Anubis 02 - Horus
hatte er einfach Glück«, antwortete Bast spröde. »Oder wer immer ihn und seine Bande aufgemischt hat, wurde gestört … was weiß ich.« Sie machte eine unwillige Handbewegung. »Aber ich bin nicht hier, um über Roy zu reden.«
»Sondern?«
»Über dich, Isis«, antwortete Bast ernst. »Komm zurück! Ich weiß nicht, warum Horus und Sobek wirklich hier sind, aber ich habe kein gutes Gefühl dabei.«
»Du meinst, ich wäre in Gefahr?« Isis lachte leise. »Nicht doch, Schwesterchen. Du hast mir doch gerade selbst gesagt, dass er niemals die Hand gegen einen von uns erheben würde. Und schon gar nicht gegen seine Geliebte. «
Allein die Art, auf die sie dieses Wort betonte, ließ Bast schon wieder unmerklich zusammenfahren. Verdammt, ja, sie hatte sich mit Horus eingelassen, und es war nicht nur eine Enttäuschung gewesen, seither war kaum ein Tag vergangen, an dem sie es nicht bereut hatte. Und es war so lange her!
»Ich dachte, du hättest mir verziehen«, sagte sie. »Mehr als dich um Verzeihung bitten kann ich nicht.«
»Verzeihung?« Isis spielte perfekt die Überraschte. »Da gibt es nichts zu verzeihen. Von mir aus kannst du Horus haben und irgendwo auf der Welt eine Dynastie mit ihm gründen. Er ist mir vollkommen egal – und das war es auch schon, bevor du dein Interesse an ihm entdeckt hast, Schwester.«
»Vielleicht sieht er das ja nicht so«, antwortete Bast. Sie klang plötzlich ebenso spröde und abweisend wie Isis, aber insgeheim war sie erleichtert. Isis’ Worte waren aufrichtig gemeint; ganz bewusst verletzend vielleicht, aber ehrlich. »Und selbst wenn doch … du solltest nicht hierbleiben. Ich bin nicht ganz sicher, ob sie mir das alles nicht nur vorgespielt haben, um mich zu provozieren, aber wenn nicht …« Sie hob die Schultern. »Du kennst Horus besser als ich. Ich fürchte, Sobek und er befinden sich auf irgendeinem verrückten Kreuzzug.«
»Jetzt übernimmst du schon ihren Wortschatz«, sagte Isis spöttisch. »Aber dann solltest du das auch richtig tun. Sie waren es, die die Kreuzzüge gegen uns geführt haben, nicht umgekehrt.«
»Du weißt, wovon ich rede.«
»Ja. Von Horus und seiner alten Lieblingsidee, dass sie kein Recht haben, unsere Geschichte zu plündern. Irgendwie kann ich das nachvollziehen. Warst du schon einmal im Britischen Museum?«
»Heute, ja«, antwortete Bast. Sie behielt Isis’ Gesicht bei diesen Worten aufmerksam im Auge, aber wenn sie wusste, was heute Morgen wirklich geschehen war, so hatte sie sich meisterhaft in der Gewalt.
»Dann weißt du, dass er recht hat«, sagte Isis. »Horus ist nicht der Einzige, der nicht glücklich darüber ist, die heiligsten Stätten unseres Volkes entweiht zu sehen, aber keine Sorge …«, sie hob rasch die Hand, »… ich halte ihn für genau so verrückt wie du. Die Zeiten wandeln sich.«
»Horus ist nicht verrückt, er ist gefährlich«, erwiderte Bast ernst. »Für uns alle. Auch für dich. Er kann diesen Krieg nicht gewinnen.«
»Ich fürchte, damit hast du recht«, seufzte Isis. »Aber er wird wohl auch der Erste sein, der es merkt.«
»Es könnte unser aller Untergang sein«, antwortete Bast so ernst, wie sie nur konnte. »Wir haben all die Jahrhunderte überlebt, weil niemand von unserer Existenz wusste. Wenn Horus diesen verrückten Krieg anfängt; dann könnte sich das ändern. Und wenn die Menschen erst einmal wissen, dass es uns gibt, dann ist es vorbei.« Ihre Stimme wurde leiser und nahm zugleich einen fast beschwörenden Ton an. »Komm mit mir, Isis.«
»Und wohin?«
»Zuerst einmal zurück in unsere Heimat, wo wir hingehören.«
»Wo wir hingehören«, wiederholte Isis spöttisch. Sie trank einen gewaltigen Schluck aus ihrem Bierkrug, obwohl Alkohol auf sie ebenso wenig Wirkung hatte wie auf Bastet oder irgendeinen anderen aus ihrer Familie. Sie schüttelte heftig den Kopf. »Wer hat dich geschickt? Amun oder Ra selbst?«
»Niemand hat mich geschickt«, antwortete Bast, ebenso nachdrücklich wie falsch. Tatsächlich hatten Ra und die anderen sie gebeten, Isis zurückzuholen, aber es wäre nicht nötig gewesen. Sie wäre auch von sich aus gegangen. »Aber sie haben recht. Du hast es selbst gesagt: Die Zeiten ändern sich. Wir sollten uns zurückziehen und warten, bis alles vorüber ist, wie wir es schon so oft getan haben.«
»Bis was vorüber ist?«
»Das alles hier«, antwortete Bast ernst. »Diese Kultur wird untergehen, wie alle anderen vor ihr. Willst du mit ihr untergehen?«
»Ich
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