Antonias Wille
mir jedoch auch nicht weiter â¦
Es war Hochsommer und damit Reisezeit im Schwarzwald. Während auf dem Moritzhof die Schwalben ihre Kreise zogen, die Kirschbäume abgeerntet werden mussten und eine der beiden Ziegen aus dem Gatter ausbrach und erst zwei Tage später mit einem tiefen Riss im Ohr und hunderten von Kletten im Fell wieder auftauchte, war im »Fuchsen« jedes Fremdenzimmer von Sommerfrischlern belegt. Neben den Arbeiten, die Simone in Haus, Küche und Garten zu verrichten hatte, musste sie nun auch noch die Fremdenzimmer putzen, Vesperkörbe für Wanderfreunde zubereiten und am Abend, wenn alle Gäste wieder zurückgekehrt waren, deren Wanderstiefel schrubben. Statt eines wöchentlichen Waschtages waren es nun zwei. Zacharias, der stolz darauf war, dass der »Fuchsen« ein so beliebtes Ziel für Reisende geworden war, kontrollierte höchstpersönlich, ob auch für jeden neuen Gast frische Bettwäsche verwendet wurde. Er war es auch, der Simone in den nächsten zwei Wochen die Besuche auf dem Moritzhof verbot, da konnte Simone noch so bitten und betteln.
Wahrscheinlich will er nicht, dass ich Rosanna von seinen groÃartigen Hochzeitsvorbereitungen erzähle, dachte Simone bei sich. Kränze aus Rosmarin, SträuÃchen aus getrockneten Kräutern und Rosen und hunderte von weiÃen Schleifen hatte sie schon binden müssen â sie sollten am ersten August die Hochzeitstafel schmücken. Und das alles für Elsbeth, die Ziege, wie Simone die Brauereitochter heimlich nannte. Sie hasste ihren Bruder umso mehr.
Es war fast schon Ende Juli, als sie Rosanna endlich wieder besuchen durfte. Den Korb voller duftendem Kräuterbrot, das sie am Vortag gebacken und vor der Mutter versteckt hatte, rannte Simone das letzte Stück des Berges so schnell hinauf, dass sie oben angekommen völlig aus der Puste war.
Sie hatte gerade zum Klopfen angesetzt, als die Tür des Moritzhofes aufgerissen wurde.
»Da bist du ja endlich!«
Erschrocken wich sie zurück, weil statt Rosanna die hagere Gestalt ihres GroÃvaters vor ihr stand. Die schlohweiÃen Haare standen wild von seinem Kopf ab, im grellen Sonnenlicht sahen sie aus wie ein Heiligenschein. Doch so wütend, wie er Simone anfunkelte, kam er ihr eher wie der Teufel persönlich vor.
»Was ist los? Ist Rosanna krank? Ist ihr etwas geschehen?« Mit klopfendem Herzen und ohne sich weiter um den Mann zu kümmern, drängte Simone an ihm vorbei.
Rosanna â¦
»Hier geblieben, Mädchen! Rosanna geht es gut. Sie ist hinten im Garten. Du hättest sie eigentlich sehen müssen. Aber da ich sowieso mit dir allein reden will, trifft es sich gut, dass du so ein blindes Huhn bist.«
Nur langsam beruhigte sich Simones Herzschlag wieder. »Was willst du von mir?«, fragte sie mürrisch.
Mit einem Kopfnicken, das keinen Widerspruch zulieÃ, wies der GroÃvater sie an, ihm in die Küche zu folgen.
»Wie ich höre, bist du eine von denen, die ihr Heil in der Kirche suchen. Da wird es für dich ein Leichtes sein, mir ein paar Fragen zu beantworten.«
Simone runzelte die Stirn. War der Alte nun endgültig übergeschnappt? Und warum kam Rosanna nicht endlich herein? Es war doch ein viel zu heiÃer Tag, um mit einem Säugling so lange drauÃen zu sein. Nach Essen roch es auch noch nicht, obwohl es fast Mittag war. Dabei hatte Simone den ganzen Tag lang noch keine Zeit gehabt, auch nur den kleinsten Bissen zu sich zu nehmen, und gehofft, bei Rosanna einen Teller Suppe zu bekommen.
Die Küchenbank ächzte, als sich der GroÃvater an den Tisch setzte. Voller Ungeduld beobachtete Simone ihn dabei. Wie hielt Rosanna das Leben mit diesem alten Tölpel nur aus?
Karl Moritz hangelte nach seiner Pfeife. Als hätte er alle Zeit der Welt, begann er sie zu stopfen. SchlieÃlich sagte er: »Es geht um Folgendes: Ich möchte dem Pfarrer von Rombach eine kleine Freude bereiten, weià aber nicht, womit.«
Dem Pfarrer eine Freude bereiten? Der Alte war tatsächlich übergeschnappt.
»Vielleicht würde er sich schon darüber freuen, dich endlich einmal wieder im Gottesdienst zu sehen«, antwortete Simone scharf.
»Das wird er auch bald, mein Kind. Aber jetzt möchte ich, dass du mir die Kirche ganz genau von innen schilderst. Wie prächtig ist sie ausgestattet?«
Warum sollte sie ihm die Kirche beschreiben? Glaubte der Alte,
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