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Antonias Wille

Antonias Wille

Titel: Antonias Wille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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kam, mussten wir zusehen, dass jeden Tag genügend Geld hereinkam. Wir spielten also auf Jahrmärkten, in Gasthöfen, manchmal auch in einem Hotel in einem der Kurbäder. Wir traten auf, wo immer Leute bereit waren, für einen Abend mit Geige und Gesang ein paar Münzen hinzulegen. Das ging lange Zeit gut. Vor zwei Wochen schließlich waren wir in Baden-Baden. In den ersten Tagen traten wir tagsüber auf dem Marktplatz auf, doch dann kam ein Herr auf uns zu und bot uns an, in seinem Theater zu musizieren. Die Schauspielgruppe, die er eigentlich engagiert hatte, war nicht erschienen, und so hatten wir eine ganze Woche lang ein festes Engagement. Ich war froh darüber, denn die kleine Claire war in letzter Zeit ein wenig kränklich. An den ersten beiden Abenden kamen auch tatsächlich genügend Gäste. Doch am dritten und vierten Tag spielten wir vor fast leeren Reihen – ich weiß nicht, warum. Baden-Baden ist eben kein kleines Dorf, und es finden abends dutzende von Zerstreuungen statt, die die Leute besuchen können. Kurgäste sind verwöhnt, glaube mir! Die Laune des Theaterbesitzers wurde immer schlechter, er warf uns vor, miserabel zu spielen, woraufhin Alexandre ihmvorhielt, zu wenig Werbung gemacht zu haben. Nicht einmal Handzettel hatte der Geizkragen verteilt! Ein Wort ergab das nächste, und am Ende wies Alexandre mich an, sofort zu packen. Als er unsere Gage einforderte, stellte sich der Mann plötzlich dumm. Wir hätten nicht einmal einen Bruchteil des Geldes verdient, behauptete er. Wieder stritten er und Alexandre. Obwohl wir das Geld dringend benötigten, wäre ich am liebsten ohne abgereist. Ich bin schließlich viel länger unterwegs als Alexandre und weiß nur zu gut, wer in solchen Situationen den Kürzeren zieht. Doch er blieb stur. Er packte den Theaterbesitzer am Kragen und zerrte ihn ins Büro. Dort zwang er ihn, die Kasse zu öffnen, aus der Alexandre genau die Summe Geld nahm, die uns zustand. Als wir auf die Straße liefen, kam der Mann hinter uns her und begann laut zu schreien. ›Diebstahl! Zu Hilfe, diese beiden Ganoven wollen einen ehrenwerten Mann berauben!‹, zeterte er. Unser Pech war, dass gerade in diesem Moment zwei Gendarmen um die Ecke bogen. Da half nur noch eins: wegzulaufen, so schnell es ging. Tja, und jetzt werden wir wegen schweren Diebstahls gesucht.«
    Â»Das glaube ich nicht! Das ist ja hundsgemein!«, platzte Rosanna dazwischen. Vor lauter Aufregung über Claudines Geschichte war ihr Bauch ganz hart geworden. Zudem wurde Rosanna von einer seltsamen Unruhe ergriffen, und sie wäre am liebsten aufgestanden und ein wenig durchs Zimmer gelaufen. Gleichzeitig wollte sie nun unbedingt auch noch den Rest der Geschichte hören.
    Â»So geht es eben! Sobald irgendetwas nicht glatt läuft, fällt den feinen Bürgern wieder ein, dass wir fahrende Leute sind, denen nicht zu trauen ist. Mir wurde schon einmal nachgesagt, ich hätte ein ganzes Dorf verwünscht! Ach, wenn ich’s nur könnte, ich hätte bestimmt schon öfter davon Gebrauch gemacht!« Claudine lachte bitter auf. »Jedenfalls blieb uns nichts anderes übrig, als Baden-Baden so schnell wie möglich zu verlassen. Und so machten wir uns auf den Weg in Richtung Süden. Wir schliefen nachts in leer stehenden Scheunen, einmal auchmitten in einer Schafherde. Was wir zum Essen benötigten, besorgte uns Alexandre. Noch zwei Tage hätten wir gebraucht, und wir wären über den Berg gewesen – wortwörtlich! Doch dann wurde ich krank. Und den Rest kennst du ja.«
    Rosannas Bedürfnis, diese wunderbare, tapfere Frau zu umarmen, wurde fast übermächtig. Doch sie wagte es nicht. Claudines Stolz verlieh ihr eine Unnahbarkeit, die sie stets wie ein dünnes Cape umhüllte.
    Â»Und nun?«, fragte Rosanna stattdessen betont gleichgültig. Doch schon im nächsten Moment schrie sie leise auf, weil ein heftiger Stich durch ihren Bauch fuhr und zwischen ihren Beinen wieder herauszukommen schien. Herrje, was war denn das?
    Â»Wir reisen nach Frankreich, vielleicht ganz in den Süden, wo an den Bäumen Zitronen und Orangen wachsen. Uns wird es schon gut gehen, du brauchst deswegen nicht so ein sorgenvolles Gesicht zu machen, Kindchen! Obwohl ich es rührend finde, dass du dich um uns sorgst. Das ist schon lange nicht mehr vorgekommen …«
    Â»Claudine, ich …« Der Rest

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