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Anubis - Roman

Titel: Anubis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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tastete immer unsteter und fahriger über das Ufer, und Mogens konnte ihm deutlich ansehen, dass er etwas ganz Bestimmtes suchte.
    Er konnte ihm ebenso deutlich ansehen, dass er es nicht fand.
    »Jonathan«, sagte er noch einmal. Aus dem Innern des Sarkophags drang ein Scharren, dann ein lautstarkes, dumpfes Poltern.
    »Wir … wir müssen schwimmen«, antwortete Graves. Der Ton in seiner Stimme war pure Verzweiflung.
    Mogens ächzte. »Bist du verrückt?«
    »Es ist der einzige Weg«, beharrte Graves. »Ich dachte, es gäbe hier …« Er sprach nicht weiter. Panik flackerte in seinen Augen, während er sich mit immer hektischeren Bewegungen im Kreis drehte und das Ufer nach etwas absuchte, das ganz eindeutig nicht da war . Trotz ihrer fast perfekten Kuppelform war diese Höhle nichts anderes als eine Höhle, kein künstlich errichtetes Gebäude. Vielleicht hatte es auf dem schmalen Uferstreifen einmal Statuen oder Standbilder gegeben, doch wenn, dann waren sie längst Opfer der Zeit geworden. Zernagter Stein und willkürliche Formen aus schwarzem Fels, das war alles, was er erblickte. Kein Ausgang.
    »Jonathan!«, sagte er zum dritten Mal, und diesmal klang seine Stimme eindeutig hysterisch. Aus dem Sarkophag antwortete ein Laut wie das Scharren von Stahl auf Stein.
    »Wir müssen schwimmen«, beharrte Graves. »Es ist der einzige Weg!« Er deutete auf das graue Licht im Wasser. »Die Höhle muss eine Verbindung nach draußen haben! Sieh doch selbst!«
    Schwimmen? Mogens sträubten sich allein bei dem bloßen Gedanken die Haare. Graves musste endgültig den Verstand verloren haben. Selbst ohne den Vorhang aus träge wehenden Fäden im Wasser wäre es unmöglich gewesen, die Höhle auf diesem Weg zu verlassen. Zweifellos gab es eine unterseeische Verbindung zum offenen Meer, wie das Licht tatsächlich bewies, aber der Durchlass musste fünf, vielleicht auch zehn Meter unter Wasser liegen!
    Das Boot begann sich immer rascher zu drehen, als wäre es in den Griff eines Strudels geraten, der es nun immer unbarmherziger in die Tiefe zu ziehen begann. Aber da war kein Strudel. Der See lag vollkommen ruhig und glatt da, und einzig die winzigen Wellen, die von der Bewegung der Barke selbst verursacht wurden, kräuselten seine Oberfläche.
    Dann erkannte Mogens, dass er sich getäuscht hatte. Es gab eine Bewegung, aber sie stammte nicht vom Wasser. Eswar das haarfeine Gespinst, in dessen trägem Hin und Her sich plötzlich ein Muster abzuzeichnen begann. Der Vergleich mit einem Strudel hatte sich Mogens nicht von ungefähr aufgedrängt. Was bisher ein willkürliches, unsicheres Tasten, Suchen und Gleiten gewesen war, wurde allmählich zu einer großen, kreisförmigen Bewegung, in der sich Millionen und Millionen haarfeiner glitzernder Stränge zu einem einzigen, wogenden Kreis zusammenschlossen, der sich allmählich schneller zu drehen begann – und in dessen exaktem Zentrum sich die Barke befand!
    »Weg!«, brüllte Graves. »Schwimmt zum Ufer!«
    Aber es war zu spät. Ein Zischen erklang, ein Geräusch wie Millionen Wassertropfen auf einer gigantischen Herdplatte, und plötzlich schoss ein Wald aus peitschenden dünnen Fäden um sie herum aus dem Wasser. Graves prallte zurück, hob in einer vollkommen sinnlosen Geste schützend die Hände vor das Gesicht und stolperte gegen den Sarkophag, der trotz seines enormen Gewichtes unter dem Anprall sichtbar erzitterte. Der Deckel rutschte mit einem scharrenden Laut zur Seite und fiel über Bord.
    Darunter erwachte ein Albtraum.
    Es war die lebendig gewordene Ausgabe des Reliefs auf dem Sarkophagdeckel, nur dass die Kreatur ungleich größer war, ein Koloss, gegen den selbst die Ghoule zwergenhaft gewirkt hätten, mehr als zwei Meter groß und ungeheuer massig; ein Gigant, der selbst in dem gewaltigen Sarkophag kaum Platz gefunden haben konnte. Sein Körper ähnelte tatsächlich dem eines Menschen, auch wenn er so übermäßig muskulös war, dass es schon fast grotesk wirkte. Anstelle von Händen hatte er jedoch zwei gewaltige Krebsscheren, und sein Kopf war ein schierer Albtraum: ein zuckender Wust aus Tausenden und Abertausenden dünner, peitschender Tentakel, einer grotesken Seeanemone mit viel zu vielen Ärmchen gleich, aus dem zwei gewaltige, von unstillbarer Bosheit erfüllte Augen herausglotzten, die trotz allem auf unheimliche Weise menschlich aussahen und vielleicht gerade deshalb umso schrecklicher wirkten. Darunter schnappte ein gewaltiger, gefährlich gebogener

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