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Antonias Wille

Antonias Wille

Titel: Antonias Wille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Simone nicht –, sondern in den Räumlichkeiten der Dorfschule, erzählte sie mir ebenfalls. Sie bestellte mir außerdem Grüße von Margret, die sich immer wieder nach meinem Wohlbefinden erkundigte. Auch einige der Gäste würden regelmäßig nach mir fragen, aber weder von Katharina noch von Franziska eine Antwort darauf bekommen. Einmal brachte Simone mir einen Tiegel Creme von Gottlieb König mit – »Gegen raue Hände im Winter«. Als ich die krakelige Schrift auf dem Tiegel sah, verzog ich wehmütig das Gesicht. Dass der alte Kerl mich vermisste, glaubte ich sofort. Mehr als einmal hatte ich den »Fuchsen«-Wirt überredet, anstelle einer Bezahlung Kräuter-Arzneien von Gottlieb König anzunehmen. Wahrscheinlich hatte er bei Zacharias nicht mehr solch ein leichtes Spiel und musste für sein Bier bezahlen wie jeder andere auch.
    Von Simone wusste ich, dass Zacharias längst der »Fuchsen-Wirt« war, zumindest inoffiziell. Gustav Breuer hatte noch immer seine verwirrten Anfälle, daran änderte auch der Besuch bei einem Freiburger Arzt für Geisteskrankheiten nichts.
    Etwas stieß mir in jenen Tagen sauer auf: die Art, wie Simone ihrem Großvater gegenüber auftrat und wie sie über ihn sprach. Wenn er nach mir rief, sagte sie: »Was will er denn jetzt schon wieder, der alte Kauz?« Und wenn das Wetter schlecht war oder seine Rückenschmerzen ihn von der Arbeit draußen abhielten und er sich ausnahmsweise einmal zu uns setzte, dann warf sie ihm böse Blicke zu. Als ob er schuld daran sei, dass ich nicht mehr unten im Dorf wohnte! Da konnte ich noch so oft sagen, wie gern ich bei Karl lebte. Ich glaube, das war für Simone das Schlimmste: dass es mir offensichtlich gut ging. Sie war eifersüchtig auf mein friedliches Leben bei ihrem Großvater.
    An manchen Tagen konnte ich den Blick aus dem Fenster kaum ertragen: Weiß in allen Schattierungen, wohin man schaute. Graues Weiß, wo der Rauch aus unserem Kamin den Schnee verschmutzt hatte, das schrille Weiß des Neuschnees, schattiges Weiß in den Wipfeln des Waldes, wo das dunkle Grün der Tannen durchdrang. Auch am Himmel war nur selten einmal erfrischendes Blau zu sehen, dafür umso mehr Grautöne. Ich war so ausgehungert nach Farben, dass ich eines Tages alle möglichen Stoffe aus dem Schrank holte und Stühle, Sofas und Tische damit herausputzte. Karl fragte am Abend, ob wir unter die Zigeuner gegangen seien, und meinte, dass ihm von den vielen Mustern ganz schwindligwerde. Das sei kein Schwindel, antwortete ich ihm, sondern die belebende Wirkung schöner Farben. Seinen schrägen Blick übersah ich geflissentlich.
    Mein Bauch wuchs. Das Kind darin nahm Gestalt an und war äußerst lebhaft. Langsam wurde mir klar, dass ich bald nicht mehr allein sein würde. Ich begann mich darauf zu freuen …
    Â»Wissen Sie, was heute für ein Tag ist?«, fragte Rosanna eines Morgens beim Frühstück.
    Karl Moritz schüttelte den Kopf.
    Â»Der zweite Februar – Lichtmess!«
    Â»Ach, daher weht der Wind. ›An Lichtmess die Magd die Spindel vergess, der Knecht ein Stück Brot mehr ess!‹ Heute ist der Tag, an dem die unzufriedenen Dienstboten ihr Bündel packen. Willst du mir damit sagen, dass ich deinen Lohn erhöhen soll?« Karls Augenbrauen hüpften wie zwei kleine struppige Tiere in die Höhe.
    Â»Ach was!« Rosanna spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht schoss. »Wie können Sie so etwas annehmen? Mir ist sowieso nicht recht, dass Sie mir jeden Monat so viel Geld geben und dazu noch freie Kost und Logis. Ich brauche das Geld doch gar nicht!«
    Â»Eines Tages brauchst du es vielleicht. Außerdem soll man Geld – wenn es einem angeboten wird – nie ablehnen! Aber was wolltest du denn sagen?«
    Triumphierend hob Rosanna einen Korb in die Höhe, den sie neben der Eckbank abgestellt hatte. Einige unterschiedlich dicke Kerzen, die sie beim Saubermachen in einem der vielen Schränke gefunden hatte, lugten hervor.
    Â»Heute werden in der Kirche doch die Kerzen fürs ganze Jahr geweiht. Ich habe beschlossen hinzugehen, weil ich eine Taufkerze weihen lassen möchte. Dann bin ich gerüstet, wenn’s so weit ist!«
    Auf ihrem Gesicht breitete sich ein warmes Lächeln aus, dasallerdings im nächsten Moment schon wieder erlosch. Rosanna seufzte.
    Â»Ich kann mich nicht

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