Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16
rote Licht über der Nummer von Apartment vierzig.
»Was zum Teufel will der denn?«, murmelte Seth vor sich hin. Es war Glock, ein Schweizer Playboy mittleren Alters, einer der rücksichtslosesten Menschen, die Seth je getroffen hatte. Er griff nach dem Hörer, um das nervtötende Piepen des Lautsprechers auf dem Armaturenbrett zu stoppen. »Hier ist Seth.«
»Ich brauche ein Taxi nach Heathrow. Jetzt sofort.« Glock legte auf.
Kein anderer Bewohner des Hauses bestätigte so regelmäßig sein Vorurteil, dass die Reichen ein unangenehmer Menschenschlag waren. Zu Beginn seiner Arbeit im Barrington House hatten die Bewohner und ihr absurder Wohlstand ihn eingeschüchtert, so als würde ihre bloße Anwesenheit die Flecken auf seiner Krawatte, seine schiefen Absätze und seinen löchrigen Lebenslauf deutlicher sichtbar machen. Er war lächerlich schüchtern gewesen in ihrer Gegenwart. Aber nach einem halben Jahr, in dem er sich um ihren stinkenden Unrat gekümmert hatte und Zeuge ihrer zahllosen Demonstrationen der eigenen Wichtigkeit geworden war, ihre affektierten Akzente vernommen und ihre vulgären Wohnungseinrichtungen gesehen hatte, hatte sich diese Scheu in eine grundlegende Abneigung verwandelt. Er hatte kaum noch Respekt für diese Leute. Das galt besonders für Glock. Die Arbeit in diesem Haus hatte Seth deutlich vor Augen geführt, dass Geld nur das Schlechteste in den Menschen hervorkehrte.
Er fuhr mit dem Aufzug in den vierten Stock, wo Glocks Taschen bereitstanden. Auf dem Weg nach oben wischte er sich das Gesicht mit einem Papiertuch ab. Es fühlte sich auf der heißen Haut seiner Stirn und seiner Wangen wie Sandpapier an. Er erinnerte sich an einen Asiaten, der ihn im Kino angeniest hatte, und fragte sich, ob er von diesem Fremden womöglich mit einer tropischen Krankheit infiziert worden war. Er rieb sich über den Nacken und spürte ein Kratzen im Hals. Dann fiel ihm ein, dass er ja gerade erst im kalten Luftzug gestanden hatte, als er durch den Briefschlitz von Apartment sechzehn gespäht hatte, und zuckte zusammen. Wieder stieg ihm der staubige Geruch in die Nase, der aus der verlassenen Wohnung gedrungen war.
Als er mit Glock und seinem Gepäck fertig war, drehte er sich eine Zigarette und sah dem Taxi hinterher, das aus der Parklücke auf den Platz fuhr. Hoffentlich war dies das letzte Mal gewesen, dass er während seiner heutigen Schicht aus dem Sessel geklingelt wurde. Er fühlte sich überhaupt nicht gut. Das Kratzen in seiner Kehle wurde immer schmerzhafter. Unter dem Blazer klebte das Hemd an seinem Rücken.
Doch die Atempause hinter dem Pult hielt nicht lang an. Als Nächstes verlangte Mrs. Shafer, die ältliche Ehefrau eines amerikanischen Börsenmaklers, seine Aufmerksamkeit. Sie wohnte mit ihrem Mann in Apartment Nummer zwölf.
Sie stand draußen vor der Eingangstür des Gebäudes und betätigte die Klingel. Der nicht endende Summton, der hinter dem Pult ertönte, machte das Ausmaß ihrer Verärgerung deutlich. Sie sah heute noch grotesker aus als sonst. Ihre mit Bändern durchflochtenen Haare türmten sich zu einem Durcheinander, von dem Strähnen herabfielen und ihr teigiges Gesicht umrahmten. Ein beschissenes Halloween-Gespenst. Er erschauerte vor Ekel. Wie konnte sich so eine Frau derart gehen lassen? Vor allem, wo sie doch dermaßen viel Geld hatte.
Seth betätigte den Knopf für die Haustür und ließ sie herein. Als sie auf ihren dicken Beinen in die Eingangshalle walzte, legte sich ihre Stirn in tiefe Falten. »Was soll das … « Sie machte eine längere Pause. »Wir haben ein ernstes Problem mit diesem Ding da!« Sie deutete auf die Tür. Seth zuckte zusammen. Obwohl er sich mittlerweile an ihre hysterischen Anfälle und ihre Temperamentsausbrüche gewöhnt hatte, gelang es ihr immer wieder, ihn einzuschüchtern. Sie war völlig verrückt. Nur der Chefportier mit seinen makellosen Umgangsformen und seiner sanften Stimme schaffte es, sie zu beruhigen.
Sie kam mit kurzen, zuckenden Schritten auf sein Pult zu. »Machen Sie sich nur keine Umstände!«, blaffte sie ihn an. Sie fuchtelte mit den Armen herum und sah jetzt aus wie ein Dinosaurier, dessen massiger Körper immer nach vorn geneigt war und dessen winzige Arme eigentlich nutzlos waren. Mrs. Shafer erwartete von den Portiers, dass sie zur Tür eilten und sie aufzogen, wenn sie erschien, als wäre sie eine königliche Hoheit. Es wurde weiterhin erwartet, dass man sie zum Aufzug und schließlich bis nach oben vor ihre
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