Anubis 02 - Horus
war und weder hierher noch in diese Uniform gehörte. Aber er nahm seine Pflicht ernst. Ihr Anblick verwirrte ihn nach wie vor, doch er unterdrückte seine Furcht und sagte: »Darf ich Sie nach Ihrem Namen und dem Grund Ihres Hierseins fragen, Ma’am?«
»Warum?«, erkundigte sich Bast.
»Es ist ein Verbrechen geschehen, Ma’am«, antwortete er ruhig, aber auch in sehr entschiedenem Tonfall. »Wir haben Anweisung, die Personalien eines jeden aufzunehmen, der sich im Moment hier aufhält. Es tut mir leid, wenn ich Ihnen damit Umstände bereite, aber Sie tragen damit vielleicht zur Aufklärung eines Verbrechens bei.«
»Was für ein Verbrechen?«, erkundigte sie sich. Sie sah erneut zu der Menge der Gaffer hin, konnte aber auch jetzt kaum etwas erkennen.
»Ein Mord, Ma’am«, antwortete der Konstabler. »Eine Straßendirne wurde ermordet.«
Das Wort war nicht abwertend gemeint gewesen, oder gar überheblich. Es war eine bloße Feststellung.
»Wenn ich Sie also um Ihre Legitimation bitten dürfte? Sie wissen doch hoffentlich, dass Sie als ausländischer Staatsbürger verpflichtet sind, Ihre Papiere ständig bei sich zu tragen?«
Bast hatte das nicht gewusst, aber es überraschte sie auch nicht sonderlich. Das Problem war eher, dass sie keine Papiere hatte, weder bei sich, noch in der Pension. Sie besaß keine.
»Und … wenn ich sie nun leider Gottes nicht bei mir hätte?«, fragte sie mit dem unschuldigsten Augenaufschlag, den sie zustande brachte.
Und der leider nicht besonders viel nutzte. »In diesem Fall müsste ich Sie bitten, uns zur Wache zu begleiten, um Ihre Identität festzustellen, Ma’am«, antwortete der Polizist. »Natürlich handelt es sich nur um eine Formalität, aber ich habe meine Befehle.« Er klang aufrichtig bedauernd, aber zugleich auch nicht so, als würde er auch nur einen Zoll von seiner Position abweichen. Und damit hatte sie ein Problem. Anders als seinen Kollegen gestern konnte sie ihn nicht einfach zwingen, zu vergessen, dass er sie überhaupt gesehen hatte. Es waren einfach zu viele Zeugen da, die sie unmöglich alle unter ihren Einfluss bringen konnte.
Aber sie konnte etwas anderes tun.
Bast öffnete ihren Beutel und suchte nach irgendetwas, was sie ihm hinhalten und wovon er später Stein und Bein schwören würde, dass es sich um ein in einer ihm vollkommen fremden Sprache abgefasstes Ausweisdokument gehandelt hätte, und hinter ihr sagte eine Stimme: »Gibt es ein Problem, Konstabler?«
Der Bobby legte ärgerlich die Stirn in Falten, und Bast drehte sich mit einem Ruck herum und erstarrte.
»Kapitän Maistowe! Aber … aber was … tun Sie denn hier?«
Er konnte gar nicht hier sein! Das war unmöglich!
»Ihnen helfen, meine Liebe«, antwortete Maistowe lächelnd. »Und wie es aussieht, scheint das ja wohl auch vonnöten zu sein.« Sein Lächeln erlosch, als er sich wieder an den Streifenbeamten wandte. »Wo ist das Problem, Konstabler …«
»Stowe«, antwortete der Bobby. »Und es gibt kein Problem, Sir. Ich tue lediglich meine Pflicht. Wenn Sie sich also einen Moment gedulden würden … und vielleicht schon einmal Ihre Papiere bereithalten.«
Maistowe sah nicht unbedingt so aus, als wäre es sonderlich gut um seine Geduld bestellt, aber er widersprach nicht, sondern maß den Konstabler nur mit einem ebenso kühlen wie abschätzenden Blick, bevor er sich auf dem Absatz herumdrehte und mit schnellen Schritten auf die Menge der Schaulustigen zuging. Der Streifenbeamte sah ihm mit gerunzelter Stirn nach, während Bast sich immer noch wie vor den Kopf geschlagen fühlte. Wieso war Maistowe hier? Er konnte nicht hier sein! Es war vollkommen unmöglich! Sie hatte ihm befohlen, ins Bett zu gehen und das gesamte Gespräch zu vergessen!
»Ma’am«, sagte der Konstabler. »Haben Sie nun Ihre Papiere oder nicht?«
»Ich … ähm … sofort.« Bast kramte weiter in ihrem Beutel, zog das Erstbeste hervor, was ihr in die Finger fiel – es war das entwertete Billet vom Vormittag –, und reichte es ihm. Der Mann warf einen raschen Blick darauf und runzelte die Stirn noch tiefer.
»Das ist eine Eintrittskarte für das Britische Museum, Ma’am«, sagte er.
»Nein, das ist es nicht«, antwortete Bast. Was … geschah hier?
»Ich fürchte, doch«, erwiderte er, plötzlich in hörbar kühlerem Ton. »Und ich fürchte, ich muss Sie jetzt wirklich …«
»Was gibt es denn hier, Konstabler Stowe?«
Bast fuhr zum zweiten Mal binnen weniger Augenblicke erschrocken herum und
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