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Antonias Wille

Antonias Wille

Titel: Antonias Wille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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stets gab es einen Apfel- oder Napfkuchen als Nachtisch. Wenn die Familie aus der Kirche gekommen war, hatte das Essen schon dampfend auf dem Tisch gestanden. Trotz der aufwändigen Vorbereitungen fand Rosanna fast immer die Zeit, hinten im Garten ein paar Blumen zu pflücken und zu einem Strauß zu binden, der dann die Mitte des Tisches zierte. Am Erntedanksonntag hatte sie sogar einen Kranz aus Weizen und Hafer gebunden und in die Mitte eine Kerze gestellt. So war Rosanna – sie hatte stets ein Auge für schöne Dinge, von denen die Mutter behauptete, dass sie überflüssig seien.
    Obwohl die Zeit meist knapp war, ging es beim Mittagessen oft munter zu: Da wurde bei der Suppe über dieSonntagspredigt gesprochen, mit dem Hauptgericht der Dorftratsch durchgekaut oder über den einen oder anderen Gast gelästert, und zum Nachtisch schmiedeten sie Pläne für die kommende Woche. Manchmal kam gegen Ende des Mahls Kathi mit ihrem Sohn Benjamin auf einen Sprung vorbei. Dann wurde Kaffee gekocht und der inzwischen fast sechs Monate alte Säugling bewundert. Rosanna und Simone hatten sich dabei so manches Mal verstohlene Blicke zugeworfen und die Augen verdreht.
    Abrupt ließ Simone jetzt ihren Löffel fallen und schob den Teller von sich.
    Heute stand die Blumenvase verwaist auf der Fensterbank, und alle löffelten stumm ihre Suppe. Die Sonntagspredigt wurde mit keinem Wort erwähnt.
    Â»Es würde mich schon interessieren, wohin Rosanna gegangen ist«, sagte Margot Breuer schließlich unvermittelt. In ihrer Stimme schwang unverhohlenes Bedauern mit.
    Simone lugte über ihren Teller hinweg zur Großmutter hinüber. Sie war sich nicht sicher, was und wie viel die Alten wussten.
    Â»Wehe, du sagst einen Ton zu den Großeltern!«, hatte die Mutter ihr gedroht und ihr dabei das Ohr so schmerzhaft verdreht, dass Simone noch immer nicht darauf liegen konnte. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Franziska selbst mit der Wahrheit herausgerückt war, denn das hätte ja bedeutet, den allerliebsten Hofengel bloßstellen zu müssen. Also waren die Alten wahrscheinlich ahnungslos. Anton hingegen wusste Bescheid – dass sie ihm gegenüber ebenfalls Stillschweigen bewahren sollte, hatte die Mutter nicht gesagt. Doch kaum hatte Simone ihn aufgeklärt, bereute sie es auch schon. Seine Reaktion war nämlich mehr als dürftig gewesen – ein Schulterzucken, ein leises Murmeln, das ginge ihn alles nichts an. Aber später am Tag hatte er vergessen, Salz an die Mettwurst zu geben, und das Ergebnis war ungenießbar. Und als Zacharias deswegen eine Bemerkung machte, bekamen die beiden einen handfesten Streit. Simone konnte sich nicht daran erinnern, dass Anton dem »gnädigen Hofengel« bisher je einmal widersprochen hätte.
    Stirnrunzelnd schaute sie jetzt zu ihrem Bruder hinüber, der mit verschlossener Miene seine Suppe löffelte. Vielleicht war ihm Rosanna doch nicht ganz gleichgültig.
    Franziska hielt mit dem Suppenlöffel auf halbem Weg zum Mund inne. »Von mir aus kann sie dorthin gegangen sein, wo der Pfeffer wächst! So ein Lumpentier trifft immer wieder seinesgleichen.« Der Löffel verschwand in ihrem Mund.
    Â»Was hast du auf einmal gegen Rosanna?«, fragte ihr Schwiegervater. »Das ist doch ein fleißiges und fröhliches Mädchen.«
    Franziska presste die Lippen zusammen. Es war nicht unüblich, dass sie Fragen oder Bemerkungen ihrer Schwiegereltern einfach ignorierte, wenn sie ihr gerade nicht gelegen kamen.
    Â»Es ist nicht immer alles so, wie’s ausschaut!«, murmelte Gustav, ohne dass die anderen besondere Notiz von ihm nahmen.
    Â»Also mir tut’s auch Leid, dass sie nicht mehr da ist«, bemerkte Anton und fing dafür von Simone einen erstaunten Blick ein.
    Â»Schluss jetzt! Ich will nichts mehr von diesem Weibsbild hören! Sie ist weg, und zwar auf Nimmerwiedersehen. Und das ist auch gut so, sie hat uns genug Ärger gemacht.« Franziska funkelte die Runde böse an, vor allem Simone fixierte sie einen Moment länger als die anderen.
    Â»Und was würdest du sagen, wenn sie doch nicht auf Nimmerwiedersehen fort ist?« Die Worte purzelten aus Simones Mund, bevor sie etwas dagegen unternehmen konnte.
    Ãœberrascht schauten die anderen sie an.
    Â»Was willst du damit sagen?«, fragte Franziska lauernd.
    Simone spürte, wie die Pusteln in ihrem Gesicht zu brennen

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