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Anubis 02 - Horus

Anubis 02 - Horus

Titel: Anubis 02 - Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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einen blitzartigen heimtückischen Stich gegen ihren Unterleib, der sie um ein Haar aufgespießt hätte, obwohl sie darauf vorbereitet gewesen war. Er war trotz allem noch immer schnell. Verdammt schnell.
    Bast sprang einen hastigen Schritt zurück und wäre um ein Haar ausgeglitten – unter der dünnen Schneedecke war der Stein der Balustrade spiegelglatt gefroren. Horus nutzte natürlich auch diesen winzigen Vorteil aus und führte einen weiteren Hieb gegen ihre Schulter, der sie zwar knapp verfehlte, aber ihren Mantel und den Stoff ihres Kleides darunter aufschlitzte.
    Bast tänzelte rasch ein weiteres halbes Dutzend Schritte zurück, täuschte einen Tritt gegen sein linkes Knie an, und als er darauf tatsächlich sein Schwert senkte, erwischte sie ihn mit einem wuchtigen Faustschlag an der unverletzten Schläfe. Horus taumelte zurück und fiel unsanft auf den Hosenboden, als Bast ihm nun doch den Tritt versetzte, den sie ihm gerade schuldig geblieben war. Sie verzichtete darauf, ihm nachzusetzen und sich dabei womöglich selbst an seinem Schwert aufzuspießen.
    »Das war … nicht schlecht«, ächzte er. »Dürfte ich vielleicht auf deinen Vorschlag mit den gefesselten Händen zurückkommen?«
    »Kaum«, sagte Bast kalt. »Steh auf.«
    »Frauen«, grollte Horus. »Man kann so alt werden, wie man will, aber man wird trotzdem nie schlau aus ihnen.«
    Diesmal war Bast besser vorbereitet und wich dem Schwertstreich mit einem raschen Schritt aus, mit dem er nach ihren Knöcheln zielte – wuchtig genug, um ihr einen Fuß abzutrennen, wenn nicht gar beide. Horus war auf den Beinen, noch bevor sie ihr Gleichgewicht endgültig wiedergefunden hatte, stieß ihr die linke Faust vor die Brust und führte mit der anderen einen gewaltigen Schwerthieb nach ihrer Schulter. Ebenso gut – sogar bequemer und weitaus schneller, hätte er nach ihrem Hals zielen und sie enthaupten können, aber aus irgendeinem Grund wollte er sie immer noch nicht töten.
    Sein Pech.
    Bast wich dem Hieb aus, und die Klinge prallte funkensprühend gegen das Geländer und wäre ihm fast aus der Hand geprellt worden. Bast half der Entwicklung noch ein bisschen nach, indem sie ihm die versteiften Finger der Linken gegen den Adamsapfel ramm te, nach seinem Handgelenk griff und es mit einem harten Ruck brach. Horus krümmte sich nach Luft japsend und ließ das Schwert fallen, und Bast fing es auf und sprang hastig einen Schritt zurück.
    Horus sank kraftlos auf die Knie, klammerte sich am Geländer fest, um nicht endgültig zu Boden zu gehen und kämpfte sekundenlang verzweifelt darum, nicht das Bewusstsein zu verlieren. Er gewann diesen Kampf, aber nur mühsam, und er brauchte all seine Kraft, um sich wieder in die Höhe zu ziehen.
    »Also gut, ich gebe mich geschlagen«, stöhnte er. »Du bist die Bessere, ich gebe es zu. Du hattest auch recht: Ich hätte das nicht tun sollen. Es tut mir leid. Aber jetzt lass es gut sein. Ich finde, dass du es allmählich wirklich übertreibst.«
    Bast schlug ihm den Handrücken ins Gesicht; nicht einmal besonders hart – aber Horus reagierte genau so, wie sie erwartet hatte, und versuchte ihre Hand zu packen und festzuhalten. Bast verdrehte ihm umgekehrt blitzschnell den Arm, ergriff ihn an Hose und Kragen und stemmte ihn mit einer einzigen Anstrengung hoch über den Kopf.
    Horus keuchte. »Bastet!«, brüllte er. »Was soll das? Das ist jetzt aber mehr …«
    Bast schleuderte ihn über das Geländer in die Tiefe.
    Horus’ Schrei war noch für einen Moment zu hören, selbst als sein schwarzer Umriss schon längst von der Nacht verschlungen worden war, aber dann verklang auch er. Bast beugte sich vor und lauschte einen Moment angestrengt auf das Geräusch des Aufpralls, aber alles, was sie hörte, war das monotone Geräusch der Stadt und das leise Wimmern des Windes.
    Sonst war nichts mehr.
    Sie hatte nicht erwartet, so etwas wie Triumph zu empfinden oder auch nur Erleichterung. Vor nicht einmal einem Tag hatte sie schon einmal geglaubt, er wäre gestorben, und da hatte ihr dieser Gedanke zu schaffen gemacht, ganz gleich, was er ihr auch zuvor angetan hatte. Aber da war sie ja auch noch Bastet gewesen, nicht Sachmet.
    Sie blieb so lange mit den Unterarmen auf das geschmiedete Geländer gestützt stehen und starrte in die Tiefe, bis die Kälte sie zurück in die Kuppel trieb. Horus’ Schwert ließ sie liegen. Irgendwann morgen früh würde ein ziemlich verdutzter Tourist hier heraufkommen und die Waffe finden und

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