Apartment in Manhattan
„Also weiter, lassen Sie uns in die Küche gehen, um beim Vorbereiten des Essens zu helfen.“
Warum sieht er mir nicht in die Augen?
Alle möglichen paranoiden Vorstellungen kreisen in meinem Kopf.
Alle beinhalten, dass Will mich betrogen hat, und John das weiß. Vielleicht weiß es jeder hier. Möglicherweise flüstern die Leute hinter meinem Rücken, zeigen mit den Fingern auf mich und sagen: „Seht mal, das ist Will McCraws Freundin. Sie ist ja so ahnungslos. Sie denkt, dass er ihr treu ist.“
Während ich dabei helfe, die Silbertabletts mit Fetakäse, Artischocken und geräuchertem Lachs, Dilltörtchen und Crème fraîche zu bestücken, bin ich immer überzeugter, dass er mich betrogen hat.
Ich beobachte die anderen Kellnerinnen und überlege, welche von ihnen Will am ehesten verführen würden. Sie alle sind potenzielle Vamps: Sheila mit ihrem herrlich langen roten Haar, Kelly mit den Wangenknochen eines Models, Zoe mit Brüsten, die sogar größer als meine sind, und einem dünnen Körper.
Sue schließe ich aus, obwohl sie liebenswert und sehr kontaktfreudig ist. Zum einen, weil sie ziemlich neu ist, nicht nur hier, sondern überhaupt in New York, sie kam eben erst aus Pittsburgh hierher. Außerdem ist sie superfreundlich zu mir, und sie sagt immer wieder, wir sollten einmal zusammen weggehen.
Jedes Mal, wenn John mir jemanden vorstellt, fügt er hinzu: „Das ist Tracey. Will McCraws Freundin.“
Alle sind überrascht.
Jeder reagiert mit einem
Will hat eine Freundin?
-Ausdruck im Gesicht, auch wenn sie es nicht alle so direkt sagen. Manche allerdings schon.
Gott sei Dank verfliegen die Stunden nur so, nachdem die Gäste erst einmal erschienen sind und wir angefangen haben zu arbeiten.
Mein Magen hat geknurrt, als ich vor Partybeginn die Canapés auf dem Silbertablett angerichtet habe. Doch als schließlich alle Gäste gegangen sind und wir aufräumen, ist mein Hunger verschwunden. John sagt, wir sollen uns nehmen, was übrig geblieben ist – und das ist eine Menge. Aber selbst die marinierten, in Basilikumblätter gewickelten Shrimps lassen mich jetzt kalt.
Endlich sitze ich in einem Taxi, bin über einhundert Dollar reicher, und frage mich, wie ich in sechs Stunden aus dem Bett kommen soll, während ich wechselweise meine schmerzenden Füße und Schultern massiere.
Als ich in meine Wohnung komme, sehe ich, dass mein Anrufbeantworter blinkt.
Ich drücke den Knopf, und während die Kassette zurückspult, beginne ich, mich auszuziehen.
Ich bin zu kaputt, um alle Knöpfe des Fracks zu öffnen, deshalb mache ich nur den ersten auf und will ihn mir über den Kopf ziehen. Er ist genau über meinen Ohren, als ich mir einbilde, Wills gedämpfte Stimme zu hören. „Tracey? Tracey?“
Für einen kurzen Moment habe ich die unsinnige Idee, dass er hier im Zimmer ist.
Ich weiß. Verrückt. Was soll ich sagen? Es ist spät, und mein Blutzuckerspiegel ist extrem niedrig.
Natürlich wird mir nur einen Augenblick später klar, dass es die aufgezeichnete Nachricht von ihm ist – dass er gedacht hat, ich würde erst ans Telefon gehen, wenn ich wüsste, wer anruft.
Dass er gedacht hat, ich wäre doch bestimmt zu Hause …
„Es ist jetzt Mitternacht. Wo bist du? Okay, ich versuche es an einem anderen Abend wieder. Ich hoffe, alles ist in Ordnung.“
Ein Klicken, dann piept die Maschine zwei Mal und eine körperlose Stimme sagt: „Ende der Nachrichten.“
Ich versuche, die verdammte Jacke auszuziehen, damit ich auf die Uhr schauen und sehen kann, ob es zu spät ist, zurückzurufen.
Doch der Frack ist hoffnungslos um meinen Kopf gewickelt, was mich nicht nur fast taub macht, sondern auch komplett blind.
Und überhaupt, als ich die Jacke wieder über meinen Kopf nach unten ziehe, wird mir klar, dass ich Will ja gar nicht zurückrufen kann. Ich habe keine Telefonnummer.
Das ist vielleicht ein Mist.
Wirklich ein Mist.
Ich versuche es positiv zu sehen, dass er wenigstens angerufen hat, aber es will mir nicht gelingen.
Er hat nicht „Ich vermisse dich“ gesagt, oder überhaupt irgendetwas, das mir dieses schlechte Gefühl nehmen könnte, das ich habe, seit mir klar ist, dass keiner seiner Kollegen bei Eat, Drink Or Be Married von meiner Existenz wusste.
Offenbar spricht Will bei der Arbeit nicht über sein Privatleben.
Und, okay, vielleicht hat das auch gar nichts weiter zu bedeuten, als dass er ein typischer, verschlossener Mann ist.
Ich meine, meine Brüder diskutieren ihre Beziehungen auch
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