Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Anubis - Roman

Titel: Anubis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
Vom Netzwerk:
einleuchtend«, sagte Mogens spöttisch.
    Graves schnaubte. »Du überraschst mich immer wieder, Mogens«, sagte er. »Wenn auch immer öfter in negativer Hinsicht. Es sollte einleuchtend klingen, wenigstens für dich.«
    Mogens schwieg und sah ihn nur mit einer Mischung aus Zorn und Verständnislosigkeit an, aber Graves reagierte ganz anders, als er hoffte, nämlich mit einer wütenden Handbewegung in die Runde.
    »Was ist los mit dir? Hast du all dein Wissen oben im Lager zurückgelassen? Was glaubst du denn, was das hier ist?«
    »Ein Schiff«, antwortete Mogens, aber Graves schnitt ihm nur erneut und mit einer noch ärgerlicheren Geste das Wort ab.
    »Es ist nicht irgendein Schiff, Mogens. Es ist eine Totenbarke. Und das hier …«, er ließ seine zerschmetterte Hand mit einem widerlichen Klatschen auf den schwarzen Block neben sich hinuntersausen, »… ist ein Sarkophag. Sie stammen aus dem Meer, Mogens. Sie kommen aus dem Wasser, und sie kehren nach dem Tod dorthin zurück. Vielleicht ist das ihre ursprüngliche Form. Das, woraus sie entstanden sind und wozu sie nach ihrem Tod wieder werden – was weiß ich.« Er zuckte trotzig mit den Schultern. »Und ehrlich gesagt interessiert es mich auch nicht. Mit ein wenig Glück sind wir in einer Stunde hier heraus, und dieser Albtraum hat ein Ende.«
    Mogens wollte antworten, doch dann blickte er nur den Sarkophag an und runzelte nachdenklich die Stirn. Seltsam – er hätte schwören können, dass vorhin etwas von dem weißen Schleim aus den aufgeplatzten Nähten von Graves’ Handschuh auf den Sarkophagdeckel getropft war. Aber dasschwarze Holz war vollkommen sauber. Wahrscheinlich hatte er sich getäuscht. Aber ein ungutes Gefühl blieb, und es wurde sogar noch stärker, als auch Graves einen Moment lang stirnrunzelnd auf den Sarkophag hinunterblickte. Dann wechselte er mit einer sichtlichen Anstrengung das Thema.
    »Du kannst mir später so viele Vorwürfe machen, wie es dir Spaß macht. Jetzt haben wir ein anderes Problem. Hilf mir mal.«
    Er legte die Hände um eine der vier Stützen, die den geschnitzten Baldachin über dem Sarkophag trugen, und begann mit aller Gewalt daran zu zerren. Der gedrechselte, mehr als mannslange Pfeiler rührte sich nicht, obwohl Graves mit so großer Anstrengung zerrte und zog, dass seine Augen ein Stück weit aus den Höhlen quollen. »Zum Teufel noch mal, hilf mir gefälligst!«, ächzte er.
    »Weißt du eigentlich, was du da gerade zu zerstören versuchst?«, fragte Mogens. Er rührte sich nicht.
    »Ja. Ein … Jahrtausende altes … unersetzliches … Artefakt«, ächzte Graves. »Und es wäre nicht … notwendig, wenn … du … die Stange nicht … fallen gelassen hättest. Und jetzt hilf mir endlich … oder du … wirst herausfinden … wie sich ein Pharao in seinem … Pyramidengrab unter … einer Million Tonnen Fels … gefühlt hat. Wir brauchen etwas zum … Staken.«
    Mogens starrte ihn noch einen Augenblick lang fassungslos an. Graves war dabei, etwas einfach Unersetzliches zu zerstören – aber er hatte zugleich auch Recht: Ihre fantastische Entdeckung nutzte nichts, wenn sie niemandem davon erzählen konnten. Der Wissenschaftler in ihm würde sich für den Rest seines Lebens dafür hassen, aber er griff trotzdem beherzt zu, um Graves zu helfen.
    Es nutzte nichts. Obwohl sie mit aller Gewalt zogen und rüttelten, rührte sich der Pfeiler nicht. Nach vielleicht zwei oder drei Minuten gaben sie schweißgebadet und am Ende ihrer Kräfte auf, ohne dass es ihnen gelungen war, die so zerbrechlich aussehende Stütze auch nur zu lockern. Mogens ließ sich schwer atmend gegen den Sarkophag sinken, während sich Graves vorbeugte, die Handflächen auf den Oberschenkeln abstützte und fast asthmatisch nach Luft japste.
    »Wovor … fliehen wir … eigentlich?«, keuchte Mogens. »Vor Ghoulen?«
    »Vielleicht«, antwortete Graves, kaum weniger außer Atem als er. »Obwohl ich nicht glaube, dass sie es wagen, uns bis hierher zu verfolgen. Sie fürchten das, was im Wasser ist.«
    »Zumindest einem scheint es keine besondere Angst gemacht zu haben«, mischte sich Miss Preussler ein, aber Graves schüttelte nur den Kopf.
    »Ich fürchte, das war meine Schuld«, gestand er. »Ich habe ihn verletzt. Diese Kreaturen reagieren ausgesprochen bösartig, wenn man ihnen wehtut.«
    »Ach?«, fragte Miss Preussler spitz. »Sonst nicht?«
    Graves richtete sich auf, sog hörbar die Luft in die Lungen und wischte sich mit

Weitere Kostenlose Bücher