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Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16

Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16

Titel: Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
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Augen in den Gesichtern im Busfenster, die U-Bahn-Passagiere, die vom Untergrund verschluckt wurden wie herumwuselnde Insekten, die Kriminalität und die Trunksucht, tausend verschiedene Münder, die alle selbstgefällig vor sich hinplapperten. Eine Stadt der Verdammten. So hässlich, so fiebrig. Und alles geschah unter einer blassen Sonne in einem ewig grauen Himmel. Wo die Verdammten untergingen und sich selbst vergaßen. Das alles widerte ihn an.
    Der Schrecken, den er wahrnahm, drängte ihn weiter. Er ging immer schneller, obwohl er kaum noch Luft bekam, heftig schwitzte und sein Rucksack viel zu schwer wog. In den matten Fenstern der Läden und Cafés konnte er hin und wieder sein Spiegelbild sehen: ein schäbig gekleideter Mann mit einem alten Rucksack, gebeugt vorantaumelnd wie ein armseliger Bettler. Sein Gesicht war aschfahl und wirkte sehr krank. Als wäre es von den Schrecken gebleicht, von seinen Ängsten ausgemergelt und vom Elend in die Länge gezogen worden, aber seine Augen strahlten die Entfremdung eines Mannes aus, der von Schlafmangel gepeinigt wurde. »Großer Gott«, flüsterte er. Sonst murmelte er nur immer wieder die auswendig gelernten Stationen seines Weges vor sich hin: »Die Northern Line bis King’s Cross. Eine Fahrkarte kaufen Richtung Birmingham. Den ersten Zug nehmen … «
    An der gläsernen Fassade einer Immobilienfirma ruhte er sich kurz aus, bevor er die letzte Strecke bis zur U-Bahn-Station in Angriff nahm. Er befand sich jetzt in der Nähe einer Kreuzung und irgendetwas stimmte mit der Luft nicht. Es fühlte sich an, als würde eine Hand gegen seinen Brustkorb drücken und ihn zurückhalten, während seine Beine immer gefühlloser wurden und prickelten wie von feinen Nadeln durchstochen. Ein ganzer Strom von Visionen drängte sich in seinen Kopf, sie tauchten auf und verschwanden schneller als ein Herzschlag. Sie waren überall, die Verdammten.
    Die beiden Penner, die auf einer Bank saßen, brüllten ihn an, er solle verschwinden. Sie tranken, um nicht Opfer ihrer eigenen Albträume zu werden.
    Dies war ein Ort, den nur die Irren sehen konnten. Aber die Verrückten waren so erfüllt von diesem Anblick, dass sie nur dastehen und glotzen konnten oder herumwandern und vor sich hinmurmeln wie Propheten ohne Gefolgschaft oder entthronte Könige.
    »Du blöde Schlampenfotze«, sagte er zum Asphalt, der ihm ein Bein zu stellen versuchte. »Du fotziger Scheiß von einem Jesusteufel.« Er spuckte die vorbeifahrenden Autos an. »Stinkende Kotze und Scheiß von Scheiße von Scheiße … «, sagte er, als er vor dem U-Bahn-Eingang ankam, der wegen eines Streiks geschlossen war.
    Er betete darum, genug Kraft zu haben, um die ganze Stadt mit einem Hammer zu zerstören.
    Nun musste er zu Fuß weiter. Er stolperte die Pentonville Road entlang Richtung King’s Cross. Die Wut trieb ihn an. Er knirschte mit den Zähnen. Er würde sich nicht unterkriegen lassen. Nicht von diesem unebenen Gehweg, nicht von den Lichtern, die sich nie änderten, den plötzlich auftauchenden Straßensperren, die ihn zwangen, einen längeren Umweg zu machen, nicht von den feigen Gesichtern mit ihren pergamentartigen Mäulern, die ihn aus düsteren Souterrainwohnungen flehend anstarrten. Ein Ding, das aussah wie ein Krebs mit dünnen Beinen, krabbelte hinter einer verwelkten Hecke herum. Er schloss die Augen bei diesem Anblick.
    Es schien Stunden zu dauern. Immer wieder musste er anhalten und sich den Schweiß von der Stirn wischen und den Rucksack zurechtrücken. Das Ding war so schwer, dass ihm das Rückgrat schmerzte. Sein Gesichtsfeld wurde an den Rändern immer mehr von weißen Blitzen beeinträchtigt. Die Geräusche um ihn herum wurden langsamer und wirkten wie in die Länge gezogen.
    Vor der Haltestelle King’s Cross war die Straße aufgerissen worden und der vordere Teil des Bahnhofs wurde von einem orangefarbenen Plastiknetz verhüllt. Niemand arbeitete in der Grube, die durch Asphalt, Sand und Lehm hindurch ausgehoben worden war und in der man die Rohrleitungen sehen konnte. Die Straßenschilder waren umgefallen. Leute liefen darüber hinweg. Das metallische Knirschen der Stiefelsohlen, die über das Blech trampelten, schmerzte ihm in den Ohren. Seine Schädeldecke fühlte sich an, als wäre sie geborsten. Über seine Augen legte sich ein dunkler Schatten.
    Zwei Streifenwagen parkten vor dem Haupteingang der U-Bahn-Station, aber er konnte die Polizisten nirgendwo entdecken. Sechs angeleinte Hunde, die

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