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Anubis 02 - Horus

Anubis 02 - Horus

Titel: Anubis 02 - Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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»Wieso?«
    Der Mann setzte zu einer Antwort an, beließ es aber dann bei einem fast verächtlichen Verziehen der Lippen. Sein Blick saugte sich erneut und dieses Mal ganz unverhohlen an ihrem Kleid fest, als er mit einer Kopfbewegung hinter sich wies. »Das ist gleich dort hinten. Aber Sie sollten nicht allein dorthin gehen.«
    »Dann begleiten Sie mich doch«, schlug Bast vor.
    »Das ist eigentlich nicht mein …« Er brach ab, räusperte sich und sah plötzlich aus, als wäre ihm etwas eingefallen. »Selbstverständlich, Miss.«
    Als sie losgingen, hielt er ihr sogar den Arm hin, aber Bast schlug das Angebot mit einem wortlosen Kopfschütteln aus. Das Wühlen und Reißen in ihrem Inneren hatte sich ein wenig beruhigt, aber sie wusste nicht, was passieren würde, wenn sie ihn wirklich berührte.
    Sie passierten die Pubs und Lokale in raschem Tempo, und Bast ließ ihre Sinne vorsichtig schweifen. Wie sie erwartet hatte, spürte sie rein gar nichts von Isis’ Nähe, was bedeutete, dass sie entweder nicht hier war oder sich überaus sorgsam abschirmte – das eine wäre ärgerlich, die zweite Möglichkeit höchst sonderbar und vielleicht sogar ein bisschen beunruhigend –, aber ihr allererster Eindruck von diesem Ort bestätigte sich noch. Auch wenn sie sich normalerweise hütete, solche Begriffe vorschnell zu benutzen: Dies hier war ein Sündenpfuhl, die britische Variante von Sodom und Gomorrha, und je länger sie lauschte, desto mehr stieß es sie innerlich ab. Bast war nicht prüde, und Lust oder auch nur Genüsslichkeit war ihr keineswegs fremd, ganz im Gegenteil. Aber das, was sie nun fühlte war … anders. Dumpf, wie ein Geräusch, das man unter Wasser hörte und dem jede Höhe und jegliche Klarheit fehlte. Ihr war, als bewegte sie sich durch einen Sumpf, aus dem ein unsichtbares fauliges Gas sickerte, welches ganz langsam ihre Sinne zu verwirren begann.
    Der Bobby blieb stehen. »Da wären wir.«
    Mittlerweile hatten sie den hell erleuchteten Bereich der Straße hinter sich gelassen, und Bast sah erst jetzt, dass es auch hier Licht gab, auch wenn hier nur jede fünfte Laterne brannte … und zwar genau jede fünfte, nicht ungefähr – was ganz gewiss kein Zufall war, sondern wohl eher eine Sparmaßnahme der Stadt, der die Sicherheit der Menschen in diesem Viertel nicht übermäßig am Herzen zu liegen schien.
    Es war dennoch weder vollkommen dunkel noch gänzlich einsam. Hinter dem einen oder anderen Fenster brannte Licht, und obwohl sich Bast nun wohlweislich auf ihre – wenngleich sehr scharfen – rein menschlichen Sinne beschränkte, sah sie hier und da schattenhafte Bewegung, eine Gestalt in der Dunkelheit oder ein Huschen am Rande der dunstigen Lichthöfe, die die wenigen Straßenlaternen erzeugten, oder hörte Geräusche, die zumeist sehr eindeutig waren.
    Sie befanden sich in der dunkleren und eindeutig billigeren Verlängerung der Straße, in der Arthur sie abgesetzt hatte, und das Haus mit der Nummer neunzehn – die im Übrigen tatsächlich nirgendwo zu lesen war – passte zu dieser Beschreibung: ein heruntergekommener unverputzter Ziegelsteinbau mit halb eingesunkenem Dach und Wänden, in denen sich längst der Schwamm eingenistet hatte. Die Fensterläden waren ausnahmslos geschlossen, ließen aber, so verrottet, wie sie waren, trotzdem das unstete rote Licht hindurch, das im oberen Geschoss des Hauses brannte. Das untere Stockwerk des Hauses war dunkel, und die wenigen Fenster waren roh mit Brettern vernagelt, und das allem Anschein nach schon seit Jahren. Eine schmale hölzerne Treppe mit einem Geländer, das ganz so aussah, als ob man es besser nicht als Stütze nehmen sollte, führte in halsbrecherischem Winkel nach oben und mündete vor einer Tür, die von zwei trübe glimmenden Gaslaternen flankiert und von einem vierschrötigen Kerl bewacht wurde, der selbst in der Dunkelheit und als bloßer Schatten beeindruckend wirkte.
    »Was genau suchen Sie hier, Ma’am?«, erkundigte sich ihr unfreiwilliger Führer.
    »Es ist gut, Konstabler«, antwortete sie. »Danke, dass Sie mich begleitet haben. Von hier aus komme ich allein zurecht.«
    »Sind Sie sicher, dass …«
    »Ja, ich bin sicher«, unterbrach ihn Bast eine Spur schärfer. »Gehen Sie nach Hause und kümmern Sie sich um Ihre Frau und Ihre Kinder.«
    Der Bobby sah sie noch einen halben Atemzug lang hoffnungslos verstört an und hatte es dann plötzlich sehr eilig, ihrem Befehl Folge zu leisten – denn um nichts anderes hatte es sich

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