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Antonias Wille

Antonias Wille

Titel: Antonias Wille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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begannen.
    Â»Nicht jeder ist so gemein wie ihr!« Obwohl sie innerlich bebte, schaute sie der Mutter direkt in die Augen. »Andere haben da, wo ihr den Geldbeutel sitzen habt, ein Herz!«
    Irgendwer ließ vor Schreck seinen Löffel in die Suppe fallen. Ein Spritzer Brühe landete auf der Hand der Großmutter, die einen erschrockenen Zischlaut von sich gab. Doch bevor sieetwas über die Verdorbenheit der heutigen Jugend sagen konnte, spielte Simone ihren Trumpf aus.
    Â»Rosanna ist bei Großvater Karl! Der Moritzhof ist ihr neues Zuhause!«
    Â»Waaas?«, ertönte es aus sechs Kehlen gleichzeitig.

Natürlich hatte ich damit gerechnet, dass irgendwann einmal Franziska auftauchen würde. In einem Dorf wie Rombach verbreiteten sich Nachrichten schneller als ein Waldbrand. Dass es allerdings so bald geschehen würde, hätte ich nicht gedacht.
    Es war Sonntagnachmittag kurz nach drei Uhr, als sie mit einer Miene auf dem Moritzhof ankam, als sei der Leibhaftige in ihr. »Du elendiges Luder!«, zischte sie mir zu, als ich die Tür öffnete. Sie hob die Hand, als wolle sie auf mich losgehen, doch dann besann sie sich eines Besseren und rannte an mir vorbei zu ihrem Vater in die Küche. Von meinem Platz im Flur aus konnte ich jedes Wort hören, das gesagt oder vielmehr geschrien wurde. Es war vor allem Franziska, die laut brüllte. Sie nannte Karl einen alten, verkalkten Mann, der nicht mehr im Vollbesitz seiner Sinne sei. Sie warf ihm vor, das Andenken ihrer Mutter dadurch zu beschmutzen, dass er eine Hure unter seinem Dach dulde. Eine Hure, die ihren Sohn verführt hatte, in der Hoffnung, einmal die Wirtin des »Fuchsen« zu werden. Ich würde ein Kuckucksnest aus dem Moritzhof machen, weil ich meine Brut in ein fremdes, gemachtes Nest setze. Und so weiter und so weiter. Der Hass in ihrer Stimme ließ mir das Blut in den Adern gefrieren.
    Doch plötzlich wurde es ruhig in der Küche, und das Schlagen der Wanduhren zur halben Stunde war das einzige Geräusch, das im Haus zu hören war. Einen Augenblick lang befürchtete ich, etwas Schlimmes sei geschehen – Franziska sei ohnmächtig geworden oder Karl habe einen Herzanfall. Doch kaum war der letzte Glockenschlag verklungen, hörte ich ihn vollkommen ruhig sprechen.
    Â»Bist du jetzt fertig? Dann will ich dir etwas sagen. Hör gut zu, denn ich sage es nur einmal: Nicht ich beschmutze das Andenken deiner Mutter, sondern du! Sie würde sich im Grab herumdrehen, wenn sie wüsste, was für ein herzloser Mensch du geworden bist.Und nun geh! Du bist zwar meine Tochter, aber ich will dich hier nie wieder sehen!«
    Franziska schien nicht gleich zu reagieren, denn Karl wiederholte seine letzten Worte noch einmal lauter. Das reichte, um mich aus meiner Erstarrung erwachen zu lassen. Ich versteckte mich hinter der Tür zur guten Stube, denn ich wollte Franziska auf keinen Fall unter die Augen treten.
    Â»Glaube nicht, dass in dieser Sache das letzte Wort gesagt ist!«, schrie sie, dann hörte ich die Haustür schlagen.
    Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Meinetwegen hatte sich Karl mit seiner Tochter überworfen. Ich fühlte mich elend.
    Schließlich ging ich in die Küche. Die Luft dort war geladen wie vor einem Gewitter. Mir wurde schwindlig, und ich riss trotz der Kälte und des Nebels draußen eines der Fenster auf. Karl saß über seine Zeitung gebeugt, als sei nichts gewesen. Sein zerfurchtes Gesicht war jedoch blass, und in seinen Augen spiegelte sich bittere Enttäuschung wider. Ich stammelte etwas vor mich hin, doch Karl schüttelte unwirsch den Kopf. Weil mir nichts Besseres einfiel, nahm ich die Schnapsflasche vom Fensterbrett und schenkte uns beiden ein Glas ein. Während ich nur daran nippte, kippte Karl die Flüssigkeit in einem Zug hinunter und füllte das Glas dann erneut. Ich wartete darauf, dass er auf Franziska zu sprechen kam. Stattdessen schien er bewusst ein anderes Thema zu suchen, denn er wedelte mit seiner Zeitung.
    Â»Manche Schreiberlinge sollte man an einem Baum aufhängen, statt für ihre Worte wertvolles Holz zu opfern! Aber es stehen auch einige interessante Dinge drin. Zu schade, dass du zu dumm bist, um lesen zu können«, knurrte er und bedachte mich mit einem unfreundlichen Blick.
    Ich fuhr zusammen, als hätte er mich geschlagen. Er war also doch wütend auf mich!
    Plötzlich klatschte er laut in die

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