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Anwältin der Engel

Titel: Anwältin der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Stanton
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Prozess. Chandler hat es verlangt, was auf der Hand liegt, denn sonst hätte er ja nicht um ein Wiederaufnahmeverfahren ersuchen können, nicht wahr? Es ist die Summe der Taten und Verhaltensweisen, die entweder zur Erlösung oder zur Verdammnis führt.«
    »Damit kann ich aber nicht arbeiten«, sagte Bree. »Das ist nicht fair! Ich brauche Einzelheiten! Ich kann meinen Klienten nicht verteidigen, wenn das Gewicht der Beweise so pauschal ermittelt wird!«
    »Sie sehen das völlig falsch«, entgegnete Goldstein etwas überheblich. »Wir stützen uns auf summarische Befunde. Sie sind doch wohl nicht so dumm anzunehmen, dass es zwischen dem himmlischen Recht und dem irdischen Recht eine genaue Analogie geben könnte?«
    Bree sah ihn finster an. »Könnte sein, dass ich so dumm bin, einem Engel eine zu knallen.« Als Goldstein sie entrüstet ansah, sagte sie: »Haha. War nur ein kleiner Scherz«, obwohl das nicht stimmte. »Also wirklich! Summarische Befunde! Ohne Zugang zu den erforder lichen Fakten. Das ist doch Schwachsinn!«
    Goldstein lächelte, schadenfroh, wie Bree meinte. »Dann müssen Sie eben dafür sorgen, dass Sankt Parchese und Pater Lucheta noch ein bisschen mehr herumschnüffeln. Ha! Ha!« Er beugte sich vor und tätschelte ihr freundlich die Hand. »Hören Sie. Für vernünftige Argumente sind wir immer aufgeschlossen. Untersuchen Sie, was auf Probert Chandlers Waagschale so schwer wog, dass er in den schlimmsten Teil der Hölle kam, und stellen Sie fest, ob es mildernde Umstände gibt. Wenn ich Sie wäre, würde ich mit dem Mord an dieser armen Shirley Chavez anfangen.«
    »Ja«, sagte Bree. »Ja. Hat sie … Ich meine, ist sie okay?«
    Goldstein lächelte sie an, auf eine warme, tröstliche Weise. Da wusste sie mit absoluter Gewissheit, dass Shirley, wo auch immer sie sein mochte, sich an einem sicheren, friedvollen Ort befand. Das war zumindest ein kleiner Trost, wenn es auch bei Weitem nicht ausreichte, ihre schändliche Ermordung wettzumachen. »Nun ja«, sagte sie. Dann nahm sie ihren Notizblock und ihre Aktentasche. »Danke.«
    Goldstein verbeugte sich galant, wobei eine weitere kleine Feder in Richtung Decke flatterte. »War mir ein Vergnügen.« Er musterte sie freundlich. »Und wie geht die Untersuchung voran?«
    Bree stieß einen tiefen Seufzer aus. »Ich stecke fest, Goldstein.«
    »Tja. Der Trick besteht darin, die Fakten geduldig zusammenzutragen.«
    Bree verließ das Archiv und fuhr mit dem Fahrstuhl ins Erdgeschoss, wo sie auf eine Ansammlung ganz entschieden unengelhafter Bürger von Chatham County traf. Vier korpulente Herren in der braun-cremefarbenen Uniform des Sheriff-Departments von Chatham County beobachteten mit finsterem Blick die Schlange, die sich durch die Metalldetektoren drängte. Zwei junge Männer in der dunkelblauen Uniform der Polizei von Savannah führten gerade eine mürrisch aussehende Frau mit pinkfarbenen Lockenwicklern durch die Eingangshalle. »Sie da im Anzug! Sind Sie Rechtsanwalt?«, schrie die Frau mit den Lockenwicklern. »Ich brauch ’nen Rechtsanwalt!« Von den hinteren Arrestzellen kamen zwei weitere Polizisten in Uniform nach vorn.
    Die Payton McAllister abführten.
    Bree blieb stehen und starrte ihn an.
    Sein italienischer Anzug war zerknittert. Er trug keine Krawatte. Sein rosa gestreiftes Hemd hatte vorn einen Kaffeefleck. Wütend sah er Bree an. Hinter der Gruppe trottete ein vierter Mann her, mit einem konservativen Seersuckeranzug bekleidet. Jenseits der zum Parkplatz führenden Glastür machte gerade der Ü-Wagen des Fernsehens halt, und eine hinreißende junge Blondine stieg aus, gefolgt von einem Kameramann mit Steadicam.
    Bree biss sich auf die Lippe, um ein Grinsen zu unterdrücken. Ihr erster Gedanke war, der Frau mit den pinkfarbenen Lockenwicklern mitzuteilen, dass sich dort , genau dort vor ihr ein Rechtsanwalt befinde. Wenn nicht Payton selbst, dann doch der Typ, der hinter ihm herkam. Ihr zweiter Gedanke war, mitfühlend den Kopf zu schütteln und sich unauffällig davonzumachen. In diesem Augenblick riss sich Payton von den Polizisten los und drohte Bree mit der Faust. »Du Miststück!«, schrie er. »Das ist deine Schuld!« Sie lächelte, winkte ihm zu und rief: » Guten Morgen!« Der Jüngere der beiden Polizisten zwinkerte ihr zu.
    Bree blieb mitten in der Eingangshalle stehen und ging im Geiste durch, welche Möglichkeiten ihr zu Gebote standen. Eigentlich gab es nur eine, nämlich sich mit Lindsey zusammenzusetzen und endlich

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