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Antonias Wille

Antonias Wille

Titel: Antonias Wille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Fünf Wochen, in denen ihr eine rettende Idee kommen konnte, wie der Heiratsantrag zu verhindern war.
    So etwas war ihr doch früher auch gelungen. Mit Gottes Hilfe.
    Aber jetzt war alles anders.
    Sie schlang die Arme um ihren Leib, legte den Kopf in den Nacken, schaute gen Himmel, als erwarte sie ein Zeichen Gottes. Einen Wink. Einen winzigen Hinweis nur. Etwas, das einen Funken Hoffnung versprach.
    Doch der blasse Mond schwebte trüb am Firmament, ab und zu setzte sich eine schwammige Wolke vor ihn, sonst geschah nichts.
    Keine verheißungsvolle Sternschnuppe.
    Kein bedeutsames Spiel zwischen Licht und Schatten.
    Kein Zeichen.

25. Oktober 1919
    Ich habe das Gefühl, die Welt steht Kopf! Helmut hat heute Geburtstag. Aber statt wie ein Geburtstagskind abzuwarten, was der Tag für ihn bringen wird, tut er fürchterlich geheimnisvoll. Eigentlich wollte ich ihn mit einem Essen beim Engländer überraschen. Aber als ich Simone gestern sagte, dass wir heute Abend nicht hier sein würden, erwiderte sie, das könne ich vergessen. Helmut habe eine Überraschung für mich, und es sei dafür notwendig, im Hotel zu bleiben.
    Eine Überraschung für mich? An seinem Geburtstag?
    Simone hat bei ihren Worten ziemlich grimmig geschaut, also wird es sich wohl um etwas handeln, was mich freut und sie ärgert. Arme Simone!
    Auch Maria scheint eingeweiht zu sein. Sie hat Helmut vorhin verschwörerisch zugeblinzelt, aber mir hat sie nichts gesagt. Hier bei uns fliegen die Geheimnisse herum wie draußen die Herbstblätter!
    Ausnahmsweise empfinde ich es als einen Segen, dass die meisten Gäste in den letzten Tagen abgereist sind – das schlechte Wetter in diesem Oktober hat sie vertrieben. So muss ich mich nicht auch noch um die großen und kleinen Probleme und Sorgen fremder Menschen kümmern. Wo mir doch das Herz fast überläuft vor Glück!
    Nun sitze ich wie bestellt und nicht abgeholt in der Bibliothek, während sich Helmut wer weiß wo herumtreibt. Er habe noch etwas zu erledigen, und ich dürfe unter keinen Umständen in unser Zimmer kommen, bevor er mich holt.
    Ehrlich gesagt habe ich eine Vermutung. Mir schwirrt da etwas durch den Sinn, von dem mir ganz schwindlig wird.
    Vor ein paar Tagen habe ich die Quittung eines Liebenzeller Goldschmiedes auf Helmuts Schreibtisch entdeckt. Nicht, dass ich neugierig war oder gar gestöbert hätte! Das würde ich nie tun. Aber ich hatte zuvor meinen Notizblock verlegt und suchte ihn wie die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen. Ich hatte ihn tatsächlich oben im Schlafzimmer liegen lassen, allerdings auf dem Nachttisch. Aber bei meiner Suche bekam ich eben auch jenen kleinen Zettel zu Gesicht.
    Eine Rechnung für zwei Ringe mit Gravur!
    Ich glaubte, mir bliebe das Herz stehen! Eilig schob ich die Quittung unter andere Papiere und sah mich um wie ein Dieb, der auf frischer Tat ertappt wurde.
    Zwei Ringe mit Gravur – das kann doch nur eines bedeuten! Doch bis jetzt habe ich umsonst gehofft, Helmut würde mir durch irgendeine Geste oder eine Andeutung etwas verraten. Er ist wie immer – liebevoll, frech und fröhlich. Womöglich bin ich mit meiner Vermutung doch auf dem Holzweg, und es handelt sich bei dieser Quittung um Ersatzteile für eine wertvolle Uhr. Aber gibt es eigentlich Ringe in einem Uhrwerk?
    Natürlich werde ich Helmut zuliebe ganz erstaunt tun und mir nicht anmerken lassen, dass ich schon etwas geahnt habe. Wo er sich so viel Mühe gibt!
    Ach, ich bin die glücklichste Frau der Welt …
    Rosanna stützte sich auf einen Ellenbogen und beobachtete Helmut, der aus dem Bett kletterte. Die Decke hatte sich als Knäuel um ihre Füße gewickelt. Im blassen Schein der Kerzen wirkte ihre Haut wie feinstes Porzellan. Durch das offene Fenster kroch kalte Herbstluft ins Zimmer, legte sich wie ein feuchter Film auf ihre Haut und ließ ihre Brustwarzen zu zwei festen Knospen werden. Während sich auf Helmuts Rücken eine Gänsehaut bildete, spürte Rosanna die Kälte nicht. Sie war erfüllt von einer Wärme, die sie von innen glühen ließ. Zärtlich strich sie mit einer Hand über Helmuts Rücken.
    Der Verlauf des Abends ließ Rosanna an eine der Operetten denken, von denen ihre Gäste immer erzählten.
    Erster Akt: Wie sie von Helmut mit verbundenen Augen ins Zimmer geführt wurde, das über und über mit Blumen geschmückt war,

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