Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Antonias Wille

Antonias Wille

Titel: Antonias Wille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
Vom Netzwerk:
liebe Frau! Trinken Sie!«, flehte Rosanna.
    Die Frau starrte sie an, und vorübergehend wurde ihr Blick etwas fester. Sie murmelte ein paar undeutliche Worte, die deutsch klangen.
    Â»Ihrem Mädchen geht es gut, es schläft. Und Sie werden auch wieder gesund. Alles wird gut, aber Sie müssen jetzt unbedingt trinken.« Rosanna rang sich ein Lächeln ab. »So ist es gut«, lobte sie die Frau, die unter großer Anstrengung ein paar Schlucke hinunterbrachte.
    Doch die Tasse war noch nicht zur Hälfte leer, als sich der kranke Körper erneut gegen die Flüssigkeit zu wehren begann. Der Stuhlgang war wässrig und faulig. Claudine schluchzte auf und drehte sich zur Wand, als schäme sie sich.
    Â»Das macht doch nichts. Ich werde Sie waschen, dann ist es gleich wieder vergessen.« Rosanna strich der Kranken ein paarverschwitzte Strähnen aus der Stirn. War es ein Fehler, ihr etwas zu trinken zu geben? Aber was sollte sie stattdessen tun?
    Sie hatte die Frau gerade gewaschen und ihr ein frisches Hemd übergezogen, als Karl hereinkam.
    Â»Das Kind schläft jetzt. Und Alexandre betrinkt sich besinnungslos. Die beiden anderen hatten es auf einmal sehr eilig wegzukommen. Verdammt!« Er kratzte sich am Kopf und bedachte die Kranke mit einem nachdenklichen Blick. »Vielleicht könnte ein Arzt wirklich noch etwas für sie tun. Verflucht, wenn sie doch schon in Frankreich wären! Aber so liegt alles in Gottes Hand …« Resigniert ließ er sich auf einen Stuhl sinken und legte die Hände in den Schoß.
    Angst um die Frau und Wut über die Untätigkeit der Männer ließ Rosanna am ganzen Leib zittern. Gleichzeitig spürte sie, wie die Wut ihr Kraft verlieh.
    Â»Dieser Alexandre nimmt lieber den Tod seiner Frau in Kauf, statt einen Arzt zu Hilfe zu holen? Und Sie reden, als ob sie schon tot wäre! Das ist wahrhaftig eine große Hilfe! Wie wäre es, wenn Sie und Ihr feiner Freund die arme Claudine wenigstens in eines der Zimmer bringen? Ob zum Sterben oder zum Gesundwerden – das werden wir ja sehen. In einem Bett hat sie es jedenfalls bequemer als auf der schmalen Küchenbank.«
    Rosannas Zähne klapperten so heftig, dass sie nicht weitersprechen konnte. Sie stand auf und verließ das Zimmer. In der Diele zog sie ihren Mantel an und schnürte die Stiefel. Dann streckte sie den Kopf noch einmal durch die Tür.
    Â»Ich für meinen Teil habe keine Lust zuzusehen, wie ein Säugling seine Mutter verliert, nur weil sie vielleicht etwas ausgefressen hat. Ich gehe hinunter ins Dorf, aber nicht zum Arzt, obwohl ich das am liebsten täte!« Bevor Karl etwas sagen konnte, fügte sie mit barscher Stimme hinzu: »Dass die getrockneten Heidelbeeren hier nichts ausrichten können, sehen Sie ja selbst. Aber vielleicht hat Gottlieb König eine wirkungsvolle Kräutermedizin. Ich werde ihm sagen, dass ich sie für Sie brauche! VieleRombacher schwören auf seine Mittel und lassen sich lieber von ihm helfen als vom Arzt. Beten Sie, dass er auch uns helfen kann!«
    Und weg war sie.

Claudine Berlots Leben hing in jener Nacht wirklich am seidenen Faden.
    Der Nachthimmel war verhangen, und ich kam nur langsam voran. Es war fünf Uhr morgens, als ich durchgefroren und völlig erschöpft vom Rombacher Kräutermann zurückkehrte. Gottlieb König hatte mir meine Geschichte von Karls Erkrankung abgenommen und gab mir alles, was ich brauchte. Die beiden Männer hatten Claudine in meiner Abwesenheit tatsächlich in eines der Zimmer im oberen Stock gebracht. Die Kleine legten sie in das Bettchen, das Karl mir für mein Kind gegeben hatte. Als ich kam, schliefen Mutter und Kind, und so wartete ich, bis Claudine wieder erwachte. Als Erstes verabreichte ich ihr das Kohlepulver. Und wie König vorhergesagt hatte, hörte der Durchfall schlagartig auf. Von da an flößte ich ihr außerdem regelmäßig Tee aus Wiesenknöterich und Eibisch ein. Man konnte zusehen, wie ihr Körper von Stunde zu Stunde wieder straffer wurde. Hätte sie die Flüssigkeit nicht bei sich behalten, wäre sie wohl gestorben …
    Rosanna war gerade ins Zimmer der Kranken getreten, als jene die Augen öffnete. Ihr Gesicht hatte noch immer die bleiche Farbe von poliertem Elfenbein, doch ihre Augen glühten schwarz wie Kohle.
    Â»Wo bin ich? Alexandre? Mein Kind … Wo …?«
    Vor lauter Schreck, den bisher

Weitere Kostenlose Bücher