauf!« Jeff stand auf. Die Fäuste hielt er dabei in Kampfstellung. »Die sind so oder so dran, wenn wir nichts unter nehmen.«
Das leuchtete auch Roxy ein. Trotzdem blieb ihr Zweifel. »Ein verstanden.« Seufzend erhob auch sie sich. »Schicken wir die Schlampe dahin zurück, wo sie her gekrochen ist.«
»Teilen wir uns auf. Das wird es ihr schwerer gestalten uns zu attackieren.«
Roxy nickte, bevor sie über den Platz hechtete. An einer geeig neten Stelle machte sie halt. Ihre dürren ausgestellten Beine wirk ten in der Ferne sonderbar, so wie sie in den schweren Schnürstie feln saßen. Sie streckte einen Arm vom Körper weg. Die flache Handfläche richtete sie auf das Schaufenster eines mittlerweile ge schlossenen Herrenausstatters. Ihre Augen, schmale Schlitze, hielt sie dabei konzentriert auf das Fenster gerichtet. Allmählich ver nahm sie die Spannung, die von diesem ausging. Es fühlte sich elektrisierend an.
Das Glas erzitterte, begann zu vibrieren. Sie rümpfte die Nase vor Anstrengung, gab der erhobenen Hand Halt, indem die andere deren Gelenk umschloss. Roxys Blick wurde trüber. Ihr Atem schneller. Das Glas vibrierte noch stärker.
Ihr Schrei ertönte zeitgleich mit dem Zersplittern des Glases. Doch anstatt, dass die Scherben zu Boden fielen, schwebten sie in der Luft. Sie waren die Tänzer und Roxy der Choreograf, der sie führte.
Tanzt durch den Regen.
Roxy befeuchtete ihre staubtrockenen Lippen auf der Suche nach Jeff, der ihr ein Zeichen in Form eines Winks gab. Bei ihm war sie also nicht. Dann musste es das Miststück wohl auf sie abgesehen haben.
Sie ließ den Blick über den Platz schweifen. Der Regensturm gestaltete dies nicht gerade einfach. Das Toben des Windes hallte in ihren Ohren wider.
Aber sie roch das Ding bereits zehn Meter gegen den Wind.
Brüllend machte Roxy kehrt. Mit ihr die Scherben, ihre treuen Tänzer, die nun ihr Ziel, die Wassergestalt, anvisierten.
Tanzt durch den Regen. Tanzt den Tanz des Todes!
Mit einer wegwerfenden Bewegung, lotste sie die Scherben in Richtung des Frauenkörpers. Dieser wurde durch die Geschosse durchlöchert, manche Gliedmaße sogar zerteilt. Die Arme fehlten der Gestalt bereits. Auch ein Teil ihres Kopfes musste sie einbü ßen. Dies hielt sie jedoch nicht davon ab, weiter auf Roxy heran zu schreiten, zumal die abgetrennten Glieder sogleich wieder auf tauchten. Erst in Form von Wasser, ehe sie eine festere Form an nahmen und sodann wieder Bestandteile des Körpers bildeten.
An dieser Stelle ereilte Roxy ein Déjà-vu. Der Kampf gegen Keller damals lief ungefähr genauso ab. Auch er war imstande ab getrennte Gliedmaße zu regenerieren. Auch er konnte seinen Körper deformieren. Ihn eins werden lassen, mit einer anderen Substanz.
Und auch wie damals verspürte Roxy Furcht. Von außen hin mochte man es ihr nicht ansehen, doch stand sie kurz davor, wei nend dem Heimweg anzutreten. Wenn es sein musste, dann auch in die Arme ihrer Mutter, die von ihrer Tochter ohnehin nichts mehr wissen wollte.
»Hau doch endlich ab!«
Jeffs aufgeregte Stimme brachte sie wieder in die Wirklichkeit zurück. Dort wo ihr der Wasserdämon sein entstelltes Gebiss prä sentierte. Er war ihr so nahe, dass sie ihm unvermittelt in die Au gen sehen konnte. Zwei schwarze Diamanten, die so ganz anders als der Rest des Körpers, unfassbar schön waren.
Der Versuch eines Schreis wurde abrupt durch die Klaue des Dämons unterbunden. Die Handfläche versperrte ihr die Sicht. Wasser lag auf ihrer Sicht, drang in ihre Nasenlöcher, in ihren Mund hinein. Gurgelnd versuchte sie sich zu befreien. Während sie weiter mit der Wasserhand kämpfte, machte die Gestalt kehrt. Innerlich kicherte das Wesen, bei dem Anblick des alten Mannes, der sie durch die Gläser seiner Brille an stierte.
Statt nur eines Schaufensters, machte sich Jeff gleich zwei zu nutze, die
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