Antonias Wille
unabhängig. Das ist ein groÃer Vorteil, glaube mir! Ich würde aufs Rombacher Amt gehen und vom Ratsschreiber entsprechende Papiere aufsetzen lassen. Mit so etwas habe ich meine Erfahrung. Wo der Herr Richter doch inzwischen ein guter Freund von mir ist â¦Â« Karl lachte übermütig. In Wahrheit verhielt es sich so, dass Johannes Richter, der als Ratsschreiber und zugleich als Grundbuchbeamter von Rombach fungierte, jedes Mal die Augen verdrehte, wenn Karl Moritz kam, um einen weiteren Flecken »nutzloses Land«, den er einem der Bauern abgeschwatzt hatte, auf seinen Namen umschreiben zu lassen.
Rosanna schwieg. Sie hasste es, wenn ihre Gedanken mit ihr durchgingen wie wilde Pferde und sie zu keiner vernünftigen Antwort mehr fähig war. Karl und sie ⦠versorgt sein ⦠unabhängig â¦
»Ich erwarte natürlich auch eine Gegenleistung: Wenn ich wirklich einmal krank werde, dann sollst du für mich sorgen. Ich will nicht enden wie ein ausrangiertes Möbelstück, das nur noch nutzlos in der Ecke steht und Platz wegnimmt und das jeder am liebsten beim nächsten groÃen Feuer verbrennenwürde. Ich will nicht unmündig werden wie die alten Breuers â noch nicht tot, aber schon lange nicht mehr lebendig. Niemals!«
»Aber ich würde doch auch für Sie sorgen ohne diese ⦠Heirat. Das müssen Sie doch inzwischen wissen! Dazu bedürfte es weià Gott nicht dieses Schrittes. Ich und Frau Moritz â stellen Sie sich das mal vor!« Ein unfreiwilliges Lachen gurgelte in Rosannas Kehle, blieb dann aber dort stecken, bevor es ausbrechen konnte. »Und denken Sie an Ihre Tochter. Die würde Sie glatt für verrückt erklären!«
»Das soll sie nur versuchen«, erwiderte Moritz. »Ich weiÃ, wie meine Tochter sein kann, leider! Das ist mit ein Grund, warum ich diesen Plan gefasst habe.«
Franziska würde Rosanna vom Hof jagen, kaum dass Karl den letzten Atemzug getan hatte â so viel stand fest.
Das würde ich nicht überstehen, schoss es Rosanna durch den Kopf. In diesem Augenblick wurde ihr klar, wie sehr sie das Leben auf dem Moritzhof lieben gelernt hatte. So sehr, dass sie sich ein Leben anderswo, ohne das schützende, tief gezogene Dach des alten Hauses, ohne den Himmel, dem man hier näher war als an jedem anderen Ort, nicht mehr vorstellen konnte. Der Moritzhof war nicht nur ein beliebiges Haus, in das das Schicksal sie verschlagen hatte. Der Hof war ihr Zuhause.
Als sich das Schweigen zwischen ihnen immer weiter ausdehnte, platzte Rosanna schlieÃlich heraus: »Herr Moritz, vielleicht haben Sie ja Recht mit dem, was Sie sagen. Trotzdem kann ich Sie nicht heiraten. Als Ihre Frau müsste ich ja Du zu Ihnen sagen!«
Ich willigte ein und hatte fortan jeden Tag Bauchschmerzen vor lauter Sorge. Andere Bräute freuen sich auf den Hochzeitstag, nennen ihn den schönsten Tag ihres Lebens, ich aber fürchtete mich davor. Nicht etwa, weil ich den Gedanken an Karl als Ehemann so abschreckend fand. Mehr als einmal hatte er mir versichert, dass er keineswegs die Ehe mit mir vollziehen wolle. Was dann wirklich in der Hochzeitsnacht geschah ⦠Nun, das geschah allein durch mich.
Aber ich konnte mir einfach nicht vorstellen, wie wir die Hochzeit an sich hinter uns bringen sollten.
Aus meiner Zeit als Magd im »Fuchsen« wusste ich um das Hochzeitsbrauchtum in Rombach. Doch kein einziger Brauch passte zu meinem Bräutigam und mir.
Es gab keine Brauteltern, bei denen er um meine Hand hätte anhalten können. Wir hatten niemanden, den wir als Hochzeitslader von Haus zu Haus hätten schicken können. Und wen sollten wir überhaupt einladen? Wer würde unserer Einladung nachkommen? Die Breuers gewiss nicht. Vielleicht würde Franziska nicht einmal Simone erlauben, daran teilzunehmen, da sie doch schon wegen Simones Patenschaft für den kleinen Karl solch ein Gezeter veranstaltet hatte. Auch Zacharias, der ja bald offiziell »Fuchsen«-Wirt werden sollte, konnte Simone verbieten, zu unserer Hochzeit zu erscheinen. Simones Berichten zufolge gefiel er sich auÃerordentlich gut in seiner neuen Rolle und spielte sich dementsprechend auf.
Und wo sollte das Fest überhaupt stattfinden? AuÃer dem »Fuchsen« gab es kein anderes Wirtshaus in Rombach. Blieb also nur der Moritzhof â¦
Und dann war da noch das Problem mit dem Pfarrer. Nie und
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