Antonias Wille
zuerst alles über ihre Begegnung mit Antonia wissen. Julie tat ihm den Gefallen und erzählte. Als sie ihn danach um seine Einschätzung bat, sagte er, er hätte schon wesentlich verrücktere Dinge gehört. AuÃerdem riet er ihr, sich mit dem Anwalt in Verbindung zu setzen, in dessen Auftrag er Julieaufgesucht hatte. Mit Sicherheit läge diesem eine Kopie des Grundbuchs vom »Kuckucksnest« vor, womit sich die Frage nach der Eigentümerschaft klären würde.
»Dann wünsche ich Ihnen viel Spaà bei Ihrem Ausflug in die Vergangenheit!«, sagte er am Ende. Und dass er in nächster Zeit öfter einmal im Südschwarzwald zu tun hätte â vielleicht könnten sie bei solch einer Gelegenheit bei einer Tasse Kaffee über Julies Vorankommen sprechen?
Als Julie ihm antwortete, dass sie sich noch nicht endgültig entschieden habe, lachte er nur und erwiderte: »Was bleibt Ihnen denn anderes übrig? Jetzt, wo Sie von Antonia und ihrem âºKuckucksnestâ¹ wissen, können Sie doch nicht so tun, als ginge Sie dies alles nichts an!«
Schlecht gelaunt blätterte Martina Breuer in ihrem Reservierungsbuch. Gerade einmal vier Zimmer waren belegt, und das im September, der seit ein paar Jahren noch zur Hochsaison zählte.
Die Wirtin schaute aus dem Fenster. Sonnenschein und milde Temperaturen. Ideales Wetter zum Wandern oder, wie es heute hieÃ, zum »Hiking«. Eine Gruppe Radfahrer in bunten Trikots raste die HauptstraÃe entlang. Auch dafür waren ideale Bedingungen. Trockene StraÃen, leichter Wind â Kaiserwetter.
Zum Motorradfahren. Zum Spazierengehen. Oder einfach zum »Die-Seele-baumeln-Lassen«. All das taten die Touristen, jedoch nicht im Gasthof »Fuchsen« mit seinen fünfzehn Fremden- oder, wie man mittlerweile zu sagen pflegte, Gästezimmern.
Unwirsch verscheuchte Martina Breuer eine Biene.
Ganze vier Reservierungen. Das sollte sich der Marketing-Experte einmal ansehen, der ihnen für seine nutzlosen Tipps einen Batzen Geld abgeknöpft hatte! Eine Sauna sollten siebauen. Am besten auch noch ein Heubad. Und zu Kabinen für eine Kosmetikbehandlung hatte er ihnen auch geraten. Rein zufällig kenne er eine patente junge Kosmetikerin, die er vielleicht zu einem Wechsel nach Rombach überreden könne. Gern würde er ⦠Doch die Breuers hatten nur abgewinkt.
Sicher, aus dem »Fuchsen« ein kleines, feines Wellness-Hotel zu machen war keine schlechte Idee, doch wo sie den Platz für all diese Umbauten hernehmen sollten, darauf hatte der »Experte« auch keine Antwort gehabt!
Für den heutigen Freitag lag eine weitere Reservierung vor â die einzige an diesem Wochenende. Eine Einzelbelegung, Abreise unbestimmt. Sie rechne mit zehn Tagen Aufenthalt, es könnten aber auch zwei Wochen werden, hatte die Frau am Telefon gesagt. Eine junge Stimme, hektisch, selbstbewusst, typisch Stadtmensch eben. War auch gleich mit Extra-Wünschen dahergekommen: Hatte wissen wollen, ob es in dem Zimmer einen Schreibtisch oder eine andere Schreibgelegenheit gäbe. Als Martina Breuer verneinte, bat die junge Frau darum, dass man ihr ein entsprechendes Möbelstück ins Zimmer stellte, weil sie Platz für ihren Laptop benötige.
Martina Breuer schnaubte. Laptop! Und sie saà hier und erledigte die ganze Buchhaltung von Hand und nur mit Hilfe einer alten Rechenmaschine, auf deren Tastatur die Ziffer Eins nicht mehr zu sehen war.
Mit einem tiefen Seufzer schlug die Wirtin das Reservierungsbuch zu. Dann ging sie nach hinten in den Hof, um ihren Mann an den Schreibtisch für Zimmer Nummer drei zu erinnern.
Es war später Nachmittag, als sich Julie von Antonia Fahrner vor deren kleinem Häuschen verabschiedete.
Mit einer Bananenkiste unter dem rechten Arm und ihrem Koffer in der linken Hand betrat sie nur wenig später den »Fuchsen«. Ihren Laptop wollte sie anschlieÃend aus dem Auto holen. Zuerst musste sie jedoch Rosannas Tagebücher, die altenFotoalben und weiteres Material, das Antonia für ihre Recherchen hervorgekramt hatte, in ihr Zimmer bringen.
Antonia war natürlich überglücklich gewesen, dass Julie zugesagt hatte. Eine hektische Röte hatte ihr Gesicht überzogen, ihre Augen hatten gestrahlt wie die eines jungen Mädchens. Bei ihrem Anblick war es Julie schwer gefallen zu glauben, dass die alte Dame wirklich todkrank war.
Bei ihrem zweiten
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