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Antonias Wille

Antonias Wille

Titel: Antonias Wille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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nämlich immer wieder einmal vor, dass sich einer der »Stadtmenschen«, wie du meine Gäste nennen würdest, im Wald verläuft. Vor allem, wenn er von den Spazierwegen abweicht, die ich rund um den Hof habe anlegen lassen. Mit einer Karte in der Hand könnten sich die Leute getrost allein auf den Weg machen, ohne dass ich Stunden später einen Suchtrupp losschicken muss …
    Doch zurück zu den Karlsruher Gästen. Du hättest sehen sollen, wie deren Augen glänzten, als sie mit dem Gmeiner nach drei Stunden zurückkamen! Einer von ihnen nahm mich später zur Seite und bedankte sich überschwänglich für das unvergessliche Erlebnis. Ich wusste gar nicht, wie ich darauf reagieren sollte.
    Â»Es freut mich, dass unsere Vogelwelt solch einen Eindruck auf Sie hinterlassen hat«, antwortete ich ihm schließlich.
    Woraufhin er den Kopf schüttelte und sagte, die Vögel allein seien es nicht gewesen. »Wissen Sie, das ganze Jahr über sitze ich in meinem Kontor zwischen all den Akten. Manchmal esse ich mittags mein Brot in einem kleinen Park, damit ich wenigstens einbisschen frische Luft schnappen kann«, erklärte er mir. »Deshalb bedeutet der Aufenthalt im Schwarzwald für meine Frau und mich etwas ganz Besonderes. Hier oben sind wir der Natur so nahe! Was für ein Schrecken war es für uns alle, als der Herr Gmeiner uns in eine Ecke des Waldes führte, die vor Jahren völlig abgeholzt wurde. Diese Nacktheit! Diese Brutalität, mit der sich der Mensch die Natur zu Eigen macht! Es mag sich vielleicht seltsam anhören, aber in diesem Moment wurde mir klar, dass die Natur kein Opfer ist, das sich jede Behandlung klaglos gefallen lässt. Sie ist ein Wert, den wir Menschen hegen und pflegen müssen …« Er verstummte und bat um Entschuldigung, dass er mich mit seinem Reden so lange aufhielt. Aber ich spürte, dass er es ernst meinte.
    Karl, kannst du verstehen, dass ich bei diesen Worten einen Kloß im Hals hatte? Als ich mich von dem Mann verabschiedete, hätte ich am liebsten in den Himmel hochgeschaut und dir zugerufen: »Siehst du, Karl, sie haben doch einen Sinn für die Schönheit der Natur!« …
    Vogelwanderungen, Schlittenfahrten im Winter – endlich hatten Rosannas Kreativität, ihre Fantasie ein Ventil gefunden, und sie scheute sich nicht, dieses Ventil ständig unter Druck zu halten. Im Laufe der kommenden Jahre erdachte sie immer wieder neue Möglichkeiten, mit denen sie ihren Gästen die Zeit vertreiben konnte.
    Aus Todtnau, genauer gesagt vom dortigen Kurarzt Tholus, besorgte sie zehn Paar Schneeschuhe. Dann bat sie Jonas, einen alten Freund von Karl, gegen ein Entgelt mit den Gästen Schneeschuhwanderungen zu unternehmen. Diese wurden so begeistert angenommen, dass alsbald Schneeschuhwettkämpfe stattfanden, deren Gewinner jedes Mal unter großem Hallo eine Flasche Kirschwasser überreicht bekamen. Das Kirschwasser wurde übrigens inzwischen hochoffiziell unter den gestrengen Augen des Akzisers Gerold Richter gebrannt. Manchmal ließ Rosanna ihre Gäste dabei zuschauen, und die staunten nichtschlecht, wenn sie sahen, wie von zwei Zentnern Kirschen am Ende gerade einmal zehn Liter Feinbrand übrig blieben.
    Eines Tages suchte Rosanna den Bauern auf, der mit seinem Gespann das Bier für den »Fuchsen« aus Schwend holte, und fragte ihn, ob er Lust habe, mit ihren Gästen Schlittenfahrten durch den winterlichen Wald zu unternehmen. Sie musste ihn nicht lange überreden: Dass man bei Rosanna etwas verdienen konnte, hatte sich längst herumgesprochen. Sie zahlte nicht übermäßig gut – dazu sah sie keine Veranlassung –, aber in jenen wirtschaftlich schweren Zeiten war jeder froh, ein paar Mark dazuverdienen zu können.
    Weil immer mehr Gäste Karls Wanduhren bewunderten, stattete Rosanna nach einigem Überlegen auch dem Uhrenhändler, der ein paar Jahre zuvor in Rombach seinen Laden eröffnet hatte, einen Besuch ab. Der Mann war von ihrer Idee, einige seiner Uhren in der Empfangshalle des Hotels aufzuhängen und den Leuten zum Verkauf anzubieten, äußerst angetan. Und die Gäste, entzückt über die günstigen Preise, kauften seine Kuckucks- und Schwarzwalduhren – oft sogar gleich mehrere auf einmal.
    Auch Margret profitierte von der Sehnsucht der Städter, ein Stück Schwarzwald mit nach Hause zu nehmen: Als

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