Anton Pfeiffer und der Zauberkongress (German Edition)
quietschendes Fahrgeräusch. Die umher stehenden Leute traten vor an die Gleise, und wenige Augenblicke später fuhr ein blau-orange gestrichener Schwebebahnwagen ein. Nachdem die Leute eingestiegen waren, die Waggontüren sich hinter ihnen geschlossen hatten, und der Wagen zur anderen Seite des Bahnhofs hinausgefahren war, guckte Anton Oskar fragend an.
„Und?“
„Abwarten.“
Der Schwebebahnhof war jetzt menschenleer, außer den drei Kindern waren alle Fahrgäste in die Schwebebahn gestiegen.
„Der Kaiserwagen fährt sehr selten, alle paar Wochen nur...“, setzte Anton an.
Aber Oskar machte ihm Zeichen still zu sein, denn auf dem Treppenaufgang waren Schritte zu hören. Sehr mü h same Schritte, begleitet von einem leisen Schnaufen. Ein i ge Augenblicke später erreichte der Urheber des Schna u fens den Bahnsteig. Ein kleiner, untersetzter Mann mit puterrotem Kopf, bepackt mit einer Unmenge von Ko f fern. Er trug eine beige Weste und Hose, eine Kamera um den Hals und einen Safarihelm auf dem Kopf. Japsend und mit hängender Zunge blieb er auf der letzten Teppenstufe stehen, wischte sich den Schweiß von der Stirn und sah die drei Kinder an. „Bin ich zu spät?“
Bevor irgendjemand etwas antworten konnte, gab es einen starken Windzug, begleitet von einem hohen, pfe i fenden Zischen. Die drei sahen sich um. Wie aus dem Nichts stand hinter ihnen auf dem Gleis der alte Kaiserw a gen. Rot gestrichen, mit leuchtend gelb verzierten Fen s tern. Bremsstaub und ein paar Funken segelten von der metallenen Fahrschiene hernieder. Eine der Waggontüren ging auf.
Hektisch griff der kleine Mann nach seinen Koffern, klemmte sich den Rest unter die Arme und hastete sto l pernd und schnaufend mitsamt seiner schweren Last in Richtung Waggontür.
Im allerletzten Moment schaffte er es hinein zu hec h ten, und die Waggontür fiel mit einem lauten Scheppern hinter ihm zu.
Anton versuchte, ins Innere des Waggons zu blicken. Er schien leer zu sein. Oder doch nicht? In der letzten Sitzreihe saß jemand. Oder vielmehr etwas. Etwas großes, Pelziges?
In dem Moment pfiff erneut ein heftiger Windzug durch den Schwebebahnhof, und ein Sturm fuhr Anton ins Gesicht, dass es ihm fast den Atem nahm.
Und schon war der Kaiserwagen samt Fahrgästen durch die Bahnhofsöffnung ins Freie verschwunden. Z u rück blieb eine kleine, graue Staubwolke in der Mitte der Bahngleise.
Anton staunte.
„Na, hättest du das gedacht?“, grinste Oskar zufrieden. „Wir hatten wirklich Glück. Er verkehrt nur selten. Dieser fuhr ins Riesengebirge, wenn mich nicht alles täuscht.“
„Da fährt er also nicht immer hin?“, fragte Anton ne u gierig.
„Nein, das ist ganz unterschiedlich. Der Fahrplan ist sehr variabel“, meinte Oskar. „Und jetzt“, er sah Anton und Emma an, „und jetzt könnte ich ein kleines Frühstück vertragen!“
Emma nickte. „Meinetwegen. Ein bisschen Appetit h a be ich auch. Lasst uns ins Café gehen.“
Dann hob sie den Zeigefinger. „Aber nicht so lange, wir müssen in die Bibliothek! Ihr wisst, ich brauche ein Poliermittel für die Algebra-Brille, die Preisverleihung ist schon übermorgen!“
Kaffeemusik
Das Café Grimm lag nur wenige Meter entfernt an der Ecke des Kirchplatzes gegenüber der alten reformierten Kirche.
Eine kleine Glocke bimmelte, als sie die große, weiße Tür öffneten und eintraten.
Anton liebte dieses Café . Schon als kleiner Junge war er hier gewesen. Seine Mutter hatte ihn mitgenommen. Mal, um zusammen mit Tante Rita einen Nachmittags-Kaffee zu trinken, mal, um einfach nur ein wunderbares Stück Schwarzwälder Kirschtorte zu essen. Mit Sahne natürlich.
Anton schnupperte. Es roch nach Wasserdampf, der durch gemahlenes Kaffeepulver gepresst wurde, nach K a kao, karamelisiertem Zucker und nach süßen Früchten. Und ein leichter Parfum-Duft lag in der Luft. Wohl von einer der alten Damen, die rechts in der Ecke saßen und sich plappernd unterhielten. Im Hintergrund summte eine leise Klaviermusik.
Anton blickte durch den Raum mit seinen hohen Stuckdecken, staubigen Kronleuchtern und hübsch ve r zierten Fensternischen. Eine Oase plüschiger Gemütlic h keit. Ein Ort der Muße und Beschaulichkeit. Voller Licht und Wärme. Hier schien die Zeit stillzustehen.
Oskar und Emma waren schon an den Tresen neben der Eingangstür getreten. Unter einer langen Glasvitrine lagen fein säuberlich getrennt dutzende wundervoller K u chen und Torten.
„Drei Schokoladen-Windbeutel, bitte“,
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