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Anwältin der Engel

Titel: Anwältin der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Stanton
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Lehrstuhl für Rechtsgeschichte innegehabt und war ein ebenso angesehener wie gefürchteter Hochschullehrer gewesen. Kurz nach Brees Abschlussexamen war er dann emeritiert worden, hielt gelegentlich aber immer noch Vorlesungen, schrieb Artikel für das American Bar Journal und war als Berater für internationales Fallrecht tätig, insbesondere bei Fällen, in denen es um Religionsfreiheit ging. Seit seiner Emeritierung hatte er sich allerdings stark verändert. Sein einst schwarzes Haar war völlig weiß geworden. Und dann hatte irgendetwas – was genau, hatte er Bree nie verraten – diesen vitalen, energischen Mann an den Rollstuhl gefesselt.
    Als das Licht auf ihn fiel, stellte Bree mit Bestürzungfest, dass er in den wenigen Wochen seit ihrer letzten Begegnung noch einmal deutlich gealtert war. Sanft legte sie ihm die Hand auf die Schulter. »Ich hoffe, es geht Ihnen gut, Professor.«
    Er verzog das Gesicht und schüttelte ihre Hand ab, nicht weil ihm ihre Berührung unangenehm war, sondern weil sie ihm Schmerzen bereitete. »Setzen Sie sich doch bitte, Bree.«
    Sie zog einen mit Schnitzereien verzierten Holzstuhl zu sich heran und hockte sich auf die Kante. Gabriel blieb außerhalb des Lichtkreises stehen und verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Ich freue mich, Sie zu sehen«, brach Bree das Schweigen. »Wir haben nicht mehr miteinander gesprochen, seit wir den Fall Skinner abgeschlossen haben.«
    »Und zwar erfolgreich«, sagte Cianquino in beifälligem Ton.
    »Danke.« Bree holte tief Luft. »Aber alles wäre wesentlich glatter gegangen, wenn ich besser vorbereitet gewesen wäre. Ich bin da ein bisschen im Nachteil, Professor. Wäre es nicht möglich … «
    »Neugier ist ungesund, Neugier ist ungesund«, krächzte Archie und klapperte mit dem Schnabel. Professor Cianquino hob gebieterisch die Hand, worauf der Vogel in ein mürrisches Gemurmel verfiel. »Wäre was möglich?«, hakte Cianquino nach.
    »Na ja, zum Beispiel meinen Klienten so zu befragen, wie es sich gehört.« Bree redete überstürzt weiter, jeden Moment damit rechnend, dass der Professor ihr ins Wort fiel und sie an das erinnerte, was sie zu Beginn dieser neuen Tätigkeit, um die sie sich ja nicht gerade gerissenhatte, hatte akzeptieren müssen: dass sie die Feinheiten dieses Jobs nur durch Erfahrung erlernen konnte. Er und die anderen Engel um sie herum waren dazu da, sie zu lenken und zu schützen – nicht aber, um sie zu informieren.
    »Wenn ich mich recht erinnere, haben Sie mehrmals mit Mr. Skinner gesprochen.«
    » Gesprochen ist ja wohl stark übertrieben«, erwiderte Bree. »Ich hatte eher den Eindruck, als stünde ich am Ende eines langen Tunnels. Ich glaube, diesen Fall habe ich nur darum gelöst, weil ich einfach unverschämtes Glück gehabt habe. Und mit Probert Chandlers Geist habe ich das gleiche Problem. Ich kann kaum verstehen, worum er mich bittet.« Sie zögerte, da sie die Antwort auf ihre nächste Frage eigentlich gar nicht hören wollte. »Gibt es denn einen … einen Ort, an dem ich mich mit ihm zusammensetzen kann und wo wir ausführlich reden können?«
    Archie kreischte auf, als hätte er sich verbrannt.
    »Den gibt es«, erklärte der Professor in trockenem Ton, »aber es ist unwahrscheinlich, dass Sie von dort zurückkehren würden, um seine Verteidigung fortzusetzen.«
    »Sie meinen, ich kann zwar hinkommen, aber nicht mehr zurück?«
    »So ungefähr.« Der Professor dachte einen Moment mit geschlossenen Augen nach. »Probert Chandlers Wächter würden Sie mit Vergnügen dort festhalten. Sie wären eine enorme Bereicherung.«
    Sie dachte an die schwarzen Flammen und die Klauen, die nach Probert Chandlers Geist gegriffen hatten, underschauderte. »Könnten Gabriel und vielleicht auch Petru und Ron nicht mit mir kommen? Als Leibwache sozusagen?«
    »Nein.« Er hob den Finger, um ihrer nächsten Frage zuvorzukommen. »Wir enthalten Ihnen nicht willkürlich Informationen vor«, fuhr er fort. »Können Sie sich noch daran erinnern, wie Sie schwimmen lernten?«
    »Ich … hä?« Bree errötete. »Entschuldigung. Das war jetzt … unhöflich. Ja, sicher erinnere ich mich daran. Aber ich verstehe nicht …« Sie verstummte. Der Professor zog eine seiner Augenbrauen hoch. »Soll ich es erzählen? Also Mama hat mich mit ins Wasser genommen und ist mit mir herumgeschwommen. Sie hat mich so lange festgehalten, bis ich die Bewegungen begriffen hatte.«
    »Es gibt aber niemanden, der Sie über Wasser halten

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