Apartment in Manhattan
mit niemandem. Damals, als wir alle noch zu Hause wohnten, hat meine Mutter immer nachgefragt – oder vielmehr gedrängt, denn meine Mutter ist niemals dezent –, und meine Brüder sind dann immer ausnahmslos verstummt oder verschwunden. Wir haben sogar nicht einmal gewusst, dass mein mittlerer Bruder Joey eine Freundin hatte, bis er meinen ältesten Bruder Danny gebeten hat, ihm Geld zu leihen, damit er einen Verlobungsring kaufen konnte.
Also hat Will mich seinen Kollegen gegenüber vielleicht nur nicht erwähnt, weil Jungs das eben nicht tun.
Oder vielleicht hat er mich seinen Kollegen gegenüber nur nicht erwähnt, weil er will, dass sie ihn für allein stehend halten, damit er hinter meinem Rücken durch die Gegend vögeln kann.
Wahrscheinlich glauben Sie jetzt, dass ich mich von meiner Fantasie hinreißen lasse.
Und ja, das ist sehr gut möglich.
Aber ich kann nicht umhin, mich zu fragen, ob ich mich nicht vielleicht freiwillig viel zu lang blind gestellt habe.
Nun, wo so viele Meilen zwischen Will und mir liegen, kann ich unsere Beziehung viel neutraler betrachten.
Ich wusste immer, dass wir Probleme hatten. Ich sehne mich seit Ewigkeiten nach einer festeren Bindung, während Will offenbar damit zufrieden ist, so weiterzumachen, und keinen Gedanken über eine gemeinsame Zukunft verschwendet.
Doch mit einem Mal erscheinen mir die Probleme, die schon länger da sind, als Symptome von etwas Riesigem und Allumfassenden.
Ich zerre die Jacke über meine Schulter und knöpfe sie langsam auf, während ich über die neue Erkenntnis nachsinne.
Vielleicht ist Will nicht der, den ich glaube zu kennen.
Vielleicht wird er nie der sein, den ich brauche.
Vielleicht ist genau das, was ich so unwiderstehlich an ihm finde – nämlich die Tatsache, dass er ganz anders ist als jeder, den ich in Brookside gekannt habe –, auch der Grund dafür, dass er für mich unerreichbar ist.
Wie ich hat er alles dafür getan, unserer kleinstädtischen Mittelklassevergangenheit zu entkommen. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er jemals zurückblickt und Heimweh bekommt, so wie ich letzte Woche. Er will überhaupt nichts mehr mit seinem alten Leben zu tun haben.
Vielleicht beinhaltet das auch eine Ehe.
Und ich …
Nun, ich will heiraten. Eines Tages. Und ich kann nicht so tun, als ob ich es nicht will. Ich möchte das Gefühl haben, dass ich zu jemandem gehöre, und jemand zu mir. Und dass er mich niemals verlassen wird.
Natürlich kann einem eine Ehe nicht immer diese Garantie geben.
Da muss ich mir nur Mary Beth und Vinnie ansehen.
Aber ich werde auch nicht so einen Idioten wie Vinnie heiraten. Ich werde nur einen Mann heiraten, der mich genauso liebt wie ich ihn – einen, dem ich genauso vertraue, wie er mir vertrauen kann.
Und wie gesagt, ich weiß nicht, ob Will jemals diese Person sein wird.
„Aber ich kann dich nicht gehen lassen, Will“, flüstere ich. „Das kann ich nicht.“
Noch nicht.
Vielleicht auch nie.
Und vielleicht …
Nur vielleicht …
Täusche ich mich auch.
Doch diese Möglichkeit hilft mir auch nicht, Schlaf zu finden. Ich sehe auf die Uhr, es ist drei, dann vier, dann fünf. Das nächste, was ich weiß, ist, dass der Wecker klingelt und ich versucht bin, mich krank zu melden, auf die andere Seite zu drehen und weiterzuschlafen … bis mir einfällt, dass ich diesen Krankheitstag noch brauchen könnte, um Will zu besuchen.
Es gelingt mir, mich mechanisch anzukleiden und zur Arbeit zu schleppen.
Ich betrete gerade das Restaurant in unserem Bürogebäude, als ich jemanden meinen Namen rufen höre.
Natürlich ist es Buckley. Ich blicke auf, und er sieht aus wie frisch aus der Reinigung, er ist sorgfältig gekämmt und hält einen Pappbecher mit Kaffee und eine braune Papiertüte in den Händen. Heute bin ich zu erschöpft, um verwirrt zu sein, geschweige denn aufgeregt.
„Wie verrückt, dich hier zu treffen“, sagt er.
Mir gelingt es, höflich zu kichern.
„Wie geht es dir?“ fragt er.
Als Antwort gähne ich.
„Hast du eine lange Nacht gehabt?“
„Ja.“ Ich gehe nicht näher darauf ein. Soll er doch denken, was er will.
„Hör mal, seit ich dich gestern getroffen habe, muss ich ständig über etwas nachdenken.“
Oje.
„Echt? Worüber denn?“
„Ob du mir absichtlich die falsche Telefonnummer gegeben hast.“
„Warum hätte ich so was tun sollen?“
„Weil du nicht wolltest, dass ich dich anrufe.“
„Das ist doch verrückt. Ich habe sogar gehofft, dass du
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