Antonias Wille
Hintertürchen hineinschleichen zu müssen. Der Mann schaute mich an, als sei ich von allen guten Geistern verlassen. Da standen wir nun im Nieselregen mitten in der Schafskälte, und er lamentierte, so eine groÃe Tür gäbe es aber sonst nirgendwo.
Ich hätte ihm natürlich von meinem Plan erzählen können, aber das wollte ich nicht. Das werden alle schon früh genug erfahren. Sie ahnen allerdings bereits, dass sich hier oben etwas tut. Simone sagt, im Dorf würden schon jetzt die Gerüchte über mein Treiben wie wilde Herbstblätter herumfliegen.
Endlich zückte der Zimmermann seinen Zollstock und fing mit seiner Arbeit an. Das alte Schild, das über der Tür hängt, könne er auch gleich wegmachen, habe ich ihn angewiesen. Ich brauche es nicht mehr.
»Wenn dieses Haus so lange steht,
bis in der Welt der Neid vergeht,
so steht es nicht nur kurze Zeit,
sondern bis in alle Ewigkeit.«
Ja, damit hatten Karls Vorfahren schon Recht, aber dieser Spruch soll trotzdem nicht am Eingang meines Hotels stehen. Dafür habe ich mir etwas anderes ausgedacht, und Margret ist gerade dabei, meine Worte in ein riesiges Holzschild zu brennen. Unter den Worten »Hotel Kuckucksnest« soll stehen:
»Willkommen ist hier jeder Gast,
mach lange oder kurze Rast,
in diesem Haus ist niemand fremd,
drum keine Scheu den Eintritt hemmt.«
Nächtelang habe ich über diesen vier Zeilen gegrübelt. Simone findet sie kitschig, sie meint, ich hätte etwas mit »Gottes Segen aufallen Wegen« oder so ähnlich schreiben sollen. Aber ich finde meinen Spruch schön. Er hat so etwas Einladendes.
Und noch ein weiteres Schild habe ich bei Margret in Auftrag gegeben. Es wird die Form eines Pfeils haben, und darauf soll stehen:
»Zum âºKuckucksnestâ¹!
Fremdenzimmer, feine Speisen und Getränke
20 Gehminuten«
Dieses Schild werde ich an der Wegkreuzung unten am Fuà des Berges aufstellen. Vielleicht lockt es ja doch schon dieses Jahr den einen oder anderen Gast hier herauf. Ein, zwei Zimmer habe ich immer fertig, und die Speisekammer ist gut gefüllt â von mir aus können sie also kommen.
Ich hoffe, Karl ist mir wegen des alten Schildes nicht böse â¦
Betrübt schaute Elsbeth auf das Tablett mit den Tellern, die sie gerade vom Fenstertisch abgeräumt hatte. Alle vier waren noch halb voll. Schnell in die Küche damit, bevor Zacharias dies sah! »Habe ich es dir nicht gleich gesagt? Bei dieser Hitze wollen die Leute etwas Leichtes wie Knöpfle und Gurkensalat. Oder von mir aus auch einen Kartoffelsalat mit Bratwurst«, hörte sie ihn im Geist schon wieder schimpfen. Aber wer hätte denn wissen können, dass es so heià werden würde? Diese Temperaturen waren selbst für Juli nicht üblich, rechtfertigte Elsbeth ihre Entscheidung, fürs Mittagessen einen Gemüseeintopf auf die Karte gesetzt zu haben.
Und wann hätte sie Knöpfle schaben sollen? Oder stundenlang Kartoffeln rädeln? Noch bis vor einer halben Stunde war sie mit Franziska und Anton auf den Wiesen gewesen, um Ãhmd zu machen â gegen Abend rechnete man nämlich mit einem heftigen Gewitter. Bis dahin musste der zweite Grasschnitt eingebracht sein. Die beiden anderen befanden sichnoch immer drauÃen, nur sie war nach Hause gerannt, hatte sich den schlimmsten Schweià abgetrocknet und dann sofort das Essen für die Mittagsgäste aufgewärmt. Zacharias hätte Simone verbieten sollen, sich wieder aus dem Staub zu machen, ärgerte sich Elsbeth. Ein paar Hände mehr wären heute wirklich hilfreich gewesen.
Eilig kippte sie die restliche Suppe in den Trog mit Schweinefutter. Dann wischte sie sich mit einem feuchten Tuch den Schweià von der Stirn und eilte erneut in die Gaststube.
Prüfend wanderte ihr Blick über die besetzten Tische. Kein Bierhumpen leer, auch die Weintrinker schienen alle noch versorgt zu sein. Nur sieben Leute hatten etwas zu essen bestellt, die anderen hatten scheinbar keinen Appetit. Erschrocken stellte Elsbeth fest, dass sie noch immer nicht die Bestellung des Ehepaars aus Pforzheim aufgenommen hatte. Dabei war der Mann einer von denen, die immer einen ordentlichen Hunger an den Tag legten. Ãrgerlich auf sich selbst und mit einem Lächeln, bei dem sie ihre schiefen Zähne zu verbergen versuchte, bat sie bei den Gästen um Entschuldigung.
»Das macht gar nichts, Frau
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