Anubis - Roman
es gab vier wuchtige Vorrichtungen, die unschwer als Hand- und Fußfesseln zu erkennen waren, und als sie den Deckel weiter aufklappten, konnte Mogens eine Anzahl von Luftlöchern darin erkennen. Er sog scharf die Luft ein. »Das ist …«
»… genau das, wofür du es hältst«, fiel ihm Graves ins Wort. Er beugte sich vor. Seine Finger tasteten prüfend überdas Innere des Sarges. Erst nach einer geraumen Weile richtete er sich auf, stützte die Fäuste auf die Oberschenkel und ließ ein erleichtertes Seufzen hören. »Anscheinend ist nichts beschädigt«, sagte er.
»Du … du hast das nicht wirklich vor?«, fragte Mogens fassungslos.
»Eine dieser Bestien zu fangen?« Graves nickte heftig. »Was hast du gedacht?«
»Aber …«, begann Mogens, nur, um sofort wieder von Graves unterbrochen zu werden.
»Was hast du gedacht, wie wir die Welt von der Existenz dieser Geschöpfe überzeugen sollen? Glaubst du etwa, es reicht, wenn wir beide uns auf ein Podium stellen und ein wenig über unsere Erlebnisse plaudern?« Er schüttelte zornig den Kopf. »Gewiss nicht! Wir brauchen einen Beweis, Mogens, einen handfesten Beweis! Wir müssen eine dieser Bestien fangen, und zwar lebendig! Nur so können wir die Welt davon überzeugen, dass es sie gibt!«
Mogens starrte ihn ebenso fassungslos wie entsetzt an. So unglaublich es ihm auch selbst erschien – er hatte bisher nicht einmal darüber nachgedacht , wie Graves seinen ebenso ehrgeizigen wie wahnwitzigen Plan in die Tat umsetzen wollte. »Das kannst du nicht wirklich ernst meinen«, murmelte er.
»Hast du eine bessere Idee?«, fragte Graves gehässig. »Ich bin für konstruktive Vorschläge immer offen.«
»Aber wie …« Mogens rang ebenso vergeblich um Worte, wie er versuchte, seine Gedanken zu ordnen. »Wie willst du das schaffen?«, stammelte er. »Wie willst du eines von diesen … Dingern einfangen?«
»Aber das sollte dir doch eigentlich klar sein, mein lieber Professor«, antwortete Graves mit einem süffisanten Lächeln. »Wie fängt man eine Beute, die sich nicht fangen lassen will? Mit einem Köder.«
Obwohl Mogens fast schon gewaltsam darauf bestanden hatte, ihm zu helfen, hatte Tom sich nicht davon abbringen lassen, auch die beiden anderen Kisten allein in die Höhle hinunterzuschaffen. Letztendlich hätte er es ihm einfach befehlen können, aber Mogens wusste auch, dass er damit mehr Schaden als Nutzen anrichten würde; das Einzige, worauf er bestand, war, dass Tom zu Miss Preussler ging, um sein verletztes Knie versorgen zu lassen.
Sheriff Wilson kam zwei Stunden später. Mogens war in seine Unterkunft zurückgekehrt, um seine Gedanken zu ordnen und zu einem Entschluss zu gelangen, aber natürlich gelang ihm weder das eine noch das andere. Als er das Geräusch des Automobils hörte und aus dem Fenster sah und Wilsons Wagen erkannte, war er regelrecht erleichtert. Er verließ das Haus und eilte in Schlangenlinien über den aufgeweichten Platz, um den zahllosen Pfützen auszuweichen, die seit dem vergangenen Abend deutlich schlammiger geworden waren, aber kaum kleiner.
Wilson hatte vor Graves’ Hütte angehalten und war halb aus dem Wagen gestiegen, aber seine rechte Hand lag noch immer auf dem Lenkrad, und als Mogens bei ihm anlangte, drückte er gerade zum dritten Mal auf die Hupe. Das misstönende Quaken zeitigte jedoch keinerlei Erfolg. Die Tür zum Blockhaus blieb verschlossen. Das einzige Ergebnis seiner Bemühungen war, dass die Tür einer anderen Hütte aufflog und Miss Preussler unter der Öffnung erschien, um ihm einen tadelnden Blick zuzuwerfen.
»Ich an Ihrer Stelle würde mit dem Lärm aufhören«, sagte Mogens.
Wilson fuhr fast erschrocken herum und sah eine Sekunde lang regelrecht hilflos aus, aber seine Hand blieb weiter auf dem Lenkrad liegen. »Professor VanAndt!«
»Wirklich, ich an Ihrer Stelle würde es mir zweimal überlegen, Miss Preusslers Unmut zu erregen«, fuhr Mogens fort. »Das ist schon so manchem – groß oder klein – schlecht bekommen.« Er trat ganz um das Automobil herum und fügte mit einem Lächeln hinzu: »Ich schließe mich da durchaus mit ein.«
»Miss Preussler?« Wilson sah fragend über den Platz. Miss Preussler war unter der Tür stehen geblieben und hatte die Hände in die gut gepolsterten Hüften gestemmt. Sie war zu weit entfernt, um ihr Gesicht zu erkennen, aber Mogens konnte ihre strafenden Blicke regelrecht spüren, und auch Wilson schien es ganz ähnlich zu ergehen, denn er nahm nicht
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