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Antonias Wille

Antonias Wille

Titel: Antonias Wille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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nimmer würde er uns das heilige Sakrament der Ehe erteilen, sagte ich zu Karl. Wo ich doch schon vor der Ehe schwanger gewesen war und ein Kind geboren hatte. Höchstens Josef Stix könne unstrauen, der Wanderpfarrer, der auch Bubi getauft hatte, behauptete ich. Karl widersprach. Das ginge nicht, denn in dieser Angelegenheit musste alles vor den Augen der »heiligen Rombacher Dreifaltigkeit« – darunter verstand er den Pfarrer, den Bürgermeister und den Lehrer – seine Richtigkeit haben. Schließlich sollte nachher niemand den geschlossenen Bund anfechten können. Auch das leuchtete mir ein, doch meine Bauchschmerzen wurden dadurch nur umso heftiger.
    Karl versprach mir, sich um alles zu kümmern und jede entsprechende Notwendigkeit zu bedenken. Er bat mich allerdings, unsere Pläne vorerst für mich zu behalten. Als ob ich Lust verspürt hätte, jemandem davon zu erzählen! Ich konnte mir schon vorstellen, wie Simone reagierte, wenn sie es erfuhr. Sie würde sagen, ich sei von allen guten Geistern verlassen. Natürlich wollte ich ihr meine Beweggründe erklären, aber ob sie mich deshalb besser verstand?
    Und wem hätte ich sonst davon berichten sollen? Margret vielleicht, doch die sah ich in diesen Tagen nur selten. Dasselbe galt für Gottlieb König. Auf dem Hof ging die Arbeit nie aus, und so blieb mir nur selten Zeit, die wenigen Menschen, die mir in Rombach noch wohlgesonnen waren, zu besuchen. Außerdem war mir jeder Gang ins Dorf zuwider.
    Von Karls »speziellen Freunden« kannte ich inzwischen den einen oder anderen etwas besser, aber mir wäre nie in den Sinn gekommen, mich einem dieser Raubeine anzuvertrauen. Höchstens vielleicht Stanislaus Raatz, der regelmäßig auf den Hof kam, um Karl den im letzten Winter schwarz gebrannten Schnaps abzukaufen. Er hatte Frau und zwei Töchter in der Schweiz, und er war es auch, der den Fusel dort an Gasthöfe weiterverkaufte, die nicht nach dessen Herkunft fragten. Im Gegensatz zu den anderen Kerlen, die den Mund gern voll nahmen, war Stanislaus ein stiller Mann. Wenn er an jemanden das Wort richtete, dann tat er es so betont und langsam, als ob er mit einem dummen Kind redete. Doch bald merkte ich, dass dies einfach seine Art war. Manchmal saßen wir abends zu dritt an dem langen Holztisch vor dem Haus und warteten darauf, dass sich die Sommernacht auf uns senkte, sodass sichStanislaus auf den Heimweg machen konnte. Dann redeten wir über Gott und die Welt, und die Grillen im nahen Gras zirpten dazu, als hätten sie auch etwas zu sagen. Mir gefiel, wie Stanislaus von seiner Familie sprach. Ich freute mich über den Stolz in seiner Stimme, wenn er von seiner jüngeren Tochter Mechthild erzählte, die am Genfer See bei einem Uhrmacher ausgebildet wurde. Eine der ersten Frauen überhaupt, die dieses Handwerk erlernen durften! Die Ausbildung kostete natürlich viel Geld, und ich vermutete, dass Stanislaus deshalb die gefährlichen Schmugglergänge unternahm. Seine ältere Tochter Sieglinde war in einem Hotel angestellt – wenigstens sie hatte ihr eigenes Auskommen. Was würde Stanislaus Raatz wohl sagen, wenn eine seiner Töchter einen über fünfzig Jahre älteren Mann zum Ehemann nehmen wollte? Die Frage ging mir oft durch den Kopf, aber ich habe sie ihm nicht gestellt.
    In jener Zeit machte ich es Karl nicht leicht. Statt gemeinsam mit ihm darüber nachzudenken, wie wir den Rombacher Pfarrer für unseren Plan gewinnen konnten, statt das Hochzeitsfest mit allen seinen Einschränkungen zu planen, jammerte ich eigentlich nur herum. Wenn ich heute darüber nachdenke, ärgere ich mich über mich selbst. Hatte ich mir nicht schon bei meiner Flucht vor meinem Vater geschworen, mich nicht mehr so schnell einschüchtern zu lassen? Meine Ängste und Zweifel besser im Zaum zu halten?
    Karl jedoch blieb fest bei seiner Überzeugung, dass alles gut werden würde. Ich solle ihm nur vertrauen und mir keine Sorgen machen. Unserer Hochzeit im Herbst würde bald nichts mehr im Wege stehen. Bis Karl allerdings beginnen konnte, alles Nötige in die Wege zu leiten, musste er sich in Geduld üben. Simone erschien prompt nicht an dem gewohnten Wochentag, woraufhin er den ganzen Tag grantig war. Als ich ihn fragte, warum ihm am Besuch seiner Enkelin plötzlich so viel lag, erwiderte er nur, er habe ihr einige Fragen stellen wollen. Diese Antwort half

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