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Anubis 02 - Horus

Anubis 02 - Horus

Titel: Anubis 02 - Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Moment lang konzentriert in ihn hinein. Roys Herz schlug so langsam und schwach, dass sie sich konzentrieren musste, um seinen Puls überhaupt noch zu spüren. Er lebte, aber wie lange noch? Die Flamme war fast erloschen.
    Und dann tat sie etwas, was sie selbst vielleicht am allerwenigsten verstand: Sie gab Roy ein wenig von der geraubten Kraft zurück. Nicht viel; nicht einmal annähernd so viel, wie sie genommen hatte, aber doch genug, um aus dem erlöschenden Funken wieder eine Flamme zu machen, die weiter brennen würde.
    Roy gab ein halblautes, seufzendes Stöhnen von sich und bewegte den Kopf, wachte aber nicht auf, und Faye sah sie aus großen Augen an. »Was hast du gemacht?«
    »Nichts«, antwortete Bast ebenso abweisend wie wenig überzeugend. »Aber ich schätze, dass er bald aufwacht. Weißt du irgendeine stille Ecke, wo wir ihn ablegen können?«
    Faye nickte. »Ja, aber …«
    »Dann geh hinaus und sieh nach, ob die Luft rein ist«, fiel ihr Bast ins Wort. »Bevor es hell wird.«
    Faye wirkte zwar beinahe noch verärgerter, wandte sich aber gehorsam zur Tür und verschwand für einen Moment auf dem Hof. Als sie zurückkam, wirkte sie besorgt, gab ihr zugleich aber auch mit einem wortlosen Nicken zu verstehen, dass alles in Ordnung war.
    »Dann hilf mir.« Bast hätte Roy ohne Probleme allein tragen können, aber Faye war auch so schon misstrauisch genug. Gemeinsam trugen sie ihn aus der Wohnung und über den kleinen Innenhof, wo Faye ihr für einen Moment Roys Gewicht allein überließ, um einen weiteren, sichernden Blick auf die Straße hinauszuwerfen.
    »Alles ruhig«, sagte sie, als sie zurückkam. »Aber beeilen wir uns trotzdem lieber. Es wird gleich hell.«
    Und es war auch nicht annähernd so ruhig, wie Faye glaubte. Hinter den meisten Fenstern brannte bereits Licht – zum allergrößten Teil Petroleum – und auch ein paar vereinzelte Gaslampen, nicht der flackernde Kerzenschein, der die ärmlichen Wohngegenden kennzeichnete –, und Bast spürte das erwachende Leben überall ringsum. Und sie spürte auch, dass ihnen zumindest ein Augenpaar ebenso überrascht wie misstrauisch folgte. Aber daran konnte sie nichts ändern. Und vielleicht war der Anblick eines bewusstlosen Mannes, der aus dem Haus getragen wurde, in diesem Viertel ja nicht so außergewöhnlich.
    Bevor sie die Toreinfahrt verließen, bedeutete sie Faye, Roy auf die Füße zu stellen und sich seinen Arm um die Schulter zu legen; sie selbst ergriff seinen anderen Arm und legte die freie Hand so um seine Hüften, dass sie den allergrößten Teil seines Gewichts stützen konnte. Sollte jetzt jemand aus dem Fenster sehen oder unversehens in die Straße einbiegen, dann würde er nur zwei Frauen erblicken, die einen Betrunkenen nach Hause brachten. Bast tadelte sich selbst im Stillen dafür, nicht gleich auf diesen Gedanken gekommen zu sein.
    »Dort drüben.« Faye machte eine Kopfbewegung zur anderen Straßenseite. Die Häuser dort lagen noch in vollkommener Dunkelheit da – seltsamerweise brannte hinter keinem einzigen Fenster dort drüben ein Licht –, aber sie erspähte eine schmale Gasse, die Faye nun ansteuerte. Wie Faye gesagt hatte, war die Straße vollkommen leer, aber sie spürte eine allgemeine Unruhe, die wie eine knisternde Spannung in der Luft lag.
    Sie erreichten ihr Ziel unbehelligt. Faye, die bereits unter Roys Gewicht wankte, obwohl Bast den allergrößten Teil davon trug, wollte ihn unverzüglich zu Boden sinken lassen, doch Bast schüttelte nur den Kopf und deutete tiefer in die Gasse hinein. Selbst ihre scharfen Augen erkannten dort nichts außer vollkommener Schwärze, aber sie hörte das erschrockene Pfeifen einer Ratte und dann das hastige Davonhuschen winziger Pfoten.
    Die Gasse erwies sich als kaum meterbreite Baulücke zwischen zwei Häusern, die nach einem knappen Dutzend Schritte vor einer windschiefen Bretterwand endete. Faye ließ Roys Arm mit einem hörbaren Seufzer von der Schulter rutschen und sank selbst zitternd gegen die Mauer, während Bast Roy wenig sanft zu Boden sinken ließ und sich fragte, ob die Ratte wohl zurückkommen und sich an der unerwarteten Mahlzeit gütlich tun würde.
    »Und … jetzt?«, fragte Faye atemlos.
    »letzt gehst du nach Hause«, antwortete Bast, »und ich auch. Mach dir keine Sorgen«, kam sie Fayes nächster Frage zuvor. »Er wird sich an nichts erinnern, wenn er aufwacht.« Wenn er aufwachte. Ganz sicher war sie immer noch nicht.
    »Und du?« Faye sah unsicher auf den

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