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Antonias Wille

Antonias Wille

Titel: Antonias Wille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Nähe nicht. Sein Geruch nach Rasierwasser, nach Zigarrenrauch und Mann war ihr zuwider. Unbehagen kroch ihr über den Rücken.
    Als sie sprach, war ihre Stimme brüchig wie ein altes Seil. »Was gibt es denn so Wichtiges?«
    Â»Ich … also, es ist so …« Helmut fuhr sich durch den unfrisierten Haarschopf. »Verflixt, wenn es mir schon so schwer fällt, es dir zu sagen, wie wird es dann erst sein, wenn ich Rosanna frage?« Er lachte unbeholfen.
    Simone runzelte die Stirn. »Was willst du Rosanna fragen?«
    Â»Na ja, vielleicht findest du es ein bisschen kindisch, aber es ist so: Ich habe nächsten Monat Geburtstag. Und da habe ich mir gedacht … also, ich dachte, ich nehme das zum Anlass …« Er verdrehte die Augen. »Kurz und gut: Ich möchte Rosanna fragen, ob sie mich heiraten will. Ich möchte um ihre Hand anhalten.«
    Â»Nein!« Mit einem zischenden Laut zog Simone die Luft ein. Sie presste eine Hand auf die Brust aus lauter Angst, ihr Herz könne zerspringen. »Das … kannst du … nicht machen!«
    Helmut verzog den Mund. »Ich hab es befürchtet … Du findest meine Idee selbstsüchtig! Ich meine, es muss ja nicht unbedingt an meinem Geburtstag sein. Vielleicht würde Rosanna das tatsächlich in den falschen Hals bekommen und glauben, dass ich sie mir als ›Geschenk‹ wünsche. Aber weißt du, ich will etwas ganz Besonderes aus diesem Moment machen. Ich möchte …«
    Mit erstarrtem Gesicht saß Simone da, während Helmut von Kerzen faselte und von Blumen, die er am Tag seines Heiratsantrages im ganzen Zimmer verteilen wollte. Und davon, dass er in der kommenden Woche auf seiner Reise nach Bad Liebenzell, wo er eine Uhr abzuliefern hatte, Ringe kaufen wollte.
    Noch nie in ihrem Leben hatte sich Simone so hilflos gefühlt. So konfus. Jeder vernünftige Gedanke löste sich auf, alles verschwamm vor ihren Augen zu einem grellweißen Leuchten, daswehtat und sie blendete. Sie hatte das Gefühl, verrückt zu werden.
    Alles war verloren!
    Ihr geliebter Engel. Ihre Liebe. Ihr Leben.
    Wie sollte sie Rosanna jetzt noch retten?
    Sie stand auf. Ihr Rückgrat drohte wie ein morscher Ast entzweizubrechen.
    Sie lächelte Helmut zu. Klopfte ihm sogar in einer Geste, die aufmunternd wirken sollte, auf die Schulter.
    Â»Nein, nein, wenn ich so darüber nachdenke … Dein Geburtstag ist als Zeitpunkt für einen Heiratsantrag genauso gut wie jeder andere auch. Vielleicht solltest du mit Maria sprechen, damit sie euch etwas besonders Feines kocht. So ein großer Tag will doch gut vorbereitet sein …« Sie würgte ihren Ekel die Kehle hinunter.
    Â»Meinst du wirklich?« Helmuts Zweifel lösten sich bei Simones Worten sofort auf. »Also, jetzt bin ich aber froh, dass ich mit dir darüber geredet habe. Niemand kennt Rosanna schließlich besser als du! Etwas Feines zu essen … Woran hast du denn gedacht? Wie wäre es mit …«
    Doch Simone hatte den Raum längst verlassen.
    Weg! Sie musste weg!
    Weg von diesem Mann, der Unheil brachte mit jedem Wort, mit jeder Gebärde.
    Als wäre der Leibhaftige hinter ihr her, rannte sie aus dem Haus.
    Als sie schließlich außer Atem stehen blieb, brauchte sie einen Moment, um sich zu orientieren, wo sie eigentlich war. Da – der Nebeneingang des Hotels. Unwillkürlich wanderte ihr Blick nach oben. In manchen Zimmern brannte noch Licht. Dort war es warm. Dort lagen sich Menschen in den Armen oder träumten friedlich schnarchend.
    Tränen stiegen in Simones Augen, brannten heiß. Sie zitterte am ganzen Leib, ihre Zähne schlugen aufeinander. DerErdboden fühlte sich durch ihre dünnen Filzpantoffeln eisig an. Obwohl sie doch auf dem Weg in die Hölle war.
    Dabei hatte sie den Himmel auf Erden gehabt! Gott hatte ihr eigens einen Engel geschickt. Ihre Rosanna! In guten wie in schlechten Zeiten.
    Und nun sollte das alles nicht mehr gelten, sollte ihr nichts bleiben als der Weg ins Fegefeuer. Und Rosanna drohte die ewige Verdammnis an der Seite eines Mannes, der es nicht ernst mit ihr meinte.
    Das Zittern ließ ein wenig nach.
    Sie musste Rosanna retten!
    So, wie Rosanna einst sie gerettet hatte. Damals, vor vielen Jahren, im Wald beim Blaubeerensammeln.
    Noch war Zeit. Helmut feierte erst am 25. Oktober Geburtstag. Bis dahin waren es noch mehr als fünf Wochen.

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