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Anubis - Roman

Titel: Anubis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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erfüllt waren. Geifer troff aus ihrem Maul, während sie Mogens anstarrte, und ihre schrecklichen Klauen öffneten und schlossen sich ununterbrochen, als könne sie es nicht mehr erwarten, ihre Fänge in Mogens’ Fleisch zu schlagen und ihn zu zerreißen.
    Statt den letzten, rettenden Schritt zu tun, trat Mogens zurück, eine Entscheidung, die trotz der kreischenden Panik, die seine Gedanken verheerte, ganz bewusst war: Lieber würde er den Tod unter den zusammenbrechenden Felsmassen erleiden, ehe er sich in die Gewalt dieses Ungeheuers begab.
    Eine neuerliche, noch heftigere Erschütterung riss ihn von den Füßen. Er prallte erneut gegen den Quader, den das Beben halb aus der Wand gedrückt hatte, um seine verzweifelte Flucht zu stoppen, und beobachtete aus vor Entsetzen geweiteten Augen, wie sich die Decke über seinem Kopf bog und verschob und erste, noch kleinere Steine und Erdreich in seine Richtung spie, nicht groß genug, um ihn zu töten, aber allemal ausreichend, ihn zu verletzen und die letzten Sekunden seines Lebens in Momente grässlicher Qual zu verwandeln.
    Es war nicht die Angst vor dem Tod, die Mogens noch einmal die Kraft gab, sich herumzuwerfen und unter demselben Steinquader Schutz zu suchen, der ihm gerade zum Verhängnis geworden war, sondern die Angst vor der Pein, die ihm vorausgehen mochte. Während er sich unter der halbmetergroßen künstlichen Felsnase zusammenkrümmte, beobachtete ein Teil von ihm mit kaltem, fast wissenschaftlichem Interesse, wie sich die Decke weiter durchbog wie eine nasse Zeltplane unter dem Gewicht des Regens und sich größere, tödlichere Steine daraus lösten, tonnenschwere Brocken, vor denen ihn auch der Quader nicht mehr schützen würde.
    Plötzlich griff eine Hand nach ihm. Es war keine menschliche Hand, sondern eine haarige, klauenbewehrte Pranke, die sich mit unmenschlicher Kraft um sein Handgelenk schloss und ihn mit solcher Gewalt herumriss, dass Mogens vor Pein aufbrüllte und das Gefühl hatte, das Gelenk würde ihm aus der Schulter gerissen. Als er aufsah, bot sich ihm durch einen Nebel aus Schmerz und Furcht hindurch ein schier unglaublicher Anblick: Die Kreatur hatte ihn mit der linken Hand gepackt und zerrte ihn so mühelos hinter sich her, wie ein Riese ein widerspenstiges Kind mitgeschleift hätte.
    Mit der anderen Hand stützte sie die Decke ab. So unglaublich es Mogens selbst in diesem Moment noch erschien: Die Kräfte der bizarren Kreatur schienen auszureichen, die tonnenschweren Steinquader wenn schon nicht an ihrem Fall zu hindern, so doch den Einsturz zumindest hinlänglich genug zu verlangsamen, um Zeit zu gewinnen, in Sicherheit zu gelangen.
    Sicherheit?
    Mogens bäumte sich auf und versuchte mit verzweifelter Kraft, den Griff der Bestie zu sprengen und sich loszureißen. Das Ungeheuer fuhr herum und versetzte ihm einen Hieb mit dem Handrücken. Seine Krallen zerfetzten Mogens’ Hemd, hinterließen vier dünne, brennende Risse auf seiner Haut und ließen ihn halb benommen zurücksinken. Fast wie in Trance registrierte er, wie das Monstrum ihn brutal aus dem Gangherauszerrte, der unmittelbar hinter ihnen mit gewaltigem Getöse zusammenbrach. Halb besinnungslos, wie er war, versuchte er nach der Kreatur zu treten und traf sogar, aber das Ding schien es nicht einmal zu spüren. Vornübergebeugt und humpelnd zerrte es ihn über den rauen Boden, bis sie die Mitte der Tempelkammer und die riesige geschnitzte Barke erreicht hatten, wo es ihn ablud und sich knurrend zu ihm umwandte. Gnadenlose, kalt glühende Augen starrten Mogens an, und das blasphemisch hündische Gesicht kam näher und beugte sich schnüffelnd über ihn.
    Mogens schlug nach ihm.
    Die Bestie heulte vor Wut und Schmerz auf, zuckte zurück und schlug ihrerseits nach ihm, und dieser Hieb raubte Mogens endgültig das Bewusstsein.

Mogens schlug die Augen auf und stieß einen gellenden Schrei aus. Die Visage des Ungeheuers war über ihm, nur Zentimeter von seinem Gesicht entfernt und nahe genug, dass er ihren nach Verwesung und Aas stinkenden Atem riechen konnte. Grausame Augen taxierten ihn kalt, das schreckliche Maul war halb geöffnet, sodass er die fauligen, kreuz und quer stehenden nadelspitzen Fänge sehen konnte. Mogens warf sich herum und versuchte, der Kreatur die Fäuste gegen die Kehle zu schmettern. Aber er war viel zu langsam. Das Wesen wich seinem Hieb ohne die geringste Mühe aus, packte im nächsten Moment seine Handgelenke und hielt sie mit nur einer seiner

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