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Antonias Wille

Antonias Wille

Titel: Antonias Wille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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vor demMoritzhof sah aus, als hätte jemand ein löchriges graues Tuch über sie gebreitet.
    Rosanna fiel die tägliche Arbeit zunehmend schwerer, immer öfter hörte sie auf Karl Moritz, der sie dazu anhielt, sich auszuruhen. Sie hatte sogar seine Gewohnheit übernommen, nach dem Mittagessen ein kleines Schläfchen zu halten. Während sie ihren Kopf in das weiche Federkissen drückte, kam sie sich dick und faul vor, doch kurz darauf war sie schon eingeschlafen. Wenn sie wieder erwachte, spiegelte sich die Sonne in den eilig schwindenden Eiszapfen am Dachvorsprung, und der Nachmittag hatte schon längst begonnen.
    Es war Mitte April, als Moritz wieder einmal zu einem nächtlichen Treffen in der Scheune aufbrach. Rosanna hatte es sich mit einer Strickarbeit auf der Küchenbank gemütlich gemacht. Um das Scharren der Füße und das leise Murmeln, das von draußen zu ihr hereindrang, kümmerte sie sich nicht.
    Bald hatten das Klappern der Nadeln und die ewig gleichen Bewegungen ihrer Hände eine so einschläfernde Wirkung, dass sie immer müder wurde. Sie war gerade dabei, die Asche im Ofen zusammenzuscharren, um anschließend ins Bett zu gehen, als die Haustür aufgerissen wurde.
    Â»Rosanna, ich bin’s!«, hörte sie Moritz rufen. »Ich bringe jemanden mit.«
    Im nächsten Moment stand er auch schon im Rahmen der Küchentür, gefolgt von zwei Männern, die einen leblos wirkenden Körper zwischen sich trugen. Ein weiterer Mann, der ein Bündel im Arm hielt, drängte sich hinter ihnen in die Küche.
    Karl Moritz wies auf die Küchenbank. »Legt sie dorthin! Rosanna, geschwind, hol eine Decke! Und stell Wasser auf für Tee!«
    Rosanna konnte gerade noch ihr Strickzeug von der Bank nehmen, bevor die beiden Männer ihre Last ablegten. Auf Karls Nicken hin verließen sie danach wortlos den Raum.
    Unsicher machte Rosanna einen Schritt auf die Bank zu.
    Eine Frau!
    Rosannas Nase kräuselte sich unwillkürlich wegen des Gestanks, der von dem leblosen Frauenkörper ausging. Während ihrer Schwangerschaft war Rosannas Geruchssinn immer ausgeprägter geworden, doch in diesem Fall bedurfte es keiner besonders guten Nase, um zu riechen, dass die Frau von ihren eigenen Exkrementen beschmutzt war.
    Allem Anschein nach war sie sehr krank. Ihr Körper krümmte sich unter der dicken Kleidung zusammen, kaum dass sie lag. Ihre Augen glänzten fiebrig, ihr Blick war ziellos und schien nichts wahrzunehmen, ihre Stirn war schweißnass, ebenso wie die Haarfransen, die ihr ins Gesicht hingen.
    Â»Was hat sie denn?« Vorsichtig legte Rosanna die Decke über die Frau. Hoffentlich ist es nichts Ansteckendes, schoss es ihr durch den Kopf, während sie ihre Hand schützend auf ihren Bauch presste. Aus dem Augenwinkel heraus sah sie, dass der Mann, der bei ihnen geblieben war, das Bündel auf dem Sessel neben dem Ofen ablegte. Ein leises Wimmern ließ Rosanna zusammenfahren.
    Ein Säugling!
    Eine Frau und ihr Kind mitten in der Nacht auf dem Hof – was hatte das zu bedeuten?
    Die Blicke des Mannes flogen zwischen dem Kind und der Frau hin und her, als könne er sich nicht entscheiden, um wen er sich zuerst kümmern sollte. Dann kniete er vor der Frau nieder, rang die Hände und jammerte vor sich hin. Rosanna verstand kein Wort, doch die fremde Sprache und der Tonfall kamen ihr bekannt vor. So hatten auch mehrere Gäste im »Fuchsen« gesprochen. Von denen hatte es immer geheißen, sie seien Franzosen. Der Mann war also bestimmt ebenfalls Franzose.
    Der Säugling schrie nun wie am Spieß. Rosanna ging zu ihm und nahm ihn hoch, woraufhin er sich etwas beruhigte. Das Kind fühlte sich warm an, schien aber kein Fieber zu haben.
    Karl Moritz rüttelte den Mann an der Schulter. »Um Himmels willen, Alexandre, beruhige dich! So schnell stirbt keiner! Rosanna, wo bleibt der Tee?«, rief er im selben Moment, als Rosanna mit der freien Hand die Kanne auf den Tisch stellte.
    Â»Soll ich?« Fragend hielt sie eine Tasse in die Höhe und zeigte auf die Frau. Karl nickte. Sie drückte dem verzweifelten Mann das Kind in den Arm. Den Kopf der Frau in die Höhe haltend, flößte sie ihr anschließend kleine Schlucke der heißen Flüssigkeit ein.
    Die Kranke hatte ein flaches Gesicht, aus dem sich einzig die Nase hervorhob, sowohl die großen Augen als auch die vollen Lippen, deren Haut sich

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