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Antonias Wille

Antonias Wille

Titel: Antonias Wille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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schon freundlicher bedient worden«, flüsterte die Frau spitz.
    Â»Ja, und man kann sich nicht einmal beschweren«, antwortete ihr Gatte. »Wo sie doch selbst die Wirtin ist …«
    Auf dem Moritzhof herrschte Hochbetrieb. Alle fünf Tische, die Rosanna vor die Tür gestellt hatte, waren von Wanderern belegt, die sich an Brot, Wurst und Schinken gütlich taten. Sogar Sommerfrischler aus der Schweiz waren da, dabei sollte man dochglauben, die hätten selbst Berge genug! Die gute Laune der Gäste wurde nur hin und wieder dadurch getrübt, dass Karls Bienen, die nach seinem Tod verwildert waren, ebenfalls versuchten, sich an den Köstlichkeiten zu laben. Dumme Viecher, ärgerte sich Rosanna, als sie zwei der Wanderer heftig mit den Armen fuchteln sah. Früher nahmen die Bienen Blütenstaub, heute musste es Schwarzwurst sein!
    Doch im Gegensatz zu dem summenden Völkchen verflog ihr Ärger rasch wieder. Tief sog sie den Duft der gemähten Wiesen ein, der von den umliegenden Hängen heraufwehte.
    Nicht im Traum hatte sie geglaubt, dass ein einfaches Schild unten an der Kreuzung ihr derart viele Gäste bescheren würde. Fast jeden Tag kamen welche – gestern war eine Gruppe von Wandergesellen sogar schon morgens um neun Uhr aufgetaucht. Denen hatte sie heiße Milch und Brot, noch lauwarm aus dem Ofen, serviert. Dazu Butter und Honig. Gestärkt von dieser morgendlichen Mahlzeit hatten die vier Männer und drei Frauen ihre Wanderung fortgesetzt und versprochen, auf dem Rückweg wieder bei ihr Rast zu machen.
    Ja, das sollen sie nur tun, dachte Rosanna bei sich. Und dazu noch möglichst vielen Leuten erzählen, dass man hier oben gut essen kann. Mit einem glücklichen Lächeln nahm sie Simone, die gerade von der Quelle kam, die Krüge mit frischem, kühlem Wasser ab.
    Â»Du darfst mit dem Wasser nicht so großzügig sein«, murrte Simone. »Lass die Leute doch Wein trinken! Den müssen sie schließlich bezahlen.«
    Â»Bei mir soll es keine durstigen Kehlen geben. Und wenn einer bei dieser Hitze keinen Wein will, kann ich es ihm nicht verdenken«, erwiderte Rosanna und wollte die Krüge an die Tische tragen.
    Simone weigerte sich nach wie vor, mit den Gästen direkt zu tun zu haben, sie half lieber im Hintergrund. Nun hielt sie Rosanna an der Schulter fest. »Warte mal! Der Mann da … Ist das nicht der Akziser?«
    Rosanna kniff die Augen zusammen, um den Mann, der am Rand des Plateaus erschienen war und mit einem Paket unter dem Arm auf sie zumarschierte, besser erkennen zu können.
    Â»Gerold Richter, du hast Recht. Was will denn der hier?« Ein mulmiges Gefühl machte sich in Rosannas Magengegend breit. Sie hatte den Mann nur einmal gesehen – damals, bei ihrem ersten Besuch auf dem Moritzhof, als er gekommen war, um das Schwarzbrennen auszuspionieren. Aber seine hochmütig zur Schau gestellte Wichtigtuerei erkannte sie sofort wieder.
    Â»Bei uns war er vorletzte Woche auch. Er hat Zacharias so viel Steuern abgeknöpft, dass der danach einen ganzen Tag lang nicht mehr ansprechbar war«, flüsterte Simone.
    Â»Steuern? Aber …« Rosanna hatte plötzlich das Gefühl, als habe sich Karls Bienenvolk in ihrem Kopf versammelt. Steuern! Dass sie würde Steuern zahlen müssen, wenn sie Gäste bewirtete – daran hatte sie noch gar nicht gedacht.
    Â»Du, der trägt unser Schild unterm Arm!« Fassungslos schaute Simone von Rosanna zu dem Mann, der mit gewichtiger Miene auf sie zueilte. »Was hat das zu bedeuten?«
    Rosanna seufzte. »Auf alle Fälle nichts Gutes …«

23. Juli 1902
    Ach, ich bin so verzweifelt! An alles habe ich gedacht, nur an das Wichtigste nicht.
    Kein Wirtshaus ohne Wirtschaftsgerechtigkeit. So einfach ist das.
    Ich könnte mich ohrfeigen vor Wut!
    Nachdem Gerold Richter auf die »Missstände« auf dem Moritzhof aufmerksam gemacht worden war, war er extra zu seinem Bruder ins Katasteramt gegangen, um nachzusehen, ob für unser Haus nicht noch alte Schankrechte eingetragen waren. Weil er nicht hatte glauben wollen, dass jemand so dumm sein konnte, eine Wirtschaft ohne Schankgenehmigung zu eröffnen. Tja, da habe ich ihn wohl eines Besseren belehrt.
    Zum Glück war Richter bereit, von einer Strafe abzusehen. Aber ich musste meinen Ausschank sofort einstellen. Es war so schrecklich, die Leute wegzuschicken!
    Richter hat mir

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