Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16
ihrer Jacke rutschte ihr halb über den Kopf, als sie versuchte, sich aus dem Mantel zu befreien. Er packte sie noch fester, krallte sich fest. Der Stoff engte sie ein, und sie konnte die Arme nicht mehr richtig bewegen. Er hörte seinen eigenen keuchenden Atem und stieß jammernd hervor: »Es tut mir leid, es tut mir leid.«
Der Junge mit der Kapuze folgte ihnen durch den Flur, fuchtelte mit den Armen wild in der Luft und rief mit schriller Stimme: »Rein, rein, rein!«
»O Gott, nicht. Seth, bitte nicht.« Tränen liefen über ihr hübsches Gesicht und verschmierten das Make-up. Voller Panik sah sie zur Tür, der sie sich näherten. Der grauenhafte eisige Wind gab ihr einen Vorgeschmack auf die unendliche schwarze Leere, die jenseits der Schwelle darauf wartete, sie zu verschlingen.
Seth griff mit einer Hand hinter seinen Rücken, um den Türknauf zu betätigen. Apryl wehrte sich immer panischer, als sie spürte, dass sein Griff an ihrem Kragen sich gelockert hatte. Fast gelang es ihr, auf die Füße zu kommen. Aber dann trat er gegen ihr Bein, und sie brach zusammen, blieb wimmernd auf der Seite liegen, verheddert in ihren Mantel, der ihr jetzt halb über Kopf und Gesicht gerutscht war. Auf diese Weise hatte er sie gut im Griff und konnte sie weiterzerren.
Der Junge mit der Kapuze hüpfte keuchend neben ihnen her, wie ein Wiesel, das einen Kaninchenbau entdeckt hat. Er begann jetzt, mit den Beinen zu stampfen, und ein eigenartiges Wimmern drang aus der Kapuze, als bereitete er sich vor, ihr in die unendliche Dunkelheit zu folgen, um endlich Schluss zu machen.
Die Tür schwang weit auf, und ein heftiger Schwall eisiger Luft sauste über sie hinweg wie eine Flutwelle über das Deck eines im Sturm schlingernden Schiffs. Direkt hinter der Tür hatte sich eine unglaubliche Menge von Stimmen versammelt, die aus Mündern drangen, die Seth lieber nicht ansehen wollte. Sie schrien von oben und heulten von unten, sie kreischten von allen Seiten und brandeten der Türöffnung entgegen, als hofften sie, sich an den Lebenden dort in dem winzigen Lichtschein festkrallen zu können, um auf diese Weise der ewigen Verdammnis zu entrinnen.
Seth nahm alle Kraft zusammen und trat rückwärts über die Schwelle in den von Dunkelheit und Sturm erfüllten Raum. Dann noch ein Schritt, und er zerrte das schreiende Mädchen mit sich hinein.
42
»Apryl! Apryl! Scheiße!« Miles nahm wütend das Handy herunter und rannte zum Eingang des Barrington House. Er sprang die Treppen hinauf, nahm drei Stufen auf einmal und landete auf dem glatten Marmorboden vor den großen Glastüren. Er schlitterte auf seinen Ledersohlen und war kaum fähig zu atmen, so panisch, verängstigt und geschockt war er, seit er ihren Schrei gehört hatte: Der tief empfundene grausige Schrecken, der in ihrer Stimme gelegen hatte, das Tosen eines unheimlichen Sturms und der schlechte, knackende Empfang nährten seine schlimmsten Befürchtungen. Er tippte wild auf die Metalltasten des Türöffners. Eins. Neun. Vier. Neun.
Der schwere Messingrahmen, der die beiden Glastüren zusammenhielt, gab ein lautes Klacken von sich, als der Verschlussmechanismus sich löste. Er stieß die Türen auf und rannte durch die mit Teppichen ausgelegte Eingangshalle auf das Rezeptionspult zu. Erst als er die Sitzecke mit dem Teetisch, den darauf liegenden Hochglanzmagazinen und den gemütlichen Sesseln passiert hatte, atmete er tief durch. Er war solche sportlichen Übungen nicht gewohnt und sog hektisch die warme Luft ein.
Durch die Seitentüren musst du gehen. Diese Türen dort. Und weiter Richtung Aufzüge zum Treppenhaus. Er hörte ihren amerikanischen Akzent, als spräche sie gerade zu ihm, hatte ihre etwas eigenartige Aussprache im Ohr, bei der manche Worte klangen wie in einem alten Hollywoodfilm. All diese Gedanken wirbelten durch seinen Kopf, während er den richtigen Weg suchte.
Er sprang die Treppenstufen hinauf. Dann hielt er an. Blieb mit zitternden Knien stehen und versuchte sich zu beruhigen, sich zur Vernunft zu rufen und die Panik niederzukämpfen, die ihn erfasst hatte. Apartment Nummer sechzehn befand sich acht Stockwerke weiter oben, und er war jetzt schon völlig fertig, nachdem er bloß die kurze Strecke durch die Eingangshalle gerannt war. Es gab doch einen Aufzug. Nimm den. Der wartete doch schon im Erdgeschoss. Ja, er konnte sogar schon hineinblicken, konnte die Holzvertäfelung und den breiten Spiegel an der Rückseite erkennen und den gelblichen
Weitere Kostenlose Bücher