Anton Pfeiffer und der Zauberkongress (German Edition)
ohrenbetäubenden „Attacke!“-Gebrüll, das mit einem noch lauteren Gebrüll aus dem Inneren des Baumes b e antwortet wurde.
Mehr stolpernd als laufend folgte er Emma, die flink wie ein Reh die Lichtung überquerte und den Waldweg weiter geradeaus rannte. Auch Oskar und die Tischuhr hatten Emmas Warnruf vernommen und folgten ihnen mit ein paar Metern Abstand. Mit beachtlichem Tempo, wie Anton feststellte, als die sonst so tolpatschige Uhr ihn auf ihren Plattfüssen überholte. Jetzt nur nicht hinfallen, dac h te sich Anton, während er als Letzter in der Reihe mit pochendem Herzen über Wurzeln und Steine sprang.
Hinter ihm war kein Mucks zu vernehmen. Ob die kleinwüchsigen Freischfresser die Verfolgung aufgegeben hatten? Vorsichtig drehte er den Kopf nach hinten und wäre vor Schreck fast über seine eigenen Füße gestolpert.
Dutzende, weit aufgerissene Augen waren auf ihn g e richtet, darunter Münder mit gebleckten Zähnen und he r aushängenden Zungen, die im Laufwind wellenförmig nach hinten flatterten. Geräuschlos und geschmeidig wie Raubkatzen folgte ihm die hungrige Horde, bestückt mit wehenden Servietten und Bestecken in den Fäusten. Nur ihren kurzen Beinchen war es zuzuschreiben, dass sie ihn nicht längst eingeholt hatten. Ihre anfängliche Freundlic h keit war dem Charme von Tiefkühlpizzen gewichen, und ihr grimmiger Blick ließ keinen Zweifel daran, dass sie Anton für ihr wohlverdientes Mittagessen hielten.
„Gleich haben wir es geschafft!“, hörte er vor sich Emmas Stimme rufen. Ein Stück weiter vorne endete der Waldweg. Aber nicht etwa auf einer Lichtung, sondern in einem Gewässer! „Jetzt nicht auch noch schwimmen“, fuhr es Anton durch den Kopf, bevor er zu seiner Überr a schung feststellte, dass sich über dem Wasser wie aus dem Nichts eine Brücke abzuzeichnen begann. Erst undeutlich, dann immer klarer.
„ Schneeeeelll ! Sie haben dich gleich!“, hörte er Emmas Stimme von der anderen Seite der Brücke rufen. Er fühlte den Windzug einer Hand nach sich schnappen, und eine Gabel verfehlte um Haaresbreite seine rechte Wade, als er mit einem letzten, großen Satz auf die Brücke sprang und diese stolpernd überquerte.
Während er das andere Ufer erreichte, hörte er hinter sich ein lautes Platschen. Die Brücke begann sich wieder in Nichts aufzulösen! Und auf der anderen Uferseite landete die Vorhut seiner Verfolger im Wasser.
„K-k- önnen die schwimmen?“, fragte Anton außer Atem und hielt sich mit den Händen die stechenden Hü f ten.
„Nein, das können sie nicht!“ Emma blickte zufrieden auf die andere Uferseite, wo ein paar Zwerge mit den A r men rudernd im Wasser trieben und mehr als dümmlich aus der nassen Zwergenwäsche guckten. Der Rest der Bande stand besteckschwingend am Uferrand , gab laute Zeterrufe von sich und ließ keinen Zweifel daran, dass man mit dem Ausgang der Verfolgung ausgesprochen unzufrieden war.
„Hab ich das nicht prima hingekriegt?“, meinte Emma stolz und deutete auf die fast völlig verschwommenen Umrisse der Brücke. „Es war nur eine simple Holzbrücke. Aber ich kann auch anders, zum Beispiel eine prunkvolle Rokoko-Brücke oder sowas, gar kein Problem…“
„In der Tat, sehr beachtlich, Zauberei unter Stress, gar nicht so einfach…“ Oskar tätschelte ihr anerkennend die Schulter, „reife Leistung, Frau Kollegin.“
Anton war inzwischen wieder zu Atem gekommen. Aber an Stelle des Seitenstechens verspürte er nun etwas anderes. Es war kalt! Er blickte sich um und staunte. Auf dieser Seite des Gewässers herrschte Winter!
Ein nebliger Schleier umwebte den Boden. Die Voge l stimmen waren verklungen, und zwischen den umher st e henden Tannenbäumen rieselte Schnee zu Boden.
„Ja, daran erinnere ich mich“, lächelte Emma. „Der Problemlöser wohnt in einer ziemlich kühlen Ecke.“ Sie drehte sich um und deutete mit der Hand nach vorne.
Ein Stück entfernt im Nebel war ein Haus zu erkennen. Es schien recht klein zu sein, dafür aber mit einem beei n druckenden Schornstein, aus dessen Öffnung Rauch in Kringeln zum Himmel stieg. Umsäumt war das Ganze von schneebedeckten Tannenbäumen und zu erreichen über einen Pfad, der sich direkt vor ihnen durch den Schnee zog.
„Fantastisch! Wir haben es geschafft!“, strahlte Emma, zog sich die Kapuze ihres Mantels über den Kopf und stapfte voran den schmalen Pfad entlang.
Anton und Oskar folgten ihr. Geräuschlos fielen Schneeflocken vor ihnen auf den weißgeschneiten
Weitere Kostenlose Bücher