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Anwältin der Engel

Titel: Anwältin der Engel
Autoren: Mary Stanton
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Chad. Und als dann...« Sie verstummte.
    »Als dann was?«, fragte Bree.
    »Mein Dad fand alles heraus und verlangte, dass wir uns trennen. Außerdem drohte er Chads Dad mit was richtig Krassem. Wollte ihm seine Zulassung als Rechtsanwalt entziehen lassen oder so.«
    Bree bezweifelte allerdings, dass dies Probert Chandler gelungen wäre. Doch vor ihrem inneren Auge tauchte kurz das Bild der himmlischen Waage der Gerechtigkeit auf, deren Pfeil auf der Skala in einem fort nach unten zeigte. »Wann war das?«
    Lindsey seufzte. »Ein paar Wochen vor seinem Tod. Weiß nicht genau. Der Unfall war im Juli, oder? Dann war es wohl früher. Ein paar Wochen nachdem Chad seinen Abschluss an der Highschool machen sollte.«
    »Das ist aber nicht an dem Tag passiert, an dem Ihr Vater diesen... Unfall hatte?«
    »Nein.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Natürlich bin ich sicher.« Sie starrte Bree an, um dann lauthals loszulachen. »Glauben Sie etwa, Chad hätte was mit dem Tod meines Dads zu tun? Auf gar keinen Fall. Chad ist... na ja, er ist sanft, wissen Sie. Nett. Außerdem«, fügte sie ernst hinzu, »ist er Vegetarier.«
    Bree kniff sich fest ins Knie, um nicht loszulachen. Dann stützte sie die Ellbogen auf den Tisch und beugte sich vor, um Lindsey unverwandt anzusehen. »Ich möchte jetzt die ganze Geschichte über diese Spritzehören. Vom ersten Mal, an das Sie sich erinnern, bis heute.«
    Es gab allerdings nicht mehr viel zu erzählen. Lindsey konnte sich nicht erinnern, dass es jemals eine Zeit gegeben hatte, da ihre eigene Weltsicht mit den Erwartungen der Welt um sie herum übereingestimmt hätte. Soweit Bree es beurteilen konnte, war Lindsey mit der unabänderlichen Unfähigkeit, etwas richtig zu machen, auf die Welt gekommen sowie ­ was noch schlimmer war ­ mit dem unvermeidlichen Trieb, alles schlecht zu machen.
    Als Bree ging, nahm sie Lindseys Vitaminpackung mit.
     
    »Das ist eine schreckliche Geschichte«, sagte Bree mehrere Stunden später zu Hunter. »Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich weiß auch nicht, was ich davon halten soll. Sie kann sich erinnern, dass zahlreiche Ärzte mit ihr gesprochen haben, als sie klein war. Und die Blutentnahmen fingen an, nachdem sie zehn geworden war. Daran erinnert sie sich deswegen ganz genau, weil sie losheulte, als ein paar Blutstropfen auf ihre Jeans fielen, die sie zu ihrem zehnten Geburtstag geschenkt bekommen hatte. Diese Hose hatte Pailletten auf den Aufschlägen, sagt sie. Und sie ist viel zu schnell herausgewachsen.« Am liebsten hätte Bree den Kopf in die Hände gestützt und geweint. Stattdessen aß sie einen Happen von ihrem Cobb Salad. »Bevor ich herkam, habe ich im Büro Zwischenstation gemacht. Ron hatte mir alle ihre medizinischen Unterlagen besorgt. Ich bin so am Boden zerstört, dass ich da noch nicht mal reinsehen möchte. Was glauben Sie eigentlich, was da abgelaufen ist?«
    »Ich glaube, dass Sie sich zu sehr in diesen Fall verbissen haben«, erwiderte Hunter, während er bedächtig sein Brunswick Stew aß.
    Sie hatten sich bei Isaac’s zum Dinner verabredet. Es war schon nach zehn, und Bree hatte das Gefühl, als hätte sie seit Tagen nicht geschlafen. Ihre Augen brannten, ihr Kopf schmerzte.
    »Für mich hört sich das an, als sei sie nur ein gestörtes Kind.«
    »Nur!«
    Er streckte den Arm aus und legte die Hand auf den Aktendeckel, der Lindseys Unterlagen enthielt. »Darf ich?«
    »Die sind vertraulich«, gab Bree sofort zurück.
    »Also wenn Sie mich nicht daran hindern, sie mir anzusehen, werde ich Sie auch nicht fragen, wie Sie sie so schnell bekommen haben.« Ohne ihre Antwort abzuwarten, blätterte Hunter den dicken Stapel von Fotokopien durch. Bree trennte die Schinkenstückchen in ihrem Salat säuberlich von den gehackten Tomaten und streute Salz auf das in Würfel geschnittene hartgekochte Ei. Dann aß sie alle schwarzen Oliven.
    »Bei fast allem hier geht es um ihr Verhalten«, sagte Hunter. »Körperlich fehlt ihr nichts.« Er hielt ein dicht bedrucktes Blatt cremefarbenen Papiers hoch, auf dem Laborergebnisse aufgeführt waren. Brees Blick fiel auf die erste Zeile: Blutgruppe A, dann folgten der Hämatokrit-Wert, die Blutsenkungsgeschwindigkeit und so weiter. Alles schien im normalen Bereich.
    »Und in all den Jahren«, sagte Hunter, »dienten die Blutentnahmen dazu, den Spiegel von verschiedenen Antidepressiva, Stimmungsaufhellern und Serotonin-Wiederaufnahmehemmern festzustellen...« Er warf den Aktendeckel auf den Tisch. »All dieser
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