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Anwältin der Engel

Titel: Anwältin der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Stanton
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anständigen Menschen
gewesen wären, obwohl sich zweifellos einige schwarze Schafe
unter ihnen befanden. Das Problem war, dass sie und
ihre Vorgänger das Rechtssystem nach und nach pervertiert
hatten, um ihren eigenen Stand zu schützen. Die Jurisprudenz
hatte alle moralischen Prinzipien aufgegeben und war
zu einem Konkurrenzkampf geworden, dessen Teilnehmer – die
Rechtsanwälte – ihre eigenen Regeln aufstellten.
Randy Wayne White, Heiße Inseln
    »Ach, nun kommen Sie, Cordy«, sagte Bree. »Das Mädchen ist siebzehn Jahre alt. Ihre Hormone spielen verrückt. Außerdem gibt es eine Menge Präzedenzfälle, in denen es um die instabilen Entwicklungsphasen von Teenagern geht. Da dürfte es mir nicht schwerfallen, auf verminderte Zurechnungsfähigkeit zu plädieren.«
    Cordelia Eastburn schnaubte verächtlich, was sie besonders gut konnte. »Darauf wollen Sie hinaus? Machen Sie mal halblang, Verehrteste.« Cordys Charme und ihre ganze Erscheinung erinnerten viele an Oprah Winfrey.Im Gegensatz zu dieser smarten und stets freundlichen Talkshowmasterin hatte Cordy jedoch das Temperament eines Tornados und war von dem Ehrgeiz erfüllt, die erste schwarze Gouverneurin des Staates Georgia zu werden. Meistens jagte sie Bree eine Heidenangst ein. Sonst aber kamen die beiden prächtig miteinander aus. »Sie ist ein verwöhntes, anmaßendes Kind aus reichem Haus. Nun sagen Sie mal selbst, wie das bei einer Jury ankommen wird.«
    »Tja, nicht sonderlich gut«, räumte Bree ein und lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. Das Büro der Bezirksstaatsanwältin lag im vierten Stock des Gerichtsgebäudes. Über dem Aktenschrank hing Cordys Jura-Diplom, das sie in Stanford erworben hatte, umrahmt von Fotos, auf denen Cordy mit dem gegenwärtigen Gouverneur von Georgia, zwei ehemaligen Präsidenten und zwei Vertretern der Initiative Wir nehmen uns die Straße zurück zu sehen war, der sie einen Großteil ihrer Freizeit widmete.
    Einer plötzlichen Eingebung folgend, war Bree einfach mal bei Cordy vorbeigegangen. Ron hatte sie in die Angelus Street zurückgeschickt, damit er mit den Nachforschungen über Probert Chandler anfangen konnte. Das Image des sparsamen Familienmenschen stand im Widerspruch zu den Dingen, die man ihm in seinem Prozess zur Last gelegt hatte, sodass es viel zu recherchieren gab. Cordy hatte sich freundlicherweise bereit erklärt, Bree ein paar Minuten Gehör zu schenken.
    Cordy trug ein dunkles Kostüm mit einem bis über die Knie reichenden Rock, einen Turtleneckpullover aus Seide und Schuhe mit flachen Absätzen, also ein Outfit,das nach Brees Dafürhalten in Savannah so etwas wie die Uniform erfolgreicher Frauen darstellte. Cordys einzige Konzession ans Frivole waren ihre Ohrringe, die ebenso riesig wie prachtvoll und offenbar handgefertigt waren.
    Bree sah Cordy unverwandt an. »Ich will ganz offen sein. Wollen Sie ihr eine Gefängnisstrafe anhängen, bloß weil sie ein verwöhntes weißes Kind aus reichem Haus ist?«
    Die Bezirksstaatsanwältin sah Bree finster an. Cordys Wutausbrüche waren legendär. Es kostete Bree, die ein Donnerwetter erwartete, große Mühe, sich auf ihrem Stuhl nicht ganz klein zu machen, die Augen zu schließen und sich die Ohren zuzuhalten. Doch Cordy riss sich zusammen und stieß lediglich ein scharfes »Pah!« aus. »Das ist noch nicht mal eine Antwort wert«, setzte sie hinzu.
    »Ihre gegenwärtige Kampagne gegen die Straßengangs wird von vielen Leuten unterstützt«, sagte Bree. »Aber wir beide wissen, dass diese Kampagne politisiert wurde. Und nicht nur die afroamerikanischen Wähler behaupten, dass Ihre Säuberungskampagne rassistisch motiviert ist und Sie eine Tante Tom sind. Viele weiße Liberale sehen das auch so. Wenn ich Sie wäre, Cordy, würde ich bei diesem läppischen Fall nicht ganz so knallhart vorgehen, und sei es nur, um zu demonstrieren, dass vor dem Gesetz alle gleich sind. Ist es denn so abwegig anzunehmen, dass Sie diese Sache forcieren, weil Lindsey ein verwöhntes weißes Kind aus reichem Haus ist? Wohl kaum.« Bree beugte sich vor und sagte voller Nachdruck: »Ich werde mich nicht darüber beschweren, wenn Sie bei der Anklageerhebung einen rigorosen Kurs fahren. Und ichhabe auch nichts dagegen, wenn Sie ihr schweren Diebstahl zur Last legen wollen. Aber diese Sache mit dem Hummer als tödliche Waffe, das ist doch völlig überzogen. Bevor ich gestern Abend zu Bett ging, habe ich in den Spätnachrichten die Aufnahme der Überwachungskamera gesehen.

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