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Anubis 02 - Horus

Anubis 02 - Horus

Titel: Anubis 02 - Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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verschlossen, die dritte nur angelehnt, und die unterbrochene Spur führte in die wattige Dunkelheit dahinter. Selbst Bast war erstaunt über die Menge an Blut, die Sobek verloren hatte. Abberlines Kugel musste sein Herz nur um Haaresbreite verfehlt haben.
    Wieder vibrierte der Boden unter ihren Füßen; sacht, zugleich aber auch zu deutlich, um es diesmal als bloße Einbildung abtun zu können. Hinter der offen stehenden Tür jedoch war nichts außer einer steilen, sehr schmalen Treppe, die scheinbar unendlich weit in die Tiefe führte.
    »Ich hatte recht«, sagte Abberline zu sich selbst. »Die Tube. Verdammt!«
    »Was genau ist das?«, fragte Bast.
    Sie bekam keine Antwort – sie hatte auch nicht wirklich damit gerechnet – und auch keine Gelegenheit, eine weitere Frage zu stellen, denn Abberline eilte jetzt so schnell die Treppe hinab, als versuche er ernsthaft, den Lichtstrahl seiner eigenen Lampe zu überholen. Vielleicht erlag er dem – verständlichen – Irrglauben, dass seine Beute langsamer werden musste, bei der gewaltigen Menge an Blut, die sie verlor. Bast wusste, dass es nicht so war; im Gegenteil. Jeder Moment, der verging, war ein gewonnener Moment für Sobek. Er wurde stärker, nicht schwächer. Aber allein der Umstand, dass er noch nicht hier war, um die Sache zu Ende zu bringen, deutete darauf hin, dass er sich erst einmal zurückgezogen hatte, um seine Wunden zu lecken und wieder zu Kräften zu kommen.
    Die Treppe führte schier endlos weit in die Tiefe. Bast hatte nicht wirklich darauf geachtet, schätzte aber, dass sie sich mindestens fünfzig, wenn nicht sechzig oder mehr Fuß tief unter den Straßen der Stadt befanden, bevor die Treppe endlich in einen gemauerten Gang mündete, der so niedrig war, dass selbst Abberline sich bücken und Jones seinen Helm absetzen musste, um nicht dagegenzustoßen.
    »Wohin führt dieser Gang?«, fragte Bast.
    Abberline hob zögerlich die Schultern und richtete den Lichtstrahl seiner Lampe tiefer in das unheimliche Schwarz vor ihnen. Der flackernde Strahl enthüllte einen niedrigen, stockfinsteren Gang, der alles andere als vertrauenerweckend aussah. Er war so niedrig, dass selbst ein normal gewachsener Mann nur gebückt darin gehen konnte, und weniger als zwei Fuß breit. Unter der Decke hingen uralte Kabel und Rohrleitungen, deren Enden offensichtlich mit roher Gewalt abgerissen worden waren.
    »Ich bin nicht ganz sicher«, gestand er. »Das hier unten ist das reinste Labyrinth. Sie bauen seit Jahrzehnten an der Tube. Niemand weiß mehr genau, wie viele dieser Gänge und Stollen es gibt oder wohin sie führen.«
    »Dann sollten wir kehrtmachen«, schlug Bast vor, eigentlich nur der Ordnung halber. Der Inspektor schenkte ihr auch nur einen flüchtigen Blick, hob seine Lampe ein wenig und machte einen ersten, allerdings sehr zögerlichen Schritt in den Tunnel hinein, bevor er wieder stehen blieb und sie erneut und diesmal auf eine ganz andere Art fragend ansah.
    »Können Ihre … Freunde zufällig auch durch Wände gehen?« Bast machte sich nicht einmal die Mühe, darauf zu antworten, und Abberline nickte zufrieden. »Das hatte ich gehofft. In diesem Fall gehen wir weiter.«
    »Warum?«
    »Weil das die einzige Richtung ist«, antwortete Abberline. »So schwer verletzt, wie der Kerl ist, kann er nicht mehr allzu weit kommen.«
    Bast schwieg. Dieser finstere Tunnel gefiel ihr nicht. Sie hatte das Gefühl, dass in dieser wattigen Dunkelheit irgendetwas lauerte. Plötzlich war sie froh, dass ihr Abberline in diesem Moment nicht direkt ins Gesicht sah, denn diese Dunkelheit machte ihr Angst.
    »Wir können natürlich auch hier bleiben und darauf hoffen, dass er irgendwann aufgibt und einfach zurückkommt«, meinte Abberline spöttisch, als hätte er ihre Gedanken gelesen.
    Bast würdigte diese Bemerkung nicht einmal einer Antwort, sondern zuckte nur demonstrativ resignierend mit den Schultern und wollte geduckt als Erste in den niedrigen Gang treten, doch Abberline schüttelte rasch den Kopf. »Es ist besser, wenn ich vorausgehe«, sagte er. »Der Weg ist unter Umständen nicht ganz so ungefährlich, wie er aussieht.«
    Bast fragte sich, wie er auf die Idee kam, dass die Dunkelheit, die vor ihnen lauerte, in irgendeiner Art ungefährlich wirkte. All ihre Instinkte warnten sie davor, auch nur einen einzigen Schritt in diese klaustrophobische Schwärze hinein zu tun.
    Gehorsam trat sie beiseite, damit Abberline vorausgehen konnte. Als er seine Lampe hob und die

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