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Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16

Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16

Titel: Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
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Grimasse zu verziehen. Seth sah wieder dort hin, wo eben noch der Junge mit der Kapuze gestanden hatte, aber er war verschwunden.
    Sein Atem ging heftig nach diesem erschreckenden Anblick. Er versuchte sich einzureden, dass es nur eine Halluzination gewesen war. Aber dann sah er ihn wieder. In seiner Schuluniformhose und den Schuhen mit den abgelaufenen breiten Absätzen huschte er an einem Stand vorbei, wo Sonnenbrillen und Uhren verkauft wurden.
    Unmöglich, so schnell konnte der Junge sich nicht fortbewegen. Es waren auch noch andere Jugendliche hier, bestimmt war es einer von denen gewesen. Er wurde allmählich paranoid und krank. Er bahnte sich den Weg durch eine Gruppe französischer Touristen und ging auf den Fahrkartenschalter zu.
    Vielleicht war der Junge ja hier, um ihn davon abzuhalten wegzufahren. Seit er sein Zimmer verlassen hatte, waren ihm überall nur Hindernisse in den Weg gelegt worden. Es kam ihm vor, als hätte die ganze Stadt sich gegen ihn verschworen, damit er bestimmte Grenzen nicht überschritt.
    In der Schlange vor dem Schalter senkte er den Blick und schloss die Augen so weit, dass er niemanden mit einer Kapuze sehen konnte, der ihn womöglich beobachtete. Er versuchte, strikt geradeaus zu sehen, und atmete die warme Bahnhofsluft tief ein und aus, um die Panik zu bekämpfen, die sich in seiner Kehle breitmachte und als spitzer, schriller Schrei hervorzubrechen drohte. Am liebsten hätte er sich die Kleider zerrissen und wäre schreiend durch die Menge gerannt.
    Instinktiv glaubte er, es würde ihm bessergehen, wenn er in seine Wohnung zurückkehrte. Etwas teilte ihm mit, dass es ihm nicht erlaubt war, die Stadt zu verlassen. Eine Macht, mit der er willentlich eine Partnerschaft eingegangen war in der Nacht, als er die Tür zu Apartment Nummer sechzehn geöffnet hatte.
    Schließlich stand er vor der gläsernen Trennwand, hinter der ein dicker Mann in einer roten Weste saß. Seth fand seine Stimme wieder und verlangte eine Fahrkarte nach Birmingham.
    Der Mann sah ihn verärgert an. »Haben Sie denn die Durchsagen nicht gehört und nicht auf die Anzeigen geachtet? Heute fahren keine Züge nach Birmingham.«
    »Was?«
    »Keine Züge von Euston aus.«
    »Aber wie komme ich dann nach Birmingham?«
    »Marylebone. Chiltern Railways. Oder mit dem Reisebus von der Victoria Station.«
    Aber schon allein die Namen dieser Bahnhöfe, die irgendwo weit entfernt in diesem lärmenden Chaos der Stadt lagen, zerstörten seine letzten Hoffnungen. Am liebsten hätte er gegen die Wand geschlagen, bis seine Hände nur noch blutiges Fleisch und zersplitterte Knochen waren.
    »Wären Sie bitte so freundlich, den nächsten Kunden vorzulassen«, bat der Mann in der roten Weste.
    Seth bewegte sich wie in Trance vom Fahrkartenschalter weg. Er wusste ganz genau, dass weder die U-Bahn noch die Busse ihn an sein Ziel bringen würden. Aber er hatte nicht die Kraft, zu Fuß weiterzugehen. Sein ganzer Elan war aufgebraucht, der kleine Rest war nötig, um die aufkeimende Panik niederzukämpfen. Selbst wenn es ihm gelänge, einen anderen Bahnhof zu erreichen, würden dieser Schwindel und dieses Unwohlsein ihn wieder übermannen.
    Er musste dringend schlafen. Nach Hause gehen und sich hinlegen. Vielleicht konnte er es ja noch einmal versuchen, nachdem er sich ausgeruht hatte. Er konnte an nichts anderes mehr denken und ignorierte sogar den Jungen mit der Kapuze, der gegenüber dem Fahrkartenschalter auf ihn wartete und sich zu ihm gesellte und mit ihm ging, als er den Bahnhof verließ.
    Am nächsten Tag versuchte er, Richtung Süden zu gehen, aber er kam nur bis zur Strand, wo er sich in einer öffentlichen Toilette übergeben musste.
    Richtung Norden geriet er in einen Irrgarten und verlor völlig die Orientierung zwischen all den Backsteinwänden, spitzen schwarzen Dächern, Eisengeländern und der schlechten Luft. Außerdem waren da diese Silhouetten von blassen Gestalten, die ihn aus den Häusern heraus anriefen und in den verfallenden Kellern herumhasteten, schneller noch als Ratten. Seine Fluchtversuche endeten immer wieder im Zentrum, Abend für Abend, irgendwo zwischen Camden und Euston, wo er hungrig und völlig erschöpft ankam.
    Am dritten Tag wandte er sich nach Osten und wäre beinahe in einer Straße mit grauen Terrassenhäusern und von Müll übersäten Vorgärten erstickt. Er fing an zu zittern und begann zu schluchzen, während pakistanische Kinder in eigenartigen Kleidern ihn anstarrten. Also kehrte er wieder

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