Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16
nach Hause zurück, in die einzige Richtung, wo Übelkeit, kalte Schweißausbrüche und Atemnot nachließen und die Rufe der knochigen Wesen, die mit gelblichen Gesichtern und weit aufgerissenen Mündern an den Fenstern lauerten, seltener wurden.
Am nächsten Abend ging er wieder zur Arbeit.
27
Vor der Wohnung der Shafers vermengten sich alle typischen Gerüche des Barrington House: Holzpolitur, Teppichshampoo, Messingreiniger und Staub. Und noch etwas. Eine Spur Schwefel. Oder etwas, das kürzlich abgebrannt war, Schwarzpulver zum Beispiel.
Zu beiden Seiten des Aufzugs führten die Treppen hinauf und hinab. Trotz des Deckenlichts war es düster dort. Nur halb ausgeleuchtet wie ein Foto, das bei schlechten Lichtverhältnissen entstanden war. Apryl fühlt sich hier nicht wohl, verspürte sogar eine eigenartige Apathie. Wenn sie sich nicht in Bewegung hielt und sich etwas Bestimmtes vornahm, wäre sie schon zufrieden gewesen, einfach nur dazuliegen oder herumzusitzen und zu warten, ganz allein mitten in diesem Haus. Aber worauf sollte sie warten?
Schon bei dem Gedanken, dass sie jetzt an die Tür der Shafers klopfen musste, wurde ihr übel. Das Ehepaar war schon sehr alt und sehr schwierig. Sie wollten nicht gestört werden. Jedenfalls hatten Stephen und Piotr das behauptet. Dass sie abgelehnt hatten, sie zu sprechen, hatte natürlich mit ihrer Verbindung zu Hessen zu tun und mit dem, was sie ihm angetan hatten. Und ihr Großonkel Reginald hatte ihnen den Weg gewiesen. Mrs. Roth hatte ihr das alles nur in einer emotionalen Ausnahmesituation gestanden. Vielleicht hatte sie geahnt, dass ihr Ende nahte. Der Gedanke daran behagte Apryl gar nicht, aber sie war wohl einer der letzten Menschen, die Betty Roth lebend gesehen hatten. Stephen hatte ihr das am Morgen, als sie hier angekommen war, versichert.
Die alte Dame hatte ihr genug anvertraut, und auch Lillian hatte auf diese schrecklichen Ereignisse verwiesen, die vor einem halben Jahrhundert hier vorgefallen waren. Aber vor lauter Angst, sie könnte Mrs. Roths plötzliches Geständnis abwürgen, wenn sie sie unterbrach, hatte sie versäumt, nach dem Tod von Reginald zu fragen. Nicht mal Lillian war in der Lage gewesen, diese Details zu beschreiben. Offenbar war die Erinnerung an die damaligen Vorfälle sowohl für Mrs. Roth wie auch für ihre Großtante einfach unerträglich gewesen. Also blieben ihr nur vage Vermutungen, Hessen könnte übernatürliche Kräfte beschworen, grauenhafte Geräusche erzeugt oder furchtbare Albträume verursacht haben – Heimsuchungen, die nicht einmal eine direkte Konfrontation mit dem Verursacher beenden konnte. Dinge, die sie selbst bemerkt hatte und vor denen sie sich schrecklich fürchtete, wenn sie die düsteren Flure und verkommenen Zimmer betrat, wo die Schatten irgendwie falsch waren und jeder Spiegel etwas Unnatürliches in seinen Tiefen barg. Sie sah sich um, und jedes Mal, wenn ihr Blick den Spiegel auf dem Treppenabsatz streifte, wurde sie von einem Gefühl der Beklemmung erfasst.
Aber es hatte eine Auseinandersetzung gegeben, und sie war schlecht ausgegangen für Hessen. Da war sie sich sicher. Ein Mord war all die Jahre geheim gehalten worden. Und dieses Geheimnis hatte sie alle zerstört und in die Isolation und den Wahnsinn getrieben. Aber sie würde diese Geschichte ans Tageslicht bringen. Sie würde herausfinden, wie Reginald umgekommen war und wie Hessen ermordet wurde, und zwar noch an diesem Nachmittag.
Sie hob die Hand.
Ihr Zeigefinger drückte auf den kalten Messingknopf der Klingel.
Ganz sanft, viel zu sanft. Es war nichts zu hören. Sie drückte fester und hielt den Knopf gedrückt.
Was tust du eigentlich hier?
Nach einem Moment spürte sie den Klingelknopf an ihrer Fingerspitze vibrieren. Im gleichen Augenblick hörte sie hinter der schweren Holztür ein leises Läuten.
Hinter dem grauen Glas des Fensters im Treppenhaus schien die Sonne mit einem Mal von einer Wolke verdeckt zu werden, denn sie spürte, wie es um sie herum kälter und ein wenig dunkler wurde.
Sie trat einen Schritt zurück und wartete. Und wartete. Denn niemand kam. Sie beugte sich vor und drückte erneut auf den Knopf. Und dann wieder.
Schließlich hörte sie eilige Schritte vom Stockwerk über ihr die Treppen herunterkommen. Und mit einem Mal hatte sie ein schlechtes Gewissen wie ein Kind, das einen Klingelstreich gemacht hat. Das Warten nahm ihr den Mut. Ein Schatten strich über die Wand, und sie drehte sich um, weil sie
Weitere Kostenlose Bücher