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Anwaltshure 3

Anwaltshure 3

Titel: Anwaltshure 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Carter
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Motor noch nicht verstummt war. Mehrere Dienstboten strömten hinaus in die Kälte, um uns unser Gepäck abzunehmen.
    Die von bernsteinfarbenem Licht erfüllten Fenster lockten einen geradezu aus der schneidenden Kälte nach drinnen, wo wir – einmal durch den düsteren Vorbau hindurch – von einer riesigen Halle in Empfang genommen wurden. Hier war nun alles versammelt, was unter dem Titel »Scottish Living« Rang und Namen hatte. Von den gekreuzten Schwertern und Ritterrüstungen an der Wand, über die mit Karo-Stoff bespannten Sitzmöbel, bis hin zu den Gemälden und Stichen, die einen mit allerlei Ansichten der Highlands verwöhnten.
    Es war definitiv kein historisches, schottisches Heim – es war vielmehr das, was sich ein reicher Mensch im vorletzten Jahrhundert unter einem solchen vorgestellt hatte. Und dies insbesondere, nachdem er in Balmoral gewesen war und den Dekorationsgeschmack der Königin Victoria kennen und schätzen gelernt hatte.
    Ja, selbst das männliche Personal trug Kilt mit Sporran und ein kleines Messer – stilecht – in den Socken geschoben. Die Mädchen hatten bodenlange Kilt-Röcke an und über den Blusen eine Schärpe in den Clan-Farben.
    »Derek!«, rief es plötzlich über unseren Köpfen und ich blickte von den Deko-Schotten hinauf zu der breiten Freitreppe, die jener in Suffield bemerkenswert ähnelte. Doch mit dem einen Unterschied, dass auf dieser ein Mann stand, schlank, mit dichtem, dunkelbraunem Haar und auf uns herabsah.
    Von der Größe her reichte er nicht an Derek heran, aber sein Gesicht war von einer makellosen Schönheit. Er hatte klassische Züge mit einer langen, geraden Nase. Doch dominiert wurde das Gesicht von beinahe nachtschwarzen Augen unter dichten, dunklen Brauen. Er hatte eine herbe, männliche Haut, die Zeugnis davon ablegte, dass er sich viel an der frischen Luft aufhielt.
    Etwas steif kam er die Treppe herunter. Schweigend mit beherrschtem Gesichtsausdruck, als müsse er noch darüber nachdenken, welche Strafe für Eindringlinge wie uns angemessen wäre. Und gerade so, als gelte es, seine Überlegenheit auch weiter zu demonstrieren, blieb er auf der vorletzten Stufe stehen.
    »Derek ...«, wiederholte er und nickte dabei knapp. Seine Stimme – oder zumindest das, was ich davon zu hören bekam – schien rau und nicht all zu tief zu sein. Ja, man konnte ihm vielleicht viel vorwerfen, aber sicher nicht, dass er geschwätzig wäre. Er musterte uns aus kühlen Augen, was bei diesem herrlichen Braun schwer fallen musste.
    »Tim«, erwiderte Derek ebenso knapp.
    Hier waren offensichtlich zwei verbale Wasserfälle aufeinandergetroffen und ich fragte mich, wie viele Seiten von Derek ich noch kennenlernen würde. Derart verschlossen kannte ich ihn eigentlich gar nicht. Fast fürchtete ich, er würde sich und seine Ressentiments unserem Gastgeber gegenüber verraten.
    »Und Sie?«
    Jetzt kam ich Derek zuvor, der gerade Luft holen wollte und dessen Finger fahrig an seiner Jacke auf- und abstreiften, als suche er dringend seine Zigaretten.
    »Emma Hunter.«
    Bradford machte ein Gesicht, als habe er eine Schoko-Praline in den Mund gesteckt, darauf gebissen und sei dabei auf Heringsstücke gestoßen.
    Ich mochte schon immer diesen Moment, wenn ein Klient versucht, mich einzuordnen. Wenn er mich nicht aus seinen Kreisen kennt und sich fragt, was er mit mir anfangen soll.
    »Muss ich Sie kennen?«, fragte er plötzlich wenig schmeichelhaft.
    Offensiv sah ich ihm in die Augen und sagte: »Nein.«
    Er nickte abermals knapp. »Wenn du jagen willst, musst du warten, bis der schlimmste Schneefall aufgehört hat«, sagte er an Dereks Adresse gerichtet, wobei er aber noch immer mich ansah. Es war eine merkwürdige Form der Kommunikation, die mich ein wenig irritierte.
    Andererseits sah auch Derek ihn nicht an, sondern antwortete einem der überlebensgroßen Ahnenporträts an der Wand. »Das war mir klar, bevor ich hergekommen bin.«
    Mir blieb – im Sinne unseres Zieles – nur zu hoffen, dass die beiden immer so miteinander umgingen ...
    Unser Gastgeber sagte nichts mehr, stattdessen marschierte er auf die gegenüberliegende Tür zu und führte uns durch diverse Räume und Flure, bis in den Vorraum eines Wintergartens, wie ich ihn größer und schöner nur in Kew Gardens gesehen hatte.
    Bäume, Palmen, Schlingpflanzen, die sich in bizarren Formen um Äste schmiegten. Blätter, so groß wie ich, beugten sich über uns herab. In einer Ecke räkelte sich eine kolossale

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