Anubis - Roman
er gab auch nicht auf. Er änderte nur seine Taktik. »Was tun Sie hier eigentlich, Professor VanAndt?«, fragte er.
»Sie wissen, dass ich Ihnen das nicht sagen kann, Sheriff«, antwortete Mogens. »Aber ich kann Ihnen versichern, dass wir hier rein archäologische Forschungen betreiben.«
»Das heißt, Sie graben etwas aus.«
Mogens schmunzelte. »Sie sind hartnäckig, Sheriff, das muss man Ihnen lassen. Aber ich muss Sie enttäuschen. Wir graben nichts aus. Wir sehen uns lediglich ein paar Dinge an. Sehr alte Dinge – aber nichts von dem, was wir tun, ist in irgendeiner Weise dazu geeignet, ein Erdbeben zu verursachen, nicht einmal ein ganz kleines.«
Wilson ignorierte sein Lächeln ebenso wie seinen scherzhaften Ton. »Doktor Steffen scheint anderer Meinung zu sein«, sagte er ernst. »Sie sollten das nicht auf die leichte Schulter nehmen, Professor. Steffen ist ein renommierter Wissenschaftler, und er kennt viele einflussreiche Leute. Er kann Ihnen eine Menge Schwierigkeiten machen.«
»Soll das eine Drohung sein, Sheriff?«, fragte Mogens. Er bedauerte seine eigenen Worte sofort, als er sie ausgesprochen hatte. Er wusste selbst nicht genau, warum er so reagiert hatte. So ziemlich das Letzte, was er im Moment wollte, war, sich offen auf Graves’ Seite zu schlagen und Wilson damit noch mehr zu verprellen.
Wilson schien ihm seine kleine Entgleisung jedoch nicht übel zu nehmen. »Keineswegs, Professor«, antwortete er ungerührt. »Aber Doktor Steffen wird die Sache kaum auf sich beruhen lassen. Soviel ich weiß, ist er genau in diesem Moment auf dem Weg nach San Francisco, um geeignete Schritte einzuleiten, die ihm Zutritt zu Ihrer Ausgrabungsstelle verschaffen.« Er schüttelte den Kopf. »Es tut mir Leid, wenn Sie mich falsch verstanden haben, Professor. Ich wollte Ihnen nicht drohen, sondern Sie ganz im Gegenteil warnen. Sehen Sie – ich bin dafür verantwortlich, dass in meiner Stadt Ruhe und Ordnung herrschen. Dieser Streit dauert jetzt schon ein Jahr an. Er muss ein Ende haben. Leider ist weder mit Doktor Graves noch mit Doktor Steffen ein vernünftiges Gespräch möglich. Ich hatte die vage Hoffnung, dass Sie vielleicht vernünftiger sein könnten.«
»Das kommt ganz darauf an, was Sie unter dem Wort ›vernünftig‹ verstehen«, antwortete Mogens.
»Ich kann Doktor Steffen schwerlich besänftigen, wenn ich nicht weiß, was hier vorgeht«, sagte Wilson.
Mogens seufzte. »Sie wissen, dass ich daran nichts ändern kann. Doktor Graves’ Anweisungen sind in diesem Punkt eindeutig. Ich würde meine Anstellung riskieren.«
»Es liegt mir natürlich fern, Ihnen Schwierigkeiten zu bereiten, Professor«, versicherte Wilson hastig. Er war vielleicht kein guter Schauspieler, dachte Mogens, aber er gab sich immerhin Mühe, überzeugend zu lügen. »Aber es wäre dennoch von Vorteil, wenn ich wenigstens eine Ahnung hätte.«
»Verstehen Sie etwas von der Megalithkultur, Sheriff?«, fragte Mogens.
Wilson blinzelte.
»Aber Sie leiden nicht zufällig an Klaustrophobie?«, fuhr Mogens fort.
Wilson blinzelte erneut.
»Platzangst«, erklärte Mogens.
»Nein«, antwortete Wilson. »Jedenfalls nicht, dass ich wüsste.«
Mogens überlegte nur noch einen Augenblick, dann trat er demonstrativ zurück und drehte sich zur Mitte des Platzes hin, um auf das Zelt zu deuten. »Dann wollen wir hoffen, dass Sie sich nicht irren«, sagte er. »Sonst stehen Ihnen ein paar unangenehme Minuten bevor.«
Wilson zog überrascht die Brauen hoch. »Sie …?«
»Ich hoffe, Sie haben noch Verwendung für einen Deputy-Sheriff, der Waffen hasst und seine Haushälterin mitbringt«, sagte Mogens. »Wenn Doktor Graves uns überrascht, könnte es gut sein, dass ich eine neue Anstellung brauche.«
Auf dem ganzen Weg nach unten fragte sich Mogens vergeblich, warum er das eigentlich tat. Ob Graves vor Zorn schäumen würde oder nicht, war ihm gleich. Wenn es nach ihm ging, konnte Jonathan Graves getrost der Schlag treffen. Er war ihm keinerlei Loyalität schuldig, nicht nach allem, was er getan hatte und ganz offensichtlich noch zu tun beabsichtigte, aber er kam sich trotzdem vor wie ein Verräter.
Mogens tröstete sich damit, dass er Graves letzten Endes einen Gefallen tat. Er konnte nicht beurteilen, ob es Steffens angebliche Erdstöße wirklich gegeben hatte oder ob sie nur ein Vorwand waren, um dem Geologen Zutritt zur Ausgrabungsstelle zu verschaffen, aber er pflichtete Wilson bei, was seine Einschätzung Steffens anging.
Weitere Kostenlose Bücher