Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16
Frühstückstisch ihrer Oma. Sie drückte den Schalter herunter, es knackte, aber nichts passierte. Die Glaslampen an der Flurwand blieben dunkel.
Im schwachen Lichtschein, der hinter ihr hereindrang, ging sie ein Stück den leeren Flur entlang. Der Holzboden unter ihren Füßen knarrte. Es roch nach Staub und abgestandener Luft.
»Seth«, rief sie jetzt etwas lauter. »Seth. Wo sind Sie denn?«
Sie kam an zwei weiteren Lichtschaltern vorbei und betätigte sie. Nichts passierte. Sie funktionierten nicht.
Weiter reichte das Licht aus dem Korridor nicht. Die Dunkelheit in der Wohnung verschluckte den gelblichen Schein. Dann wurde es mit einem Mal um sie herum noch viel dunkler.
Sie blickte zurück zur Wohnungstür und sah, dass sie halb zugegangen war. Von allein, als würde ihr eigenes Gewicht sie in den Rahmen drücken. Sie ging zurück, ängstlich darauf bedacht, mit ihren Absätzen keine lauten Geräusche zu verursachen. Dann zog sie die Tür weit auf und klemmte ihre Puderdose darunter, um sie zu blockieren. Anschließend lief sie wieder zurück in die Mitte des Flurs.
Diesmal schenkte sie den Türen, an denen sie vorbeikam, mehr Aufmerksamkeit. Die kleineren, die weiß gestrichen waren, mussten wohl zu Wandschränken gehören. Die anderen führten in Zimmer, genau wie in Lillians Apartment. »Seth«, sagte sie in halb beherrschtem, halb verärgertem Ton, der die Stille in der Wohnung zerschnitt.
Sie zog das Feuerzeug aus der Tasche, knipste die Flamme an und hielt sie hoch, um besser sehen zu können.
Die Wände waren mit einer hässlichen Tapete bedeckt, die im Laufe der Jahre braun geworden war und sich unter ihren Fingerspitzen rau anfühlte. Alles, was einmal an den Wänden gehangen hatte, war heruntergenommen worden, wie sie es auch schon in den anderen Wohnungen gesehen hatte. Als wären die Wände zu morsch, um etwas aufzuhängen. Nirgendwo waren die Gemälde zu sehen, von denen Seth gesprochen hatte, keine Spur davon.
»Seth? Seth? Sie machen mich echt verrückt. Wo sind Sie denn?«
Noch ein paar Schritte weiter, und sie stand im Dunkeln, das sie nur mit Hilfe ihres Feuerzeugs erhellen konnte. Die kleine Flamme zitterte im kalten Lufthauch und erleuchtete nur einen kleinen Bereich um sie herum. Immerhin konnte sie jetzt die geschlossene Tür zu ihrer Linken erkennen. In der Wohnung ihrer Großtante würde sie ins Wohnzimmer führen. Es drang eine Stimme heraus. »Seth? Sind Sie da drin?«
Er schrie: »Apryl, nein! Kommen Sie nicht rein. Stopp!«
Durch den Spalt unter der Tür wehte ein kalter Hauch. Die Flamme des Feuerzeugs zitterte, verfärbte sich bläulich, wurde kleiner und ging aus. Es war wirklich eigenartig, aber seine Stimme hatte geklungen, als käme sie aus weiter Ferne. Sie blieb stehen, mit zum Zerreißen gespannten Nerven, und horchte.
Im Zimmer sagte jemand etwas. Ja, tatsächlich, sie konnte eine Stimme hören. Nein, mehrere Stimmen. War das ein Fernsehapparat? Ein Radio? Sie ging näher an die Tür heran und drückte ihr Ohr gegen das Holz. Die Geräusche erinnerten sie an das ferne Geschrei, das sie hörte, wenn sie während eines Heimspiels am Stadion der New York Yankees vorbeiging. Diese Töne kamen wahrscheinlich von irgendwo unten aus dem Gebäude.
Mit einem Mal erinnerte sie sich an das, was Mrs. Roth und Mr. Shafer ihr über die Geräusche in diesem Apartment erzählt hatten. Sie hielt das Handy ans Ohr, trat einen Schritt von der Tür zurück und sagte: »Miles?«
»Ja, ich hör dich. Was ist los?«
»Ich weiß es nicht. Hier drin ist kein Licht. Ich kann kaum etwas erkennen. Aber ich höre was. Kommt das vielleicht von draußen? Kannst du da unten irgendwas hören?«
»Was denn?«
»Eine Menschenmenge.«
»Was soll das denn heißen?«
»Ist es windig dort draußen?«
»Was?«
»Ob es windig ist. Ein Sturm oder so?«
»Nein. Es ist verdammt kalt und nass, aber nicht windig. Wovon redest du überhaupt?«
»Ich kann da was hören.« Und das stimmte auch. Es wurde mit jeder Sekunde lauter. Oder ihre Wahrnehmung wurde schärfer. Es klang wie ein Sturm. Oder wie etwas, das sehr laut, aber sehr weit entfernt war und nicht sehr harmonisch klang. Unter der Tür strömte die kalte Luft jetzt druckvoller hervor, und sie trat noch einen Schritt zurück.
»Apryl? Apryl?« , hörte sie Miles rufen. Seine Stimme klang schwach wie Vogelgezwitscher.
»Seth? Was machen Sie denn da?«, fragte sie, wieder der Tür zugewandt. Sie hob das Feuerzeug hoch und wollte es
Weitere Kostenlose Bücher