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Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16

Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16

Titel: Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
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Gestalt zusammen. Sie war völlig weiß gekleidet und beugte sich nach vorn. Sie stand direkt vor der Tür von Apartment Nummer sechzehn.
    »Großer Gott«, stieß er atemlos hervor und merkte, wie ihm die Haare zu Berge standen.
    Die Gestalt drehte sich um und sah ihn an. Einen kurzen Moment lang war er nicht in der Lage, das runzelige Gesicht unter dem dünnen silbrigen Haarschopf zu identifizieren. Aber dann gelang es ihm doch. Der Schock ließ nach und wurde von einem Gefühl der Erleichterung abgelöst. Es war Mrs. Roth. Allerdings stand sie dort in ihrem Nachhemd und schien ziemlich verstört zu sein.
    »Er kommt zurück«, sagte sie und schien kurz davor, in Tränen auszubrechen. Ihre dünnen Ärmchen und arthritischen Hände zitterten. Durch das durchsichtige, seidige Gewebe ihres Nachthemds konnte er ihren knochigen Körper erkennen, ihre hervortretenden Schultern und das spitze Becken. Ihre Beine waren unglaublich dürr und unterhalb des Saums mit knotigen Krampfadern übersät. Ihre krallenartigen Füße waren nackt.
    »Er kommt zurück wegen mir.«
    Sie war zweiundneunzig. Er fragte sich, wie sie es wohl geschafft hatte, auf diesen klapprigen Beinen die Treppe herunterzusteigen. Mrs. Roth war meistens bettlägerig und ging nur zweimal in der Woche zum Mittagessen aus dem Haus, gestützt auf zwei Spazierstöcke und mithilfe ihres philippinischen Hausmädchens Imee.
    Seth stand ganz ruhig da und starrte sie an. Er versuchte zu schlucken, aber es war viel zu schmerzhaft.
    Sie deutete mit ihrer missgestalteten Hand auf die Tür von Apartment sechzehn: »Machen Sie die Tür auf. Ich will es selbst sehen.«
    Er schüttelte den Kopf. »Das darf ich nicht, Mrs. Roth. Kommen Sie, ich bringe Sie zurück in Ihr Bett.«
    Sie schüttelte ihre knorrige, vertrocknete Hand mit der pergamentartigen Haut. »Ich will aber nicht ins Bett gehen!«
    Normalerweise schlafwandelte sie nie. Und trotz ihres Alters hatte Mrs. Roth noch nie den Eindruck gemacht, sie wäre auch nur im Entferntesten verwirrt. Tatsächlich benahm sie sich zu jeder Tageszeit immer sehr rüde und unhöflich. Obwohl sie Seth nachts nur selten belästigte, war auch ihm bekannt, dass sie das Personal grundsätzlich schlecht behandelte. Sogar der Chefportier hatte Angst vor ihr.
    »Bitte, Ma’am. Sie sollten hier unten nicht herumlaufen.«
    Noch während er es sagte, bemerkte er seinen Fehler. Ihr Gesicht lief vor Wut dunkelrot an. Sie drehte sich zu ihm, deutete mit dem Finger, der wie ein Haken gebogen war, auf sein Gesicht und kam ihm damit so nahe, dass er die Runzeln zwischen dem ersten und zweiten Glied deutlich vor Augen hatte. »Wie können Sie es wagen!« Der normalerweise perfekt geföhnte, dünne weiße Haarschopf geriet in Unordnung. Einige Strähnen fielen ihr über die Ohren. Durch das, was noch halbwegs ordentlich lag, konnte er ihre blasse Kopfhaut sehen und die Leberflecken darauf. Ihr Hals war sehr dünn, und das Fleisch hing von ihrem Schüsselbein wie altes loses Leder. Sie erinnerte ihn an einen Vogel. Einen Vogel mit spitzem Schnabel und böse funkelnden Augen, dem nur noch wenige Federn geblieben waren.
    »Er ist zurück, ich sage es Ihnen! Ich habe ihn lachen gehört.«
    Normalerweise hätte ein Mann in seiner Position, der mit einer wütenden zweiundneunzigjährigen Frau im Nachthemd konfrontiert wurde, ein verwirrtes Lachen von sich gegeben oder nervös gelächelt. Aber in ihrem Gesicht und ihren weit aufgerissenen triefenden Augen lag etwas, das Seth beunruhigte. Besonders weil sie auf etwas hinwies, das er hinter dieser Tür selbst schon gehört hatte.
    Er ging das Wagnis ein und trat dicht neben sie. Dann sagte er freundlich: »Ich weiß. Ich habe auch Geräusche da drinnen gehört. Das geht schon eine ganze Weile so. Aber was ist es denn?«
    »Was? Können Sie nicht lauter sprechen? Machen Sie sich nicht lächerlich. Was haben Sie da gesagt?«
    Er deutete mit dem Kopf zur Tür. »Da drinnen. Nachts. Ich habe es gemeldet. Die Geräusche. Das Klopfen. Im Flur. Möbelstücke wurden umgeworfen. Solche Sachen eben.«
    Mrs. Roths spitzes Gesicht wurde blass, sie war jetzt kreidebleich. Das Zittern ihrer zerbrechlich wirkenden, affenähnlichen Gliedmaße verstärkte sich. Er fürchtete schon, sie könnte zusammenbrechen, und machte noch einen Schritt nach vorn, um sie zu stützen. Sie hielt sich an seinem Arm fest und senkte den Kopf.
    »Nein«, flüsterte sie. »Nein.« Aber sie sprach mehr zu sich selbst. Dann sah sie zu ihm auf wie

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