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Anubis - Roman

Titel: Anubis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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machte eine Kopfbewegung. »Komm. Wir haben noch ein gutes Stück zu gehen. Wir können unterwegs weiter reden.«
    Noch ein gutes Stück?, dachte Mogens verwundert. Sie befanden sich doch bereits im Herzen der unterirdischen Anlage. Er hatte sich heute so wenig wie gestern die Mühe gemacht, seine Schritte zu zählen, aber sie mussten mehr als hundert Meter unter der Erde zurückgelegt haben, seit sie die Leiter herabgestiegen waren. Er sah Graves fragend an, folgte ihm aber widerspruchslos, als dieser sich in Bewegung setzteund in geringem Abstand an der gewaltigen Totenbarke vorbeiging. Mogens selbst machte einen größeren Bogen um das Ding, als notwendig gewesen wäre. Dennoch hatte er das unheimliche Gefühl, dass die geschnitzten Augen der mannsgroßen Anubis-Statuen an Bug und Heck des Schiffes jeden seiner Schritte beobachteten.
    Er schüttelte auch diesen Gedanken ab, aber es fiel ihm jetzt deutlich schwerer. Je tiefer sie in diese unterirdische Tempelanlage eindrangen, desto schwerer fiel es ihm überhaupt, seine Gedanken in jenen ordentlichen, streng logischen Bahnen ablaufen zu lassen, die einem Wissenschaftler wie ihm anstanden.
    Graves tauchte unter den ausgestreckten Armen einer überlebensgroßen, stierköpfigen Götterstatue hindurch, deren Bedeutung Mogens nicht sofort geläufig war, richtete sich wieder auf und bedeutete ihm ungeduldig gestikulierend, sich zu beeilen. Mogens gehorchte, aber das ungute Gefühl in ihm nahm zu, ebenso wie seine irrationale Furcht. Als er sich, Graves’ Beispiel folgend, unter den ausgestreckten Armen der gewaltigen Granitstatue hindurchduckte, musste er sich der absurden Vorstellung erwehren, von der gewaltigen steinernen Gottheit in einer tödlichen Umarmung umschlossen zu werden. Es kostete ihn große Willenskraft, nicht hörbar erleichtert aufzuatmen, als er neben Graves ankam und sich aufrichtete.
    Wieder sah Graves ihn fragend an, und wieder wich Mogens seinem Blick aus und versuchte sich zu einem Lächeln zu zwingen. »Und?«
    Graves war an eine schmale, aber mehr als mannshohe Nische herangetreten, in der eine weiße Marmorstatue stand, die eine Katze in der typischen stolzen Haltung ihrer Art zeigte. Statt Mogens’ Frage zu beantworten, griff er mit beiden Händen nach dem Kopf der Katzenstatue und spannte die Muskeln an, als versuche er allen Ernstes, ihn abzubrechen. Stattdessen jedoch ertönte nach einem kurzen Moment ein schweres Klacken und dann ein anhaltendes Schaben und Schleifen, wie von zwei gewaltigen Mühlsteinen, die aneinander rieben. Graves trat mit einem Lächeln zurück, das man nicht mehr anders als triumphierend bezeichnen konnte, und hob in einer theatralischen Geste die Hände. Mogens sah ihm einige Augenblicke lange gleichermaßen verstört wie ärgerlich zu und setzte gerade zu einer entsprechenden Bemerkung an, als das Scharren lauter wurde und sich ein sachtes Zittern des Bodens unter seinen Füßen hinzugesellte. An der Wand direkt vor ihnen entstand ein zwei Finger breiter Spalt, der sich rasch zu einem Durchgang erweiterte, nicht besonders breit, aber ausreichend, um sich mit einiger Anstrengung hindurchzuzwängen.
    Graves sah ihn Beifall heischend an.
    »Beeindruckend«, sagte Mogens – was der Wahrheit entsprach. Er war beeindruckt, wenn auch gewiss nicht von Graves’ laienspielerischer Darstellung. »Wie hast du das herausgefunden?«
    »Mit Hilfe des ältesten und treuesten Verbündeten der Wissenschaft«, antwortete Graves fröhlich. Mogens tat ihm den Gefallen, fragend zu blicken, und Graves fügte hinzu: »Des Zufalls.«
    Das muss das sein, was Tom als Graves’ »Allerheiligstes« bezeichnet hat, dachte Mogens. Er konnte sich gerade noch beherrschen, eine entsprechende Bemerkung zu machen, kam über diesen Gedanken aber auf eine andere Frage, die ihn unbewusst schon die ganze Zeit über beschäftigt hatte, seit sie die Leiter heruntergekommen waren. »Wo sind Mercer und die anderen?«
    »Sie haben ihren freien Tag«, antwortete Graves. »Heute ist Sonntag. Sie sind schon vor Sonnenaufgang losgefahren, um den Tag in Frisco zu verbringen. Aber ich dachte mir, dass du weder besonderen Wert auf die Gesellschaft deiner neuen Kollegen noch auf die profanen Vergnügungen legst, denen sie sich hingeben.«
    Mogens verzichtete vorsichtshalber darauf, zu antworten, sondern machte eine auffordernde Geste, die Graves aber ignorierte. Mogens war nicht wohl bei dem Gedanken, sich durch den schmalen Spalt zu zwängen und in den

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