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Anwaltshure 4

Anwaltshure 4

Titel: Anwaltshure 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Carter
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mir?«
    In diesem Fall verzichtete ich auf alle Floskeln, von wegen: »Schön, dich nach so langer Zeit wiederzusehen.« Oder: »Na, wie bekommt dir das Eheleben?«
    Doch Laura schwieg. Sie betrachtete den Kaffee in ihrer Tasse, als sei er ein Orakel. »Derek«, sagte sie knapp und ihre Stimme klang, als käme sie von weit her.
    Das ist jetzt nicht die Überraschung des Tages, dachte ich. »Was ist los mit ihm?«
    »Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass er sich verändert hat. Ich kann dir nicht mal sagen, seit wann das so ist … Ich weiß nur, dass … Es wird immer schlimmer. Er schläft nächtelang nicht. Dann höre ich ihn durchs Haus wandern. Vollkommen ruhelos.« Sie senkte den Kopf wie ein ertapptes Schulmädchen. »Ich habe ihn beobachtet … Er setzt sich vor den Computer, aber er tut nichts daran. Dann steht er wieder auf. Läuft herum. Raucht. Nächtelang.«
    »Hast du mit ihm geredet?« Es war die Standardfrage. Aber eine andere fiel mir nicht ein.
    »Ich habe es versucht. Aber du kennst ihn ja. Es sei alles in Ordnung, meint er. Aber in seinen Augen sehe ich, dass gar nichts in Ordnung ist. Manchmal …« Ihr Kaffee kühlte langsam ab, doch sie ließ ihn unberührt. »Manchmal denke ich …« Ihr direkter Blick traf mich unvorbereitet. »Kann ich eine Zigarette rauchen?«
    Ich stand kommentarlos auf und holte den schweren Kristall-Aschenbecher für uns beide. Sie zündete eine Zigarette an. Selbst, wenn sie rauchte, sah es elegant aus. Sie hielt die Zigarette ganz vorn zwischen den Fingern, wie eine optische Verlängerung. Ihre Hände wirkten so noch graziler und mein Magen zog sich beim Anblick ihres schlichten goldenen Eherings schmerzhaft zusammen.
    »Manchmal denke ich, er wird von irgendwelchen Teufeln gejagt.«
    Wie sie das meinte, war mir nicht wirklich klar, aber ich ging davon aus, dass sie es mir erklären würde. Und auch, weswegen sie sich gerade an mich wandte. Andererseits ahnte ich natürlich, wo ich bei der Sache ins Bild kam, wäre es doch nicht das erste Mal, dass ich ihr bei ihm helfen würde.
    »Und … Was ist die Ursache?«
    Sie zuckte mit den Schultern. Plötzlich wirkte sie wie ein kleines Mädchen, das die große Dame spielte, aber dabei an ihre Grenzen geraten war.
    »Ich kann es dir nicht sagen. Ich weiß nur, dass es immer schlimmer wird. Von Tag zu Tag. Er sieht furchtbar aus. Isst kaum noch. Manchmal verschwindet er einfach und ich habe keine Ahnung, wohin er geht. Selbst große Einladungen lässt er platzen. Nicht mal, wenn wir wichtige Gäste haben, sieht er sich genötigt, zu erscheinen. Dann stehe ich allein als Gastgeberin da. Manchmal hilft Vater mir aus und ersetzt Derek. Aber das ist ja nicht die Idee dabei.«
    Es war ihr offensichtlich peinlich. Und ganz offensichtlich schrieb sie sich selbst die Schuld an Dereks unverzeihlichem Verhalten zu. Womit sie wieder ganz die Rolle der guten Hausherrin und Ehefrau ausfüllte.
    »Und George? Hast du mit ihm geredet?«
    »Ach, George …«, seufzte sie und brauchte nicht mehr zu sagen. Er hatte sie längst fallen gelassen. Sie hatte seinen Sohn vor dem Gefängnis, oder Schlimmerem, bewahrt, ihn geheiratet und alle weiteren Schwierigkeiten erachtete er allein als Problem der beiden. Er würde sich erst wieder für sie einsetzen, wenn er das Gefühl hatte, die Affäre könnte seine eigenen Kreise stören.
    »Und was für eine Vermutung hast du bezüglich der Ursache seines Verhaltens?«
    Jede andere Frau hätte gesagt: »Dass er eine Geliebte hat.«
    Nicht so Laura. »Ich denke, es könnte sein, dass er sich wieder in Schwierigkeiten gebracht hat.«
    Womit sie zweifellos auf Dereks jüngsteVergangenheit anspielte. Sie zog die Schultern nach vorn, als würde sie frieren und verstärkte so den Eindruck größter Hilflosigkeit.
    »Was meinst du mit Schwierigkeiten?«
    »Ach, Emma … Wenn ich das wüsste. Nichts ist mehr, wie es war. Bis zur Hochzeit war alles normal. Alles lief gut. Ich dachte, es würde so weitergehen.« Abermals senkte sie den Kopf und ich wunderte mich, dass ihre Haare nicht nach vorn rutschten.
    »Himmel … Ich war so naiv.« Die letzten Worte hatte sie beinahe geflüstert.
    Alles in mir drängte danach, sie in den Arm zu nehmen, doch ich konnte es nicht. In mir stieg die grauenvolle Gewissheit empor, warum Derek sich so verhielt. Unmöglich, dass seine Gefühle für mich derart tief und ernst waren, dass sie ihn so aus der Bahn zu werfen vermochten. Hatte er nicht mit mir gespielt, die ganze Zeit, seit

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