Anwaltshure 3
hob er seinen Arm und legte ihn um die Schultern einer Frau, die ich erst jetzt als Laura erkannte.
»Auch ich hätte dir gern geholfen«, erklärte sie, »aber ich fürchte, du bist nichts, als ein verkommenes Subjekt, das die Hand gebissen hat, die es gefüttert hat.«
Ich aber warf mich nach vorn, spürte seine nackte Haut an meinem Gesicht. Meine Arme umklammerten ihn und ich schrie, dass ich ihn niemals sterben lassen würde. Eine Glocke ertönte und George sagte: »Das ist deine letzte Stunde.« Schreiend schreckte ich hoch. Ebenso verwirrt wie erleichtert fand ich mich in meinem warmen, weichen Bett und konnte das Läuten der Glocke aus meinem Traum als ein heftiges Klingeln an meiner Tür erkennen.
Doch gerade, als mir dies gelungen war, schrak ich abermals zusammen. Wer läutete mitten in der Nacht Sturm? So schnell ich konnte, rannte ich los. Zog im Laufen meinen Morgenmantel über und riss die Tür auf, ohne auch nur durch den Spion geschaut zu haben.
Derek!
Ohne abzuwarten, packte ich ihn und zerrte ihn mit mir in die Wohnung hinein. »Wo kommst du her? Was ist passiert?«, stieß ich atemlos hervor.
Er war bleich und sah vollkommen übernächtigt aus. »Kann ich ein paar Stunden hier bleiben?« Seine Augen wirkten glasig, doch nicht, weil er mit den Tränen kämpfte, sondern vielmehr, weil er immer wieder heftig gähnen musste.
»Bist du müde?«
Er nickte. Ruhig schob ich ihn in mein Schlafzimmer und drückte ihn aufs Bett.
»Willst du mich verführen?«, versuchte er seinen alten Humor aufzuwärmen.
»Nein, du Idiot. Du sollst dich ausschlafen.« Damit schnappte ich energisch den unteren Rand seines Pullovers und zog ihn ihm über den Kopf. Er war zu nah. Die Wärme seines Körpers strahlte zu intensiv auf mich über. Was tat ich hier? Wenn er hier schlafen wollte, konnte er sich wohl immer noch allein ausziehen. Oder war ich wieder drauf und dran, den alten Emma-Fehler zu machen und mein Hirn auszuschalten, wenn es um meinen Trieb ging?
Wie auch immer, ich atmete tief durch und dies nicht etwa, weil ich mich – gleich einem buddhistischen Mönch – hatte sammeln wollen, sondern weil ich einzig und allein seinen wundervollen Duft einatmen wollte. Diesen Geruch, so herb und männlich, mit jener süßlichen Note, die nur Dereks Haut besaß. Ob Laura die auch schon bemerkt hatte? Oder war sie mir vorbehalten? Meine Fingerkuppen strichen über die Haut seiner Arme. Warm und glatt.
»Ich habe deine Nachricht auf der Mailbox gehört.« Er lächelte mich an, und meine Kehle schnürte sich zusammen. »Die war so heftig, da wusste ich, dass du sie gefaked hast.« Sein Grinsen wurde breiter, wenn es ihm auch nicht gelang, seine Erschöpfung zu überspielen.
»Ach so. Das denkst du also?«
Seine Lider schlossen sich. Dann öffnete er seine Augen wieder, die so tief in ihren schattigen Höhlen lagen, dass ich ihn in meinen Arm nehmen wollte und halten.
»Sie haben Bess«, stieß er hervor.
Das Kampf-Wiesel hatte es also erwischt!
»Und ich wollte dich sprechen, weil ich aus sicherer Quelle weiß, dass sie dich im Visier haben. Du musst untertauchen, bis George sich einen Überblick über die Lage verschafft hat«, erklärte ich so professionell, als unterhielte ich mich nicht mit Derek, sondern mit James Bond.
»George?« Er hob seinen Kopf und schenkte mir einen langen zweifelnden Blick. »George würde nicht mal auf mich pissen, wenn ich brennen würde.«
So sehr hatte sich also ihr Verhältnis verschlechtert.
»Weiß er von den ›Avengers‹?«, fragte ich.
Derek schüttelte seine dunklen Locken. Er war so schön. So atemberaubend schön. Wie ein irischer Elf.
»Wie soll es jetzt weitergehen?«, fragte ich ihn.
»Ich ziehe die Bradford-Sache noch durch. Was danach ist, interessiert mich nicht mehr.«
Das konnte nicht wahr sein!
»Und deine Verlobte? Denkst du gar nicht mehr an Laura?« Dieser Schachzug war nun wirklich ein ganz klein wenig durchschaubar.
Derek drehte sich auf die Seite und drückte das Kissen gegen seine Wange. »Laura ... ja. Die schöne, kluge, liebenswerte Laura«, flüsterte er.
Irgendwie musste ich aus der Situation raus. Aus seinem träumerischen Blick, den ich selbst heraufbeschworen hatte. »Hast du Hunger? Soll ich dir ein Sandwich machen?« Damit sprang ich förmlich vom Bett auf, als sei es plötzlich in Flammen aufgegangen. Dabei war es nur Dereks Lächeln, das ich nicht ertragen konnte. Ich wusste nur zu gut, auf was es hinauslaufen würde, bliebe ich
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