Anubis - Roman
dem Schatten der niedrigen Blockhütte und bewegte sich in die gleiche Richtung. Er war nicht sehr optimistisch: Selbst wenn es Cleopatra gewesen war, die er gesehen hatte, standen seine Aussichten nicht sonderlich gut, die Katze auch zu finden; gar davon zu reden, sie einzufangen . Aber was hatte er zu verlieren? Seine Schuhe waren ohnehin verdorben, und vielleicht tat ihm ein wenig handfeste Ablenkung ganz gut nach dem, was er gerade erlebt hatte. Er versuchte sich an die genaue Position zu erinnern, an der der Schatten im Gebüsch verschwunden war, und beschleunigte seine Schritte.
Ein Entschluss, den er beinahe augenblicklich bereute.
Schon mit dem ersten Schritt versank er bis über die Knöchel im Schlamm. Mit einem gemurmelten Fluch zog Mogensden Fuß wieder heraus, was ihm auch mit einiger Mühe gelang, aber es gab ein saugendes Geräusch, mit dem ihm der Schuh vom Fuß gezogen wurde. Hastig ließ er sich auf die Knie fallen und grub mit beiden Händen im Schlamm, bevor der Schuh endgültig im Morast versinken konnte, schließlich besaß er nur dieses eine Paar.
Er fand seinen Schuh, drehte ihn um, um Wasser und Morast hinauslaufen zu lassen, und schlüpfte Grimassen schneidend hinein. Als er aufblickte, sah er in ein Paar gelb glühender Augen, das ihn aus den Büschen heraus anstarrte. Hätte er nicht gewusst, dass es vollkommen unmöglich war, wäre er sicher gewesen, dass ihn die Katze schadenfroh angrinste. Als er sich erhob, drehte sich Cleopatra um und verschwand raschelnd im Gebüsch.
Mogens eilte ihr nach, so schnell er konnte – was nicht sonderlich schnell war, denn er hatte keine Lust, schon wieder irgendwo einzusinken und seine Schuhe womöglich endgültig zu verlieren. Die Aussicht, Sheriff Wilson am nächsten Morgen auf Socken gegenüberzutreten, erfüllte ihn nicht unbedingt mit Begeisterung.
Es wurde besser, als er in das Unterholz eindrang. Der Boden war auch hier nass, sodass er leise, quatschende Geräusche verursachte, aber er sank wenigstens nicht mehr bei jedem Schritt ein.
Dafür peitschten ihm Äste und nasses Blattwerk ins Gesicht und zerrten an seinen Kleidern.
Mogens blieb stehen, sah sich in der nahezu vollkommenen Dunkelheit hilflos um und fragte sich, was er hier eigentlich tat. Seine Aussichten, Cleopatra einzufangen, waren praktisch gleich null, aber er hatte sich immerhin davon überzeugt, dass die Katze unversehrt war und sich kein schlimmeres Vergehen zuschulden kommen ließ, als ihre neu gewonnene Freiheit zu genießen. Sollte sie es tun, solange sie es konnte. Er jedenfalls sollte jetzt besser zurückgehen, bevor ihm am Ende noch ein Missgeschick zustieß, das womöglich schlimmer war als der Verlust eines Schuhs.
Gerade, als er so weit war, diesen Entschluss in die Tat umzusetzen, hörte er ein Rascheln irgendwo links von sich, gefolgt von einem wütenden Fauchen und dem Geräusch brechender Zweige. Dann wieder ein Fauchen, das diesmal eindeutig ängstlich klang.
»Cleopatra?«, rief er.
Das Fauchen und die Geräusche splitternder Äste und zerbrechender Zweige hielten an, und Mogens machte einen nun hastigen Schritt in die entsprechende Richtung. Wie es sich anhörte, war Cleopatra auf einen eindeutig größeren Gegner gestoßen als auf eine Maus, und immerhin war sie über Jahre hinweg nahezu das einzige lebende Geschöpf gewesen, das ihm so etwas wie Freundschaft entgegengebracht hatte. Mogens war es sich allein deshalb schuldig, ihr beizustehen.
Aus den Geräuschen war mittlerweile eindeutig der Lärm eines Kampfes geworden. Cleopatras Fauchen steigerte sich zu einem Kreischen und Spucken, und dazu kamen helle, reißende Laute; Cleopatras Krallen schienen eindeutig etwas gefunden zu haben, das zu zerreißen sich lohnte. Aber etwas an diesen Geräuschen sagte Mogens auch, dass der Kampf nicht einseitig war; da war noch mehr als Cleopatras Fauchen und das Geräusch ihrer Krallen, die auf Widerstand trafen. Mogens glaubte etwas wie ein Knurren zu hören, ein Geräusch, so tief und vibrierend, dass er es mehr spürte , als dass seine Ohren es wahrnahmen, und das von etwas ungemein Großem und Böswilligen zu stammen schien.
Mogens hielt instinktiv einen Moment inne, schob seine Bedenken dann aber beiseite und versuchte im Gegenteil, schneller zu gehen. Cleopatra war ganz offensichtlich auf einen gleichwertigen Gegner gestoßen, vielleicht sogar auf ein Wesen, das seinerseits sie als willkommene Beute betrachtete, möglicherweise einen Dachs oder einen
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