Anwaltshure 4
vibrierte. Sicherlich würde sie ablehnen. Verheiratet … Aber wie sollte sie ablehnen, wenn ich in diesem Moment noch nicht mal wusste, wie ich sie fragen sollte? Tausend Gedanken tobten wie Flocken in einem Schneegestöber durch meinen Kopf.
Und dann ging die Tür auf und Jane kam herein. Nein! Sie kam nicht herein – sie trat auf! Groß, sportlich und schlank. Das Haar noch immer so kurz, das es nicht von ihrem schönen Gesicht mit den wachen Augen ablenkte. Sie sah sich um, entdeckte mich und bedachte mich mit einem begeisterten Lachen, während sie mit beschleunigtem Schritt in meine Richtung kam.
Ich stand auf und wir nahmen uns in den Arm.
»Meine Güte, Emma … Du siehst großartig aus!« An ausgestreckten Armen hielt sie mich ein Stück von sich weg und betrachtete mich von oben bis unten.
»Danke. Das Kompliment kann ich nur zurückgeben. Es geht dir gut, wie man sieht …«
»Oh ja!«, sagte sie, während sie neben mich auf die gepolsterte Bank rutschte.
Jane brauchte sich nur kurz umzusehen, schon kam der erste Kellner herbeigeeilt. Sie bestellte Wodka-Tonic.
»Nun erzähl mal … Arbeitest du noch für George?« Sie schob die Serviette unter ihrem Glas gerade und sah mich erwartungsvoll an.
»Ja. Noch …«
Ihre Augenbrauen wanderten ein Stück hoch. Ansonsten blieb ihre Miene gleich. »Noch?«
»Mhm … ich will mich absetzen. Sozusagen.«
»Ich hab das mit Derek gehört.«
Der Sprung war heftig und ließ mich zusammenzucken. Konnte er mich nicht mal jetzt und hier in Frieden lassen?
»Du weißt von ihm?« Allein bei dem Gedanken an seinen Namen, klebte meine Zunge am Gaumen.
»Ja, ach Süße, halb London spricht seit Monaten von nichts anderem. Euer Quartett ist DAS Salon-Thema überhaupt. Deswegen habe ich auch lange überlegt, ob ich dich mal anrufen sollte.«
Dass sie mich anrufen wollte, um den Wahrheitsgehalt von Tratsch abzuklopfen, glaubte ich keine Sekunde.
»So so …«, mehr fiel mir nicht ein.
Sie lächelte und ihre weißen Zähne blitzten. »Derek und du … Das ist eine explosive Mischung, Süße. Sowas liebt die Gesellschaft. Habt ihr noch Kontakt?«
Was sollte ich denn da sagen? Ich hatte nicht vorgehabt, über Derek zu sprechen. Aber da mein Herz überzulaufen drohte, holte ich tief Luft, nahm einen Schluck und begann zu erzählen.
Jane lauschte schweigend und nickte nur ab und zu leicht. Es war weniger Zustimmung, die sie damit signalisierte, als vielmehr Ausdruck der Tatsache, dass ich ihre volle Aufmerksamkeit hatte.
»Ich kann ihn nicht mehr treffen. Sonst komme ich nie von ihm los. Wir sind Gift in unseren Adern. Weißt du, was ich meine?«
Jane nickte abermals und das Licht schimmerte in ihrem Haar. »Ja, ich weiß genau, was du meinst. Auch wenn ich dich nur aus der Ferne beobachtet habe, so denke ich doch, dass das nicht so einfach wird.«
»Das habe ich nie behauptet«, versetzte ich ein wenig zu schnell.
Sie blickte auf und die Düsternis in ihrem Blick irritierte mich. »Emma, ich will dich nicht niederschmettern, aber ich glaube nicht, dass es überhaupt klappen wird. Wenn ich dir so zuhöre, dann denke ich, du liebst ihn mit einer Leidenschaft, zu der Frauen in unserer Situation nur selten in der Lage sind. Ich hatte Glück mit Jack. Er hat das bisschen Leidenschaft, was noch in mir vorhanden war, in langer, mühseliger Kleinarbeit wieder zum Vorschein gebracht. Warum wehrst du dich gegen deine Gefühle?«
Müde senkte ich den Kopf. Nein, ich wollte nicht darüber reden. Und schon gar nicht darüber nachdenken. »Weil es nicht geht. Er ist verheiratet. Früher oder später wird Laura die Mutter seiner Kinder. Sie ist eine wunderbare Frau. Sie gibt ihm Halt. Ich spreche lediglich seine dunkle Seite an. Und auf Irrsinn kann man keine Beziehung aufbauen.«
In einer plötzlichen Bewegung warf Jane ihren Kopf in den Nacken und begann zu lachen. Ich zuckte förmlich zusammen.
»Hast du eine Ahnung, Süße!«
»Nein. Wirklich. Es geht nicht. Außerdem will ich meinem Leben sowieso eine neue Richtung geben.«
»Weg von George?« Es schien die einzig denkbare Möglichkeit, die einer Frau wie ihr dabei in den Sinn kam.
»Ja.«
»Okay, und was hast du vor?«
»Ich will einen Escort-Service gründen.«
Stumm nickend schob sie die Serviette unter ihrem Glas hin und her, bis sie sich völlig aufgelöst hatte und nur noch in kleinen Fetzen am Rand klebte. »Das ist keine üble Idee. Verbindungen hast du ja genug. Weiß George davon?«
Jetzt hielt ich
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