Anwaltshure 4
meinem Herzen bin ich noch immer die alte Laura. Das muss er doch erkennen.«
Wie konnte ich sie nur derart hintergehen? Sie war hergekommen, hatte sich überwunden, und meine Hilfe gesucht. Und ich gab ihr nicht mehr als gute Allerweltsratschläge.
Geleitet von ihrem weiblichen Instinkt, war sie in die Höhle der Löwin getreten und erkannte es nicht mal.
In diesem Moment wusste ich es so klar und sicher wie nie zuvor: Ich wollte Derek! Und ich wollte ihn um jeden Preis. Es war mehr als läppische Spielerei zwischen uns. Und ich vermutete, dass Derek sich weniger davor fürchtete, Laura wegen mir zu verlassen, sondern vielmehr, sich in einen Strudel zu werfen, aus dem es kein Entrinnen mehr gab.
»Das ist alles, was ich dir raten kann. Gib ihm die Vergangenheit wieder. Den Beginn eurer Liebe. Wenn er das wieder spürt, dann wird er die andere Frau vergessen.«
Laura drückte ihre Zigarette im Aschenbecher aus und stand auf. »Du hast recht! Das werde ich tun! Das war ein guter Rat.« Sie trat dicht an mich heran.
Wieder roch ich das kostbare Parfum. »Und wenn doch etwas anderes dahinter stecken sollte, dann melde dich jederzeit bei mir. Ich werde mit ihm sprechen. Das ist gar kein Thema!« Du verlogenes Dreckstück, schrie eine Stimme in meinem Kopf. Du willst nicht mit ihm sprechen – du willst ihn ficken! Du willst deine Klauen in seine Seele schlagen und ihn in Besitz nehmen. Seinen mickrigen, vorgeschobenen Widerstand brechen!
Nein!, rang ich die Stimme nieder. Er hat mich zu überwinden versucht! Auf dem Ball. Bei Delacro . Jedes Mal. Ich habe ihm Widerstand geboten.
Während ich Laura zur Tür begleitete, hörte ich noch das höhnische Gelächter der Stimme in meinem Kopf.
21. Geile VorFührung
In dieser Nacht schlief ich nicht. Zwei Stunden hatte ich mich in meinem Bett hin und her gewälzt, dann war ich aufgestanden, hatte einen Joghurt am Kühlschrank stehend gegessen und war dann ruhelos rauchend durch die Zimmer gewandert.
Je länger ich über alles nachdachte, desto problemloser fügten sich alle Puzzleteile zusammen. Alles ergab jetzt einen Sinn. Wir waren aufeinander getroffen und hatten unsere Beziehung bald wie einen Unfall aussehen lassen. Mit allen Mitteln hatte Derek versucht, von mir loszukommen: Mit Alkohol, Frauen, ja sogar mit Männern. Er hatte versucht, sich selbst und mich so zu verletzen, dass uns gar nichts anderes übrig blieb, als von einander zu lassen. Wir hatten miteinander gerungen und wenn wir aufeinander getroffen waren, hatte es stets einen Urknall aus Gier und Leidenschaft gegeben.
Zwei von derselben Art.
Jetzt wusste ich auch, warum George so vehement auf dieser Heirat bestanden hatte. Sie sollte Derek nicht nur vor dem Gefängnis bewahren, sondern auch vor mir. Und Derek hatte den Strohhalm ergriffen, den sein Vater ihm hingehalten hatte.
Dabei täuschte ich mich selbst keinen Moment darüber hinweg, dass George dies weder aus Sorge um seinen einzigen Sohn tat noch aus Zuneigung zu mir, seiner Lieblingsnutte. Nein! George tat es nur aus einem einzigen Grund: Er fürchtete, dass in dem Moment, in dem wir zusammenkommen würden, seine Geschäfte beeinträchtigt werden würden. Und dies verhinderte er mit allen Mitteln. Er hatte Geld und Einfluss genug, um uns wie Marionetten tanzen zu lassen.
Und dafür hasste ich ihn!
Mir war immer klar gewesen, dass George die Menschen manipulierte, aber dass er auch mit mir so verfahren würde, das hatte ich nicht geahnt.
Als der Morgen graute, kochte ich einen Kaffee und setzte mich an den kleinen Zweiertisch in der Küche. Ich sah hinaus auf die Straße, wo langsam das Leben aus den morgendlichen Dunstschleiern erwachte.
Warum konnte ich die Sache nicht einfach beenden? Mit dem Escort-Service im Gepäck hätte ich irgendwohin ziehen können. Ein neues Leben beginnen. Weggehen und Derek hinter mir lassen. Dann wäre seine Ehe gerettet und unsere Leben wieder in Ordnung gebracht.
***
Es war mein Telefon, das mich aus einem traumlosen Schlaf weckte, denn ich war am Küchentisch eingeschlafen. Schnell lief ich ins Wohnzimmer und nahm das Gespräch entgegen.
Georges Sekretärin meldete mir einen neuen Auftrag.
***
Noch am gleichen Abend holte Danny mich zu Hause ab und schien dann, nachdem wir die Innenstadt hinter uns gelassen hatten, ewig durch die Londoner Vorstädte zu fahren.
Meine Blicke streiften Reihenhaussiedlungen, leer stehende Gebäude und heruntergekommene Geschäfte, an deren Fenstern zerrissene
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